Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
durch die Schönpflästergen. Ja der Hertzog von
N ... war gar so arg, daß er zu dem Frantzösischen
Gesandten, dem Grafen von B ..., der sich auch
über das Verfahren der Societät wunderte, auf
Frantzösisch sagte: Pourquoi s'en etonner, Mon-
sieur? Ne sauez vous pas que la Societe est un
corps mystiqve? II faut donc, qu'elle ait ses par-
ties honteuses.

Was mich und andere ehrliche Leute anlanget, so
waren wir äusserst betrübt, daß man uns einer so gros-
sen Stütze berauben wolte. Anfangs war dieses
unser Trost, daß entweder der Herr Makewind die
ihm angebotene Ehre ausschlagen, oder, wenn er sie
annehme, vielleicht die gantze Societät der Wissen-
schafften mit der Zeit auf unsere Seite ziehen würde:
Aber wie bestürtzten wir nicht, als derselbe ein Danck-
sagungs-Schreiben an die Societät drucken ließ, in
welchem er bekannte, daß seine Schrifften bishero
nicht viel wehrt gewesen, und heilig angelobte, sich zu
ändern, und ins künftige in allem nach dem Geschmack
der Gesellschafft zu richten. Dieses Bekänntniß,
diese Zusage war ein Donnerschlag in unsern Ohren;
wir sahen nunmehro wohl, daß wir auf die Art von
dem Herrn Makewind weiter nichts gutes zu hoffen
hätten, und unsere Feinde konnten die Freude, welche
sie darüber empfanden, daß sie uns einen solchen
Mann abspänstig gemacht, nicht bergen.

Doch diese Freude währete nicht lange, und mit
derselben endigte sich auch unsere Betrübniß.

Naturam expellas furca tamen usque recurret.

Mr. Makewind, der, durch die ihm unvermuhtet
angetragene Ehre geblendet, in der ersten Hitze ein so

unbe-

(o)
durch die Schoͤnpflaͤſtergen. Ja der Hertzog von
N … war gar ſo arg, daß er zu dem Frantzoͤſiſchen
Geſandten, dem Grafen von B …, der ſich auch
uͤber das Verfahren der Societaͤt wunderte, auf
Frantzoͤſiſch ſagte: Pourquoi s’en étonner, Mon-
ſieur? Ne ſauez vous pas que la Societé eſt un
corps myſtiqve? II faut donc, qu’elle ait ſes par-
ties honteuſes.

Was mich und andere ehrliche Leute anlanget, ſo
waren wir aͤuſſerſt betruͤbt, daß man uns einer ſo groſ-
ſen Stuͤtze berauben wolte. Anfangs war dieſes
unſer Troſt, daß entweder der Herr Makewind die
ihm angebotene Ehre ausſchlagen, oder, wenn er ſie
annehme, vielleicht die gantze Societaͤt der Wiſſen-
ſchafften mit der Zeit auf unſere Seite ziehen wuͤrde:
Aber wie beſtuͤrtzten wir nicht, als derſelbe ein Danck-
ſagungs-Schreiben an die Societaͤt drucken ließ, in
welchem er bekannte, daß ſeine Schrifften bishero
nicht viel wehrt geweſen, und heilig angelobte, ſich zu
aͤndern, uñ ins kuͤnftige in allem nach dem Geſchmack
der Geſellſchafft zu richten. Dieſes Bekaͤnntniß,
dieſe Zuſage war ein Donnerſchlag in unſern Ohren;
wir ſahen nunmehro wohl, daß wir auf die Art von
dem Herrn Makewind weiter nichts gutes zu hoffen
haͤtten, und unſere Feinde konnten die Freude, welche
ſie daruͤber empfanden, daß ſie uns einen ſolchen
Mann abſpaͤnſtig gemacht, nicht bergen.

Doch dieſe Freude waͤhrete nicht lange, und mit
derſelben endigte ſich auch unſere Betruͤbniß.

Naturam expellas furca tamen usque recurret.

Mr. Makewind, der, durch die ihm unvermuhtet
angetragene Ehre geblendet, in der erſten Hitze ein ſo

unbe-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0176" n="84"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
durch die Scho&#x0364;npfla&#x0364;&#x017F;tergen. Ja der Hertzog von<lb/>
N &#x2026; war gar &#x017F;o arg, daß er zu dem Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Ge&#x017F;andten, dem Grafen von B &#x2026;, der &#x017F;ich auch<lb/>
u&#x0364;ber das Verfahren der Societa&#x0364;t wunderte, auf<lb/>
Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch &#x017F;agte: <hi rendition="#aq">Pourquoi s&#x2019;en étonner, Mon-<lb/>
&#x017F;ieur? Ne &#x017F;auez vous pas que la Societé e&#x017F;t un<lb/>
corps my&#x017F;tiqve? II faut donc, qu&#x2019;elle ait &#x017F;es par-<lb/>
ties honteu&#x017F;es.</hi></p><lb/>
          <p>Was mich und andere ehrliche Leute anlanget, &#x017F;o<lb/>
waren wir a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t betru&#x0364;bt, daß man uns einer &#x017F;o gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Stu&#x0364;tze berauben wolte. Anfangs war die&#x017F;es<lb/>
un&#x017F;er Tro&#x017F;t, daß entweder der Herr Makewind die<lb/>
ihm angebotene Ehre aus&#x017F;chlagen, oder, wenn er &#x017F;ie<lb/>
annehme, vielleicht die gantze Societa&#x0364;t der Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafften mit der Zeit auf un&#x017F;ere Seite ziehen wu&#x0364;rde:<lb/>
Aber wie be&#x017F;tu&#x0364;rtzten wir nicht, als der&#x017F;elbe ein Danck-<lb/>
&#x017F;agungs-Schreiben an die Societa&#x0364;t drucken ließ, in<lb/>
welchem er bekannte, daß &#x017F;eine Schrifften bishero<lb/>
nicht viel wehrt gewe&#x017F;en, und heilig angelobte, &#x017F;ich zu<lb/>
a&#x0364;ndern, uñ ins ku&#x0364;nftige in allem nach dem Ge&#x017F;chmack<lb/>
der Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft zu richten. Die&#x017F;es Beka&#x0364;nntniß,<lb/>
die&#x017F;e Zu&#x017F;age war ein Donner&#x017F;chlag in un&#x017F;ern Ohren;<lb/>
wir &#x017F;ahen nunmehro wohl, daß wir auf die Art von<lb/>
dem Herrn Makewind weiter nichts gutes zu hoffen<lb/>
ha&#x0364;tten, und un&#x017F;ere Feinde konnten die Freude, welche<lb/>
&#x017F;ie daru&#x0364;ber empfanden, daß &#x017F;ie uns einen &#x017F;olchen<lb/>
Mann ab&#x017F;pa&#x0364;n&#x017F;tig gemacht, nicht bergen.</p><lb/>
          <p>Doch die&#x017F;e Freude wa&#x0364;hrete nicht lange, und mit<lb/>
der&#x017F;elben endigte &#x017F;ich auch un&#x017F;ere Betru&#x0364;bniß.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#aq">Naturam expellas furca tamen usque recurret.</hi> </p><lb/>
          <p>Mr. Makewind, der, durch die ihm unvermuhtet<lb/>
angetragene Ehre geblendet, in der er&#x017F;ten Hitze ein &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">unbe-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0176] (o) durch die Schoͤnpflaͤſtergen. Ja der Hertzog von N … war gar ſo arg, daß er zu dem Frantzoͤſiſchen Geſandten, dem Grafen von B …, der ſich auch uͤber das Verfahren der Societaͤt wunderte, auf Frantzoͤſiſch ſagte: Pourquoi s’en étonner, Mon- ſieur? Ne ſauez vous pas que la Societé eſt un corps myſtiqve? II faut donc, qu’elle ait ſes par- ties honteuſes. Was mich und andere ehrliche Leute anlanget, ſo waren wir aͤuſſerſt betruͤbt, daß man uns einer ſo groſ- ſen Stuͤtze berauben wolte. Anfangs war dieſes unſer Troſt, daß entweder der Herr Makewind die ihm angebotene Ehre ausſchlagen, oder, wenn er ſie annehme, vielleicht die gantze Societaͤt der Wiſſen- ſchafften mit der Zeit auf unſere Seite ziehen wuͤrde: Aber wie beſtuͤrtzten wir nicht, als derſelbe ein Danck- ſagungs-Schreiben an die Societaͤt drucken ließ, in welchem er bekannte, daß ſeine Schrifften bishero nicht viel wehrt geweſen, und heilig angelobte, ſich zu aͤndern, uñ ins kuͤnftige in allem nach dem Geſchmack der Geſellſchafft zu richten. Dieſes Bekaͤnntniß, dieſe Zuſage war ein Donnerſchlag in unſern Ohren; wir ſahen nunmehro wohl, daß wir auf die Art von dem Herrn Makewind weiter nichts gutes zu hoffen haͤtten, und unſere Feinde konnten die Freude, welche ſie daruͤber empfanden, daß ſie uns einen ſolchen Mann abſpaͤnſtig gemacht, nicht bergen. Doch dieſe Freude waͤhrete nicht lange, und mit derſelben endigte ſich auch unſere Betruͤbniß. Naturam expellas furca tamen usque recurret. Mr. Makewind, der, durch die ihm unvermuhtet angetragene Ehre geblendet, in der erſten Hitze ein ſo unbe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/176
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/176>, abgerufen am 19.04.2024.