Ein nicht ganz unpassendes Bild für die Vorgänge im Thierkörper geben die sich selbst regulirenden Dampfmaschi- nen ab, an denen zur Hervorbringung einer gleichförmigen Bewegung der menschliche Geist den bewundernswürdigsten Scharfsinn bethätigt hat.
Jedermann weiß, daß in dem Rohre, was den Dampf zu dem Cylinder führt, in welchem ein Stempel in die Höhe gehoben werden soll, ein durchbrochener Hahn angebracht ist, durch dessen Oeffnung aller Dampf seinen Weg nehmen muß; durch eine mit dem Schwungrad in Verbindung ste- hende Vorrichtung öffnet sich dieser Hahn, wenn das Rad langsamer, es schließt sich mehr oder weniger, wenn es ge- schwinder geht, als zur gleichförmigen Bewegung erforderlich ist. Mit dem Oeffnen des Hahns strömt mehr Dampf zu (mehr Kraft), die Bewegung der Maschine wird beschleu- nigt; mit dem Schließen des Hahns wird der hinzuströmende Dampf mehr oder weniger abgeschlossen, die Kraft, welche auf den Stempel wirkt, nimmt ab, die Spannung des Dam- pfes im Kessel nimmt zu; sie wird zu einer spätern Ver- wendung aufgespart. Die Spannung des Dampfes, die Kraft, wenn man will, wird hervorgebracht durch Stoff- wechsel, durch Verbrennung von Kohlen unter dem Heerde der Maschine. Die Kraft steigt (die Menge des entwickel- ten Dampfes und seine Spannung nehmen zu) mit der Tem- peratur des Heerdes, welche abhängig ist von Zufuhr an Kohlen und Luft. Es finden sich an diesen Maschinen an- dere Vorrichtungen, welche beide zu reguliren bestimmt sind.
im Thierorganismus.
Ein nicht ganz unpaſſendes Bild für die Vorgänge im Thierkörper geben die ſich ſelbſt regulirenden Dampfmaſchi- nen ab, an denen zur Hervorbringung einer gleichförmigen Bewegung der menſchliche Geiſt den bewundernswürdigſten Scharfſinn bethätigt hat.
Jedermann weiß, daß in dem Rohre, was den Dampf zu dem Cylinder führt, in welchem ein Stempel in die Höhe gehoben werden ſoll, ein durchbrochener Hahn angebracht iſt, durch deſſen Oeffnung aller Dampf ſeinen Weg nehmen muß; durch eine mit dem Schwungrad in Verbindung ſte- hende Vorrichtung öffnet ſich dieſer Hahn, wenn das Rad langſamer, es ſchließt ſich mehr oder weniger, wenn es ge- ſchwinder geht, als zur gleichförmigen Bewegung erforderlich iſt. Mit dem Oeffnen des Hahns ſtrömt mehr Dampf zu (mehr Kraft), die Bewegung der Maſchine wird beſchleu- nigt; mit dem Schließen des Hahns wird der hinzuſtrömende Dampf mehr oder weniger abgeſchloſſen, die Kraft, welche auf den Stempel wirkt, nimmt ab, die Spannung des Dam- pfes im Keſſel nimmt zu; ſie wird zu einer ſpätern Ver- wendung aufgeſpart. Die Spannung des Dampfes, die Kraft, wenn man will, wird hervorgebracht durch Stoff- wechſel, durch Verbrennung von Kohlen unter dem Heerde der Maſchine. Die Kraft ſteigt (die Menge des entwickel- ten Dampfes und ſeine Spannung nehmen zu) mit der Tem- peratur des Heerdes, welche abhängig iſt von Zufuhr an Kohlen und Luft. Es finden ſich an dieſen Maſchinen an- dere Vorrichtungen, welche beide zu reguliren beſtimmt ſind.
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im Thierorganismus.
Ein nicht ganz unpaſſendes Bild für die Vorgänge im
Thierkörper geben die ſich ſelbſt regulirenden Dampfmaſchi-
nen ab, an denen zur Hervorbringung einer gleichförmigen
Bewegung der menſchliche Geiſt den bewundernswürdigſten
Scharfſinn bethätigt hat.
Jedermann weiß, daß in dem Rohre, was den Dampf
zu dem Cylinder führt, in welchem ein Stempel in die Höhe
gehoben werden ſoll, ein durchbrochener Hahn angebracht iſt,
durch deſſen Oeffnung aller Dampf ſeinen Weg nehmen
muß; durch eine mit dem Schwungrad in Verbindung ſte-
hende Vorrichtung öffnet ſich dieſer Hahn, wenn das Rad
langſamer, es ſchließt ſich mehr oder weniger, wenn es ge-
ſchwinder geht, als zur gleichförmigen Bewegung erforderlich
iſt. Mit dem Oeffnen des Hahns ſtrömt mehr Dampf zu
(mehr Kraft), die Bewegung der Maſchine wird beſchleu-
nigt; mit dem Schließen des Hahns wird der hinzuſtrömende
Dampf mehr oder weniger abgeſchloſſen, die Kraft, welche
auf den Stempel wirkt, nimmt ab, die Spannung des Dam-
pfes im Keſſel nimmt zu; ſie wird zu einer ſpätern Ver-
wendung aufgeſpart. Die Spannung des Dampfes, die
Kraft, wenn man will, wird hervorgebracht durch Stoff-
wechſel, durch Verbrennung von Kohlen unter dem Heerde
der Maſchine. Die Kraft ſteigt (die Menge des entwickel-
ten Dampfes und ſeine Spannung nehmen zu) mit der Tem-
peratur des Heerdes, welche abhängig iſt von Zufuhr an
Kohlen und Luft. Es finden ſich an dieſen Maſchinen an-
dere Vorrichtungen, welche beide zu reguliren beſtimmt ſind.
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/293>, abgerufen am 22.11.2024.
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