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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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im Thierorganismus.
ein Fuhrmannspferd in einer gleichen Zeit einzuathmen ver-
mögen, ist sehr ungleich. Die Temperatur, sowie die Menge
des Sauerstoffs, ist bei dem Pferde weit größer.

Die mechanische Kraft, welche ein harpunirter Wallfisch
entwickelt, dessen Körper von dem umgebenden Medium
getragen wird, so wie die Kraft eines Fuhrmannspferdes,
was seinen eigenen Körper und eine schwere Last 8 -- 10
Stunden lang fortzubewegen hat, muß mit dem von beiden
verzehrten Sauerstoff in einerlei Verhältniß stehen. Wenn
man die Zeit beachtet, in welcher die Kraft zur Aeußerung
gelangt, so ist sie offenbar bei dem Pferde weit größer.

Beim Besteigen hoher Berge, wo durch das Einathmen
einer sehr verdünnten Luft, in gleichen Zeiten, weit weniger
Sauerstoff dem Blute zugeführt wird, wie in Thälern oder
an dem Ufer des Meeres, nimmt der Stoffwechsel in
dem nämlichen Verhältniß und damit die zu mechanischen
Effecten verwendbare Kraft, ab; Neigung zum Schlaf, Man-
gel an Kraft für die willkürlichen Bewegungen stellt sich
meistens ein; nach zwanzig oder dreißig Schritten zwingt
die Ermüdung zu neuer Ansammlung von Kraft durch Ruhe
(Einsaugung von Sauerstoff, ohne Verbrauch an Kraft für
willkürliche Bewegungen).

Durch die Aufnahme von Sauerstoff in die Substanz
belebter Körpertheile verlieren sie ihren Zustand des Lebens
und treten als formlose Verbindungen aus, allein nicht aller
eingeathmete Sauerstoff wird zu dieser Umsetzung verwen-
det; der größte Theil dient zur Vergasung, zur Entfernung

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im Thierorganismus.
ein Fuhrmannspferd in einer gleichen Zeit einzuathmen ver-
mögen, iſt ſehr ungleich. Die Temperatur, ſowie die Menge
des Sauerſtoffs, iſt bei dem Pferde weit größer.

Die mechaniſche Kraft, welche ein harpunirter Wallfiſch
entwickelt, deſſen Körper von dem umgebenden Medium
getragen wird, ſo wie die Kraft eines Fuhrmannspferdes,
was ſeinen eigenen Körper und eine ſchwere Laſt 8 — 10
Stunden lang fortzubewegen hat, muß mit dem von beiden
verzehrten Sauerſtoff in einerlei Verhältniß ſtehen. Wenn
man die Zeit beachtet, in welcher die Kraft zur Aeußerung
gelangt, ſo iſt ſie offenbar bei dem Pferde weit größer.

Beim Beſteigen hoher Berge, wo durch das Einathmen
einer ſehr verdünnten Luft, in gleichen Zeiten, weit weniger
Sauerſtoff dem Blute zugeführt wird, wie in Thälern oder
an dem Ufer des Meeres, nimmt der Stoffwechſel in
dem nämlichen Verhältniß und damit die zu mechaniſchen
Effecten verwendbare Kraft, ab; Neigung zum Schlaf, Man-
gel an Kraft für die willkürlichen Bewegungen ſtellt ſich
meiſtens ein; nach zwanzig oder dreißig Schritten zwingt
die Ermüdung zu neuer Anſammlung von Kraft durch Ruhe
(Einſaugung von Sauerſtoff, ohne Verbrauch an Kraft für
willkürliche Bewegungen).

Durch die Aufnahme von Sauerſtoff in die Subſtanz
belebter Körpertheile verlieren ſie ihren Zuſtand des Lebens
und treten als formloſe Verbindungen aus, allein nicht aller
eingeathmete Sauerſtoff wird zu dieſer Umſetzung verwen-
det; der größte Theil dient zur Vergaſung, zur Entfernung

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[243/0267] im Thierorganismus. ein Fuhrmannspferd in einer gleichen Zeit einzuathmen ver- mögen, iſt ſehr ungleich. Die Temperatur, ſowie die Menge des Sauerſtoffs, iſt bei dem Pferde weit größer. Die mechaniſche Kraft, welche ein harpunirter Wallfiſch entwickelt, deſſen Körper von dem umgebenden Medium getragen wird, ſo wie die Kraft eines Fuhrmannspferdes, was ſeinen eigenen Körper und eine ſchwere Laſt 8 — 10 Stunden lang fortzubewegen hat, muß mit dem von beiden verzehrten Sauerſtoff in einerlei Verhältniß ſtehen. Wenn man die Zeit beachtet, in welcher die Kraft zur Aeußerung gelangt, ſo iſt ſie offenbar bei dem Pferde weit größer. Beim Beſteigen hoher Berge, wo durch das Einathmen einer ſehr verdünnten Luft, in gleichen Zeiten, weit weniger Sauerſtoff dem Blute zugeführt wird, wie in Thälern oder an dem Ufer des Meeres, nimmt der Stoffwechſel in dem nämlichen Verhältniß und damit die zu mechaniſchen Effecten verwendbare Kraft, ab; Neigung zum Schlaf, Man- gel an Kraft für die willkürlichen Bewegungen ſtellt ſich meiſtens ein; nach zwanzig oder dreißig Schritten zwingt die Ermüdung zu neuer Anſammlung von Kraft durch Ruhe (Einſaugung von Sauerſtoff, ohne Verbrauch an Kraft für willkürliche Bewegungen). Durch die Aufnahme von Sauerſtoff in die Subſtanz belebter Körpertheile verlieren ſie ihren Zuſtand des Lebens und treten als formloſe Verbindungen aus, allein nicht aller eingeathmete Sauerſtoff wird zu dieſer Umſetzung verwen- det; der größte Theil dient zur Vergaſung, zur Entfernung 16*

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/267>, abgerufen am 22.11.2024.