Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Ursprung und die Assimilation des Stickstoffs.
des Saftes, mit ihrer Ausbildung giebt der Baum keinen Saft
mehr. Den entscheidensten Beweis, daß es das Ammoniak ist,
was den Vegetabilien den Stickstoff liefert, giebt die animalische
Düngung in der Cultur der Futtergewächse und Cerealien.

Der Gehalt an Kleber ist in dem Weizen, in dem Roggen,
der Gerste äußerst verschieden, ihre Körner, auch in dem aus-
gebildetesten Zustande, sind ungleich reich an diesem stickstoffhal-
tigen Bestandtheil. In Frankreich fand Proust 12,5 p. c.,
in Baiern Vogel 24, nach Davy enthält der Winterweizen
19, der Sommerweizen 24 p. c., der Sicilianische 21, der
aus der Berberei 19 p. c., das Mehl aus Elsasser Weizen
enthält nach Boussingault 17,3, aus Weizen, der im Jar-
din des plantes
gezogen ward, 26,7, der Winterweizen ent-
hält 33,3 p. c. (Boussingault) Kleber. Diesen so großen
Abweichungen muß eine Ursache unterliegen, und wir finden
diese Ursache in der Cultur. Eine Vermehrung des animali-
schen Düngers hat nicht allein eine Vermehrung der Anzahl der
Saamen zur Folge, sie übt einen nicht minder bemerkenswerthen
Einfluß auf die Vergrößerung des Glutengehaltes.

Der animalische Dünger wirkt nun, wie später gezeigt wer-
den soll, nur durch Ammoniakbildung; während 100 Weizen
mit dem am Ammoniak ärmsten Kuhmist gedüngt, nur 11,95 p. c.
Kleber und 62,34 Amylon enthielten, gab der mit Menschen-
harn gedüngte Boden das Maximum an Kleber, nemlich
35,1 p. c. in 100 Th. Weizen, also nahe die dreifache Menge.
(Hermbstädt.) In gefaultem Menschenharn ist aber der Stick-
stoff als kohlensaures, phosphorsaures, milchsaures Ammoniak,
und in keiner andern Form als in der Form eines Am-
moniaksalzes enthalten.

"In Flandern wird der gefaulte Urin mit dem größten Er-
folg als Dünger verwendet. In der Fäulniß des Urins er-

Der Urſprung und die Aſſimilation des Stickſtoffs.
des Saftes, mit ihrer Ausbildung giebt der Baum keinen Saft
mehr. Den entſcheidenſten Beweis, daß es das Ammoniak iſt,
was den Vegetabilien den Stickſtoff liefert, giebt die animaliſche
Düngung in der Cultur der Futtergewächſe und Cerealien.

Der Gehalt an Kleber iſt in dem Weizen, in dem Roggen,
der Gerſte äußerſt verſchieden, ihre Körner, auch in dem aus-
gebildeteſten Zuſtande, ſind ungleich reich an dieſem ſtickſtoffhal-
tigen Beſtandtheil. In Frankreich fand Prouſt 12,5 p. c.,
in Baiern Vogel 24, nach Davy enthält der Winterweizen
19, der Sommerweizen 24 p. c., der Sicilianiſche 21, der
aus der Berberei 19 p. c., das Mehl aus Elſaſſer Weizen
enthält nach Bouſſingault 17,3, aus Weizen, der im Jar-
din des plantes
gezogen ward, 26,7, der Winterweizen ent-
hält 33,3 p. c. (Bouſſingault) Kleber. Dieſen ſo großen
Abweichungen muß eine Urſache unterliegen, und wir finden
dieſe Urſache in der Cultur. Eine Vermehrung des animali-
ſchen Düngers hat nicht allein eine Vermehrung der Anzahl der
Saamen zur Folge, ſie übt einen nicht minder bemerkenswerthen
Einfluß auf die Vergrößerung des Glutengehaltes.

Der animaliſche Dünger wirkt nun, wie ſpäter gezeigt wer-
den ſoll, nur durch Ammoniakbildung; während 100 Weizen
mit dem am Ammoniak ärmſten Kuhmiſt gedüngt, nur 11,95 p. c.
Kleber und 62,34 Amylon enthielten, gab der mit Menſchen-
harn gedüngte Boden das Maximum an Kleber, nemlich
35,1 p. c. in 100 Th. Weizen, alſo nahe die dreifache Menge.
(Hermbſtädt.) In gefaultem Menſchenharn iſt aber der Stick-
ſtoff als kohlenſaures, phosphorſaures, milchſaures Ammoniak,
und in keiner andern Form als in der Form eines Am-
moniakſalzes enthalten.

„In Flandern wird der gefaulte Urin mit dem größten Er-
folg als Dünger verwendet. In der Fäulniß des Urins er-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0092" n="74"/><fw place="top" type="header">Der Ur&#x017F;prung und die A&#x017F;&#x017F;imilation des Stick&#x017F;toffs.</fw><lb/>
des Saftes, mit ihrer Ausbildung giebt der Baum keinen Saft<lb/>
mehr. Den ent&#x017F;cheiden&#x017F;ten Beweis, daß es das Ammoniak i&#x017F;t,<lb/>
was den Vegetabilien den Stick&#x017F;toff liefert, giebt die animali&#x017F;che<lb/>
Düngung in der Cultur der Futtergewäch&#x017F;e und Cerealien.</p><lb/>
          <p>Der Gehalt an Kleber i&#x017F;t in dem Weizen, in dem Roggen,<lb/>
der Ger&#x017F;te äußer&#x017F;t ver&#x017F;chieden, ihre Körner, auch in dem aus-<lb/>
gebildete&#x017F;ten Zu&#x017F;tande, &#x017F;ind ungleich reich an die&#x017F;em &#x017F;tick&#x017F;toffhal-<lb/>
tigen Be&#x017F;tandtheil. In Frankreich fand <hi rendition="#g">Prou&#x017F;t</hi> 12,5 <hi rendition="#aq">p. c.</hi>,<lb/>
in Baiern <hi rendition="#g">Vogel</hi> 24, nach <hi rendition="#g">Davy</hi> enthält der Winterweizen<lb/>
19, der Sommerweizen 24 <hi rendition="#aq">p. c.</hi>, der Siciliani&#x017F;che 21, der<lb/>
aus der Berberei 19 <hi rendition="#aq">p. c.,</hi> das Mehl aus El&#x017F;a&#x017F;&#x017F;er Weizen<lb/>
enthält nach <hi rendition="#g">Bou&#x017F;&#x017F;ingault</hi> 17,3, aus Weizen, der im <hi rendition="#aq">Jar-<lb/>
din des plantes</hi> gezogen ward, 26,7, der Winterweizen ent-<lb/>
hält 33,3 <hi rendition="#aq">p. c.</hi> (<hi rendition="#g">Bou&#x017F;&#x017F;ingault</hi>) Kleber. Die&#x017F;en &#x017F;o großen<lb/>
Abweichungen muß eine Ur&#x017F;ache unterliegen, und wir finden<lb/>
die&#x017F;e Ur&#x017F;ache in der Cultur. Eine Vermehrung des animali-<lb/>
&#x017F;chen Düngers hat nicht allein eine Vermehrung der Anzahl der<lb/>
Saamen zur Folge, &#x017F;ie übt einen nicht minder bemerkenswerthen<lb/>
Einfluß auf die Vergrößerung des Glutengehaltes.</p><lb/>
          <p>Der animali&#x017F;che Dünger wirkt nun, wie &#x017F;päter gezeigt wer-<lb/>
den &#x017F;oll, nur durch Ammoniakbildung; während 100 Weizen<lb/>
mit dem am Ammoniak ärm&#x017F;ten Kuhmi&#x017F;t gedüngt, nur 11,95 <hi rendition="#aq">p. c.</hi><lb/>
Kleber und 62,34 Amylon enthielten, gab der mit Men&#x017F;chen-<lb/>
harn gedüngte Boden das Maximum an Kleber, nemlich<lb/>
35,1 <hi rendition="#aq">p. c.</hi> in 100 Th. Weizen, al&#x017F;o nahe die dreifache Menge.<lb/>
(<hi rendition="#g">Hermb&#x017F;tädt</hi>.) In gefaultem Men&#x017F;chenharn i&#x017F;t aber der Stick-<lb/>
&#x017F;toff als kohlen&#x017F;aures, phosphor&#x017F;aures, milch&#x017F;aures Ammoniak,<lb/>
und in keiner andern Form als in der Form eines Am-<lb/>
moniak&#x017F;alzes enthalten.</p><lb/>
          <p>&#x201E;In Flandern wird der gefaulte Urin mit dem größten Er-<lb/>
folg als Dünger verwendet. In der Fäulniß des Urins er-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0092] Der Urſprung und die Aſſimilation des Stickſtoffs. des Saftes, mit ihrer Ausbildung giebt der Baum keinen Saft mehr. Den entſcheidenſten Beweis, daß es das Ammoniak iſt, was den Vegetabilien den Stickſtoff liefert, giebt die animaliſche Düngung in der Cultur der Futtergewächſe und Cerealien. Der Gehalt an Kleber iſt in dem Weizen, in dem Roggen, der Gerſte äußerſt verſchieden, ihre Körner, auch in dem aus- gebildeteſten Zuſtande, ſind ungleich reich an dieſem ſtickſtoffhal- tigen Beſtandtheil. In Frankreich fand Prouſt 12,5 p. c., in Baiern Vogel 24, nach Davy enthält der Winterweizen 19, der Sommerweizen 24 p. c., der Sicilianiſche 21, der aus der Berberei 19 p. c., das Mehl aus Elſaſſer Weizen enthält nach Bouſſingault 17,3, aus Weizen, der im Jar- din des plantes gezogen ward, 26,7, der Winterweizen ent- hält 33,3 p. c. (Bouſſingault) Kleber. Dieſen ſo großen Abweichungen muß eine Urſache unterliegen, und wir finden dieſe Urſache in der Cultur. Eine Vermehrung des animali- ſchen Düngers hat nicht allein eine Vermehrung der Anzahl der Saamen zur Folge, ſie übt einen nicht minder bemerkenswerthen Einfluß auf die Vergrößerung des Glutengehaltes. Der animaliſche Dünger wirkt nun, wie ſpäter gezeigt wer- den ſoll, nur durch Ammoniakbildung; während 100 Weizen mit dem am Ammoniak ärmſten Kuhmiſt gedüngt, nur 11,95 p. c. Kleber und 62,34 Amylon enthielten, gab der mit Menſchen- harn gedüngte Boden das Maximum an Kleber, nemlich 35,1 p. c. in 100 Th. Weizen, alſo nahe die dreifache Menge. (Hermbſtädt.) In gefaultem Menſchenharn iſt aber der Stick- ſtoff als kohlenſaures, phosphorſaures, milchſaures Ammoniak, und in keiner andern Form als in der Form eines Am- moniakſalzes enthalten. „In Flandern wird der gefaulte Urin mit dem größten Er- folg als Dünger verwendet. In der Fäulniß des Urins er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/92
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/92>, abgerufen am 05.05.2024.