Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Wechselwirthschaft und der Dünger.
stöcken stets die mehrjährige Bebauung des Bodens mit andern
Culturgewächsen voraus.

Man hat damit die Erfahrung in Verbindung gebracht,
daß manche Pflanzen aufs beste nebeneinander gedeihen, daß
sich hingegen andere gegenseitig in ihrer Entwickelung hindern.
Man folgerte daraus, daß die Begünstigung in einer Art von
gegenseitiger Ernährung, und umgekehrt die Hinderung des
Wachsthums auf einer Art von Vergiftung durch die Excre-
mente beruhe.

Eine Reihe directer Versuche von Macaire-Princep,
durch welche die Fähigkeit vieler Pflanzen, durch ihre Wurzeln
extractartige Materien abzusondern, auf eine evidente Weise
bewiesen und außer allem Zweifel gestellt wurde, gaben dieser
Theorie ein großes Gewicht; er fand, daß die Excretionen
reichlicher waren bei Nacht als am Tage (?), daß das Wasser,
worinn er Pflanzen aus der Familie der Leguminosen hatte
vegetiren lassen, sich braun färbte; Pflanzen derselben Art, die
er in diesem mit Excrementen angeschwängerten Wasser vege-
tiren ließ, blieben in ihrem Wachsthum zurück und welkten
ziemlich schnell; Getreidepflanzen hingegen wuchsen darinn
fort, und es war eine bemerkbare Abnahme der Farbe der
Flüssigkeit damit wahrnehmbar, so daß es schien, als ob in
der That eine gewisse Menge der Excremente der Leguminosen
in die Getreidepflanzen übergegangen sei.

Als Resultat dieser Versuche stellte sich heraus, daß die
Beschaffenheit und die Eigenschaften der Excremente verschie-
denartiger Pflanzengattungen von einander abweichen; die einen
sondern scharfe und harzartige, die anderen milde (douce) und
gummiähnliche Stoffe aus, die ersteren können nach Macaire-
Princep
als Gifte, die anderen als Nahrungsmittel angese-
hen werden.

Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.
ſtöcken ſtets die mehrjährige Bebauung des Bodens mit andern
Culturgewächſen voraus.

Man hat damit die Erfahrung in Verbindung gebracht,
daß manche Pflanzen aufs beſte nebeneinander gedeihen, daß
ſich hingegen andere gegenſeitig in ihrer Entwickelung hindern.
Man folgerte daraus, daß die Begünſtigung in einer Art von
gegenſeitiger Ernährung, und umgekehrt die Hinderung des
Wachsthums auf einer Art von Vergiftung durch die Excre-
mente beruhe.

Eine Reihe directer Verſuche von Macaire-Princep,
durch welche die Fähigkeit vieler Pflanzen, durch ihre Wurzeln
extractartige Materien abzuſondern, auf eine evidente Weiſe
bewieſen und außer allem Zweifel geſtellt wurde, gaben dieſer
Theorie ein großes Gewicht; er fand, daß die Excretionen
reichlicher waren bei Nacht als am Tage (?), daß das Waſſer,
worinn er Pflanzen aus der Familie der Leguminoſen hatte
vegetiren laſſen, ſich braun färbte; Pflanzen derſelben Art, die
er in dieſem mit Excrementen angeſchwängerten Waſſer vege-
tiren ließ, blieben in ihrem Wachsthum zurück und welkten
ziemlich ſchnell; Getreidepflanzen hingegen wuchſen darinn
fort, und es war eine bemerkbare Abnahme der Farbe der
Flüſſigkeit damit wahrnehmbar, ſo daß es ſchien, als ob in
der That eine gewiſſe Menge der Excremente der Leguminoſen
in die Getreidepflanzen übergegangen ſei.

Als Reſultat dieſer Verſuche ſtellte ſich heraus, daß die
Beſchaffenheit und die Eigenſchaften der Excremente verſchie-
denartiger Pflanzengattungen von einander abweichen; die einen
ſondern ſcharfe und harzartige, die anderen milde (douce) und
gummiähnliche Stoffe aus, die erſteren können nach Macaire-
Princep
als Gifte, die anderen als Nahrungsmittel angeſe-
hen werden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0164" n="146"/><fw place="top" type="header">Die Wech&#x017F;elwirth&#x017F;chaft und der Dünger.</fw><lb/>
&#x017F;töcken &#x017F;tets die mehrjährige Bebauung des Bodens mit andern<lb/>
Culturgewäch&#x017F;en voraus.</p><lb/>
          <p>Man hat damit die Erfahrung in Verbindung gebracht,<lb/>
daß manche Pflanzen aufs be&#x017F;te nebeneinander gedeihen, daß<lb/>
&#x017F;ich hingegen andere gegen&#x017F;eitig in ihrer Entwickelung hindern.<lb/>
Man folgerte daraus, daß die Begün&#x017F;tigung in einer Art von<lb/>
gegen&#x017F;eitiger Ernährung, und umgekehrt die Hinderung des<lb/>
Wachsthums auf einer Art von Vergiftung durch die Excre-<lb/>
mente beruhe.</p><lb/>
          <p>Eine Reihe directer Ver&#x017F;uche von <hi rendition="#g">Macaire-Princep</hi>,<lb/>
durch welche die Fähigkeit vieler Pflanzen, durch ihre Wurzeln<lb/>
extractartige Materien abzu&#x017F;ondern, auf eine evidente Wei&#x017F;e<lb/>
bewie&#x017F;en und außer allem Zweifel ge&#x017F;tellt wurde, gaben die&#x017F;er<lb/>
Theorie ein großes Gewicht; er fand, daß die Excretionen<lb/>
reichlicher waren bei Nacht als am Tage (?), daß das Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
worinn er Pflanzen aus der Familie der Legumino&#x017F;en hatte<lb/>
vegetiren la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich braun färbte; Pflanzen der&#x017F;elben Art, die<lb/>
er in die&#x017F;em mit Excrementen ange&#x017F;chwängerten Wa&#x017F;&#x017F;er vege-<lb/>
tiren ließ, blieben in ihrem Wachsthum zurück und welkten<lb/>
ziemlich &#x017F;chnell; Getreidepflanzen hingegen wuch&#x017F;en darinn<lb/>
fort, und es war eine bemerkbare Abnahme der Farbe der<lb/>
Flü&#x017F;&#x017F;igkeit damit wahrnehmbar, &#x017F;o daß es &#x017F;chien, als ob in<lb/>
der That eine gewi&#x017F;&#x017F;e Menge der Excremente der Legumino&#x017F;en<lb/>
in die Getreidepflanzen übergegangen &#x017F;ei.</p><lb/>
          <p>Als Re&#x017F;ultat die&#x017F;er Ver&#x017F;uche &#x017F;tellte &#x017F;ich heraus, daß die<lb/>
Be&#x017F;chaffenheit und die Eigen&#x017F;chaften der Excremente ver&#x017F;chie-<lb/>
denartiger Pflanzengattungen von einander abweichen; die einen<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;charfe und harzartige, die anderen milde (<hi rendition="#aq">douce</hi>) und<lb/>
gummiähnliche Stoffe aus, die er&#x017F;teren können nach <hi rendition="#g">Macaire-<lb/>
Princep</hi> als Gifte, die anderen als Nahrungsmittel ange&#x017F;e-<lb/>
hen werden.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0164] Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger. ſtöcken ſtets die mehrjährige Bebauung des Bodens mit andern Culturgewächſen voraus. Man hat damit die Erfahrung in Verbindung gebracht, daß manche Pflanzen aufs beſte nebeneinander gedeihen, daß ſich hingegen andere gegenſeitig in ihrer Entwickelung hindern. Man folgerte daraus, daß die Begünſtigung in einer Art von gegenſeitiger Ernährung, und umgekehrt die Hinderung des Wachsthums auf einer Art von Vergiftung durch die Excre- mente beruhe. Eine Reihe directer Verſuche von Macaire-Princep, durch welche die Fähigkeit vieler Pflanzen, durch ihre Wurzeln extractartige Materien abzuſondern, auf eine evidente Weiſe bewieſen und außer allem Zweifel geſtellt wurde, gaben dieſer Theorie ein großes Gewicht; er fand, daß die Excretionen reichlicher waren bei Nacht als am Tage (?), daß das Waſſer, worinn er Pflanzen aus der Familie der Leguminoſen hatte vegetiren laſſen, ſich braun färbte; Pflanzen derſelben Art, die er in dieſem mit Excrementen angeſchwängerten Waſſer vege- tiren ließ, blieben in ihrem Wachsthum zurück und welkten ziemlich ſchnell; Getreidepflanzen hingegen wuchſen darinn fort, und es war eine bemerkbare Abnahme der Farbe der Flüſſigkeit damit wahrnehmbar, ſo daß es ſchien, als ob in der That eine gewiſſe Menge der Excremente der Leguminoſen in die Getreidepflanzen übergegangen ſei. Als Reſultat dieſer Verſuche ſtellte ſich heraus, daß die Beſchaffenheit und die Eigenſchaften der Excremente verſchie- denartiger Pflanzengattungen von einander abweichen; die einen ſondern ſcharfe und harzartige, die anderen milde (douce) und gummiähnliche Stoffe aus, die erſteren können nach Macaire- Princep als Gifte, die anderen als Nahrungsmittel angeſe- hen werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/164
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/164>, abgerufen am 05.05.2024.