kennt, die Entdeckungen der Chemie auf eine rationelle Weise zur Anwendung zu bringen. Eine kommende Generation wird aus diesen Hülfsmitteln unberechenbare Vortheile zie- hen.
Unter allen Vorstellungen, die man sich über die Ursache der Vortheilhaftigkeit des Fruchtwechsels geschaffen hat, verdient die Theorie des Herrn de Candolle als die einzige genannt zu werden, welche eine feste Grundlage besitzt.
De Candolle nimmt an, daß die Wurzeln der Pflan- zen, indem sie jede Art von löslichen Materien aufsaugen, unter diesen eine Menge Substanzen in ihre Masse aufnehmen, welche unfähig zu ihrer Nahrung sind. Diese Materien wer- den durch die Wurzeln wieder abgeschieden, und kehren als Excremente in den Boden zurück.
Als Excremente können sie von derselben Pflanze zu ihrer Assimilation nicht verwendet werden, und je mehr der Boden von diesen Stoffen enthält, desto unfruchtbarer muß er für die nemliche Pflanze werden.
Diese Materien können aber, nach de Candolle, von einer zweiten Pflanzengattung assimilirbar sein; indem sie einer an- dern Pflanze zur Nahrung dienen, wird diese den Boden von diesen Excrementen befreien und damit ihn wieder für die erste Pflanze fruchtbar machen, wenn sie selbst durch ihre Wurzeln Stoffe absondert, die der ersteren zur Nahrung dienen, so wird der Boden dadurch auf doppelte Weise gewinnen.
Eine Menge Erfahrungen scheinen von vorne herein dieser Ansicht einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit zu geben. Je- der Gärtner weiß, daß man an der Stelle eines Fruchtbaums keinen zweiten derselben Art zum Wachsen bringt, oder erst nach einer gewissen Reihe von Jahren. Bei den Ausrotten von Weinbergen geht einer neuen Bepflanzung mit Weinstö-
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Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.
kennt, die Entdeckungen der Chemie auf eine rationelle Weiſe zur Anwendung zu bringen. Eine kommende Generation wird aus dieſen Hülfsmitteln unberechenbare Vortheile zie- hen.
Unter allen Vorſtellungen, die man ſich über die Urſache der Vortheilhaftigkeit des Fruchtwechſels geſchaffen hat, verdient die Theorie des Herrn de Candolle als die einzige genannt zu werden, welche eine feſte Grundlage beſitzt.
De Candolle nimmt an, daß die Wurzeln der Pflan- zen, indem ſie jede Art von löslichen Materien aufſaugen, unter dieſen eine Menge Subſtanzen in ihre Maſſe aufnehmen, welche unfähig zu ihrer Nahrung ſind. Dieſe Materien wer- den durch die Wurzeln wieder abgeſchieden, und kehren als Excremente in den Boden zurück.
Als Excremente können ſie von derſelben Pflanze zu ihrer Aſſimilation nicht verwendet werden, und je mehr der Boden von dieſen Stoffen enthält, deſto unfruchtbarer muß er für die nemliche Pflanze werden.
Dieſe Materien können aber, nach de Candolle, von einer zweiten Pflanzengattung aſſimilirbar ſein; indem ſie einer an- dern Pflanze zur Nahrung dienen, wird dieſe den Boden von dieſen Excrementen befreien und damit ihn wieder für die erſte Pflanze fruchtbar machen, wenn ſie ſelbſt durch ihre Wurzeln Stoffe abſondert, die der erſteren zur Nahrung dienen, ſo wird der Boden dadurch auf doppelte Weiſe gewinnen.
Eine Menge Erfahrungen ſcheinen von vorne herein dieſer Anſicht einen hohen Grad von Wahrſcheinlichkeit zu geben. Je- der Gärtner weiß, daß man an der Stelle eines Fruchtbaums keinen zweiten derſelben Art zum Wachſen bringt, oder erſt nach einer gewiſſen Reihe von Jahren. Bei den Ausrotten von Weinbergen geht einer neuen Bepflanzung mit Weinſtö-
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Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.
kennt, die Entdeckungen der Chemie auf eine rationelle Weiſe
zur Anwendung zu bringen. Eine kommende Generation
wird aus dieſen Hülfsmitteln unberechenbare Vortheile zie-
hen.
Unter allen Vorſtellungen, die man ſich über die Urſache
der Vortheilhaftigkeit des Fruchtwechſels geſchaffen hat, verdient
die Theorie des Herrn de Candolle als die einzige genannt
zu werden, welche eine feſte Grundlage beſitzt.
De Candolle nimmt an, daß die Wurzeln der Pflan-
zen, indem ſie jede Art von löslichen Materien aufſaugen,
unter dieſen eine Menge Subſtanzen in ihre Maſſe aufnehmen,
welche unfähig zu ihrer Nahrung ſind. Dieſe Materien wer-
den durch die Wurzeln wieder abgeſchieden, und kehren als
Excremente in den Boden zurück.
Als Excremente können ſie von derſelben Pflanze zu ihrer
Aſſimilation nicht verwendet werden, und je mehr der Boden
von dieſen Stoffen enthält, deſto unfruchtbarer muß er für die
nemliche Pflanze werden.
Dieſe Materien können aber, nach de Candolle, von einer
zweiten Pflanzengattung aſſimilirbar ſein; indem ſie einer an-
dern Pflanze zur Nahrung dienen, wird dieſe den Boden von
dieſen Excrementen befreien und damit ihn wieder für die erſte
Pflanze fruchtbar machen, wenn ſie ſelbſt durch ihre Wurzeln
Stoffe abſondert, die der erſteren zur Nahrung dienen, ſo wird
der Boden dadurch auf doppelte Weiſe gewinnen.
Eine Menge Erfahrungen ſcheinen von vorne herein dieſer
Anſicht einen hohen Grad von Wahrſcheinlichkeit zu geben. Je-
der Gärtner weiß, daß man an der Stelle eines Fruchtbaums
keinen zweiten derſelben Art zum Wachſen bringt, oder erſt
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/163>, abgerufen am 22.07.2024.
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