"Du kannst nicht wollen, daß ich jetzt, nachdem ich den Eltern die Versicherung gegeben habe, in Dir den größten Schatz des Continents mit nach Hause zu bringen, allein zurückkehren soll und sagen: Ich war ein eitler Thor, als ich von ihrer Liebe sprach, sie hat mich nicht gemocht."
Unwillkürlich lächelte Clara; da konnte Wil- liam sich nicht länger halten, mit aller Fröh- lichkeit eines Liebenden sprang er auf, nahm sie in seine Arme, küßte sie und rief: "Mag nun daraus entstehen, was da will, das ertrage ein Anderer, wenn man sich Monate lang für den glücklichsten Bräutigam gehalten hat, mit einem- mal wieder zum Cousin zu werden. Einen Kuß habe ich glücklich gestohlen, nun will ich wieder geduldig warten und ruhig Deinen Zorn ertragen."
Und zornig war Clara wirklich über einen Ausbruch, der in so grellem Widerspruch zu seinen Worten stand, daß sie ihn verließ, ohne
„Du kannſt nicht wollen, daß ich jetzt, nachdem ich den Eltern die Verſicherung gegeben habe, in Dir den größten Schatz des Continents mit nach Hauſe zu bringen, allein zurückkehren ſoll und ſagen: Ich war ein eitler Thor, als ich von ihrer Liebe ſprach, ſie hat mich nicht gemocht.“
Unwillkürlich lächelte Clara; da konnte Wil- liam ſich nicht länger halten, mit aller Fröh- lichkeit eines Liebenden ſprang er auf, nahm ſie in ſeine Arme, küßte ſie und rief: „Mag nun daraus entſtehen, was da will, das ertrage ein Anderer, wenn man ſich Monate lang für den glücklichſten Bräutigam gehalten hat, mit einem- mal wieder zum Couſin zu werden. Einen Kuß habe ich glücklich geſtohlen, nun will ich wieder geduldig warten und ruhig Deinen Zorn ertragen.“
Und zornig war Clara wirklich über einen Ausbruch, der in ſo grellem Widerſpruch zu ſeinen Worten ſtand, daß ſie ihn verließ, ohne
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0099"n="89"/>„Du kannſt nicht wollen, daß ich jetzt, nachdem<lb/>
ich den Eltern die Verſicherung gegeben habe,<lb/>
in Dir den größten Schatz des Continents mit<lb/>
nach Hauſe zu bringen, allein zurückkehren ſoll<lb/>
und ſagen: Ich war ein eitler Thor, als ich<lb/>
von ihrer Liebe ſprach, ſie hat mich nicht gemocht.“</p><lb/><p>Unwillkürlich lächelte Clara; da konnte Wil-<lb/>
liam ſich nicht länger halten, mit aller Fröh-<lb/>
lichkeit eines Liebenden ſprang er auf, nahm ſie<lb/>
in ſeine Arme, küßte ſie und rief: „Mag nun<lb/>
daraus entſtehen, was da will, das ertrage ein<lb/>
Anderer, wenn man ſich Monate lang für den<lb/>
glücklichſten Bräutigam gehalten hat, mit einem-<lb/>
mal wieder zum Couſin zu werden. Einen<lb/>
Kuß habe ich glücklich geſtohlen, nun will ich<lb/>
wieder geduldig warten und ruhig Deinen Zorn<lb/>
ertragen.“</p><lb/><p>Und zornig war Clara wirklich über einen<lb/>
Ausbruch, der in ſo grellem Widerſpruch zu<lb/>ſeinen Worten ſtand, daß ſie ihn verließ, ohne<lb/></p></div></body></text></TEI>
[89/0099]
„Du kannſt nicht wollen, daß ich jetzt, nachdem
ich den Eltern die Verſicherung gegeben habe,
in Dir den größten Schatz des Continents mit
nach Hauſe zu bringen, allein zurückkehren ſoll
und ſagen: Ich war ein eitler Thor, als ich
von ihrer Liebe ſprach, ſie hat mich nicht gemocht.“
Unwillkürlich lächelte Clara; da konnte Wil-
liam ſich nicht länger halten, mit aller Fröh-
lichkeit eines Liebenden ſprang er auf, nahm ſie
in ſeine Arme, küßte ſie und rief: „Mag nun
daraus entſtehen, was da will, das ertrage ein
Anderer, wenn man ſich Monate lang für den
glücklichſten Bräutigam gehalten hat, mit einem-
mal wieder zum Couſin zu werden. Einen
Kuß habe ich glücklich geſtohlen, nun will ich
wieder geduldig warten und ruhig Deinen Zorn
ertragen.“
Und zornig war Clara wirklich über einen
Ausbruch, der in ſo grellem Widerſpruch zu
ſeinen Worten ſtand, daß ſie ihn verließ, ohne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/99>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.