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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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nem Vater davon nichts zu sagen, bis ich selbst
eine Antwort von meinem Sohne erhalten habe
und Dich dazu ermächtigen werde."

William sagte das zu und seine Tante er-
suchte ihn, sie allein zu lassen, da seine Mit-
theilung sie unangenehm berührt habe und sie
sich sammeln wolle, um bei der Mittagstafel
ihrem Manne keine Besorgniß zu geben. Aber
die Kränkung, die ihr Stolz erlitten hatte, der
Schreck und die Unruhe, die sie empfunden,
waren so lebhaft gewesen, daß ihre gewohnte
Selbstbeherrschung sie verließ und sie von ner-
vösen Zufällen ergriffen wurde, welche sie nö-
thigten, ein paar Tage ihr Zimmer zu hüten
und ihr Clara's Pflege und Wartung unent-
behrlich machten.

Dadurch bekam William seine Braut -- denn
als solche betrachtete er Clara -- nur wenig
zu sehen. Trotzdem mußte ihm ihr Betragen
auffallen, das offenbar zurückhaltender und be-

nem Vater davon nichts zu ſagen, bis ich ſelbſt
eine Antwort von meinem Sohne erhalten habe
und Dich dazu ermächtigen werde.“

William ſagte das zu und ſeine Tante er-
ſuchte ihn, ſie allein zu laſſen, da ſeine Mit-
theilung ſie unangenehm berührt habe und ſie
ſich ſammeln wolle, um bei der Mittagstafel
ihrem Manne keine Beſorgniß zu geben. Aber
die Kränkung, die ihr Stolz erlitten hatte, der
Schreck und die Unruhe, die ſie empfunden,
waren ſo lebhaft geweſen, daß ihre gewohnte
Selbſtbeherrſchung ſie verließ und ſie von ner-
vöſen Zufällen ergriffen wurde, welche ſie nö-
thigten, ein paar Tage ihr Zimmer zu hüten
und ihr Clara's Pflege und Wartung unent-
behrlich machten.

Dadurch bekam William ſeine Braut — denn
als ſolche betrachtete er Clara — nur wenig
zu ſehen. Trotzdem mußte ihm ihr Betragen
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[70/0080] nem Vater davon nichts zu ſagen, bis ich ſelbſt eine Antwort von meinem Sohne erhalten habe und Dich dazu ermächtigen werde.“ William ſagte das zu und ſeine Tante er- ſuchte ihn, ſie allein zu laſſen, da ſeine Mit- theilung ſie unangenehm berührt habe und ſie ſich ſammeln wolle, um bei der Mittagstafel ihrem Manne keine Beſorgniß zu geben. Aber die Kränkung, die ihr Stolz erlitten hatte, der Schreck und die Unruhe, die ſie empfunden, waren ſo lebhaft geweſen, daß ihre gewohnte Selbſtbeherrſchung ſie verließ und ſie von ner- vöſen Zufällen ergriffen wurde, welche ſie nö- thigten, ein paar Tage ihr Zimmer zu hüten und ihr Clara's Pflege und Wartung unent- behrlich machten. Dadurch bekam William ſeine Braut — denn als ſolche betrachtete er Clara — nur wenig zu ſehen. Trotzdem mußte ihm ihr Betragen auffallen, das offenbar zurückhaltender und be-

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/80>, abgerufen am 28.09.2024.