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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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Die Pfarrerin zauderte einen Augenblick,
dann bat sie Therese, diese Mittheilung lieber
zu unterlassen, wenn sie nicht wirklich nöthig
zu Jenny's Glück, zu ihrer Herstellung sei.

"Ich bin in einer sonderbaren Lage", ant-
wortete Therese, "und weiß selbst nicht, ob es
nicht meine Pflicht ist, ein Geheimniß zu ver-
rathen, zu dessen Kenntniß ich nur zufällig ge-
langte; denn noch dürfte es Zeit sein, ein Unheil zu
vermeiden, das meinen theuersten Freunden droht."

Die Pfarrerin wurde unruhig, und Therese
fuhr fort: "Den Abend, ehe wir nach Berg-
hoff zogen, zeichnete Jenny mit Erlau auf dem
Balkon vor dem Treibhause eine Ansicht der
Gegend, welche sie für ihren Bräutigam be-
stimmte. Sie war Anfangs ganz heiter; Stein-
heim war auch mit ihnen und Jenny rief mich
ebenfalls herbei, um mir ihre Arbeit zu zeigen
und mich an der Unterhaltung Theil nehmen

Die Pfarrerin zauderte einen Augenblick,
dann bat ſie Thereſe, dieſe Mittheilung lieber
zu unterlaſſen, wenn ſie nicht wirklich nöthig
zu Jenny's Glück, zu ihrer Herſtellung ſei.

„Ich bin in einer ſonderbaren Lage“, ant-
wortete Thereſe, „und weiß ſelbſt nicht, ob es
nicht meine Pflicht iſt, ein Geheimniß zu ver-
rathen, zu deſſen Kenntniß ich nur zufällig ge-
langte; denn noch dürfte es Zeit ſein, ein Unheil zu
vermeiden, das meinen theuerſten Freunden droht.“

Die Pfarrerin wurde unruhig, und Thereſe
fuhr fort: „Den Abend, ehe wir nach Berg-
hoff zogen, zeichnete Jenny mit Erlau auf dem
Balkon vor dem Treibhauſe eine Anſicht der
Gegend, welche ſie für ihren Bräutigam be-
ſtimmte. Sie war Anfangs ganz heiter; Stein-
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ebenfalls herbei, um mir ihre Arbeit zu zeigen
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[36/0046] Die Pfarrerin zauderte einen Augenblick, dann bat ſie Thereſe, dieſe Mittheilung lieber zu unterlaſſen, wenn ſie nicht wirklich nöthig zu Jenny's Glück, zu ihrer Herſtellung ſei. „Ich bin in einer ſonderbaren Lage“, ant- wortete Thereſe, „und weiß ſelbſt nicht, ob es nicht meine Pflicht iſt, ein Geheimniß zu ver- rathen, zu deſſen Kenntniß ich nur zufällig ge- langte; denn noch dürfte es Zeit ſein, ein Unheil zu vermeiden, das meinen theuerſten Freunden droht.“ Die Pfarrerin wurde unruhig, und Thereſe fuhr fort: „Den Abend, ehe wir nach Berg- hoff zogen, zeichnete Jenny mit Erlau auf dem Balkon vor dem Treibhauſe eine Anſicht der Gegend, welche ſie für ihren Bräutigam be- ſtimmte. Sie war Anfangs ganz heiter; Stein- heim war auch mit ihnen und Jenny rief mich ebenfalls herbei, um mir ihre Arbeit zu zeigen und mich an der Unterhaltung Theil nehmen

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/46>, abgerufen am 29.03.2024.