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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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dem Gasthause in Gernsbach an, wo man ihn
schon kannte, da er früher mehrmals auf seinen
Streifereien hier eingesprochen war. Er und
der Diener halfen Jenny aus dem Wagen, die
sich bereits wohler fühlte und dem Grafen,
der nach einem Arzt verlangte, versicherte, wie
sie weder eines Arztes, noch irgend eines Bei-
standes bedürfe. "Nur der Kopf ist mir ein
wenig schwer", sagte sie, während sie die Binde
von der Stirne nahm, "mir ist, als hätte ich
zu tief und zu lange geschlafen -- und wirklich
weiß ich kaum, ob ich erwacht bin, oder ob ein
schöner Traum mich noch umfängt."

"Frau Gräfin sollten doch den Doctor kom-
men lassen!" sagte die geschäftige Wirthin und
rief damit eine flüchtige Röthe und ein freund-
liches Lächeln auf Jenny's Wangen hervor, das
Walter unendlich glücklich machte. Arm in
Arm harrten sie der Ankunft ihres Vaters,
der mit Ueberraschung sie in dieser Stellung

dem Gaſthauſe in Gernsbach an, wo man ihn
ſchon kannte, da er früher mehrmals auf ſeinen
Streifereien hier eingeſprochen war. Er und
der Diener halfen Jenny aus dem Wagen, die
ſich bereits wohler fühlte und dem Grafen,
der nach einem Arzt verlangte, verſicherte, wie
ſie weder eines Arztes, noch irgend eines Bei-
ſtandes bedürfe. „Nur der Kopf iſt mir ein
wenig ſchwer“, ſagte ſie, während ſie die Binde
von der Stirne nahm, „mir iſt, als hätte ich
zu tief und zu lange geſchlafen — und wirklich
weiß ich kaum, ob ich erwacht bin, oder ob ein
ſchöner Traum mich noch umfängt.“

„Frau Gräfin ſollten doch den Doctor kom-
men laſſen!“ ſagte die geſchäftige Wirthin und
rief damit eine flüchtige Röthe und ein freund-
liches Lächeln auf Jenny's Wangen hervor, das
Walter unendlich glücklich machte. Arm in
Arm harrten ſie der Ankunft ihres Vaters,
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[280/0290] dem Gaſthauſe in Gernsbach an, wo man ihn ſchon kannte, da er früher mehrmals auf ſeinen Streifereien hier eingeſprochen war. Er und der Diener halfen Jenny aus dem Wagen, die ſich bereits wohler fühlte und dem Grafen, der nach einem Arzt verlangte, verſicherte, wie ſie weder eines Arztes, noch irgend eines Bei- ſtandes bedürfe. „Nur der Kopf iſt mir ein wenig ſchwer“, ſagte ſie, während ſie die Binde von der Stirne nahm, „mir iſt, als hätte ich zu tief und zu lange geſchlafen — und wirklich weiß ich kaum, ob ich erwacht bin, oder ob ein ſchöner Traum mich noch umfängt.“ „Frau Gräfin ſollten doch den Doctor kom- men laſſen!“ ſagte die geſchäftige Wirthin und rief damit eine flüchtige Röthe und ein freund- liches Lächeln auf Jenny's Wangen hervor, das Walter unendlich glücklich machte. Arm in Arm harrten ſie der Ankunft ihres Vaters, der mit Ueberraſchung ſie in dieſer Stellung

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/290>, abgerufen am 10.05.2024.