Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Häuslichkeit zu verlassen, die jetzt erst wahren
Reiz für ihn haben müsse.

"Ich bin mir selbst ein Räthsel!" ant-
wortete er, "und mir scheint, daß mit dem
Liebesfrühling, der so urplötzlich in meiner
Brust erwachte, ein ganz neues, junges Leben
für mich begonnen hat. Ein unbegreiflich
holdes Sehnen trieb mich durch Wald und
Wiesen hinzugehen. Ich wünschte meiner Frau
zu zeigen, wie schön die Welt sei und konnte
mich der Gefahr, die das Reisen für meine
Gesundheit hat, jetzt leichter aussetzen, da
Hannchen -- so hieß Madame Steinheim --
mit dankenswerther Sorgfalt über mich wacht.
Aber findest Du nicht", sagte er, sich unter-
brechend, "daß der Fußboden hier feucht ist,
liebes Hannchen?"

Hannchen bejahte es und nach einer Ent-
schuldigung gegen die Damen, ließ Steinheim

Häuslichkeit zu verlaſſen, die jetzt erſt wahren
Reiz für ihn haben müſſe.

„Ich bin mir ſelbſt ein Räthſel!“ ant-
wortete er, „und mir ſcheint, daß mit dem
Liebesfrühling, der ſo urplötzlich in meiner
Bruſt erwachte, ein ganz neues, junges Leben
für mich begonnen hat. Ein unbegreiflich
holdes Sehnen trieb mich durch Wald und
Wieſen hinzugehen. Ich wünſchte meiner Frau
zu zeigen, wie ſchön die Welt ſei und konnte
mich der Gefahr, die das Reiſen für meine
Geſundheit hat, jetzt leichter ausſetzen, da
Hannchen — ſo hieß Madame Steinheim —
mit dankenswerther Sorgfalt über mich wacht.
Aber findeſt Du nicht“, ſagte er, ſich unter-
brechend, „daß der Fußboden hier feucht iſt,
liebes Hannchen?“

Hannchen bejahte es und nach einer Ent-
ſchuldigung gegen die Damen, ließ Steinheim

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0252" n="242"/>
Häuslichkeit zu verla&#x017F;&#x017F;en, die jetzt er&#x017F;t wahren<lb/>
Reiz für ihn haben mü&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bin mir &#x017F;elb&#x017F;t ein Räth&#x017F;el!&#x201C; ant-<lb/>
wortete er, &#x201E;und mir &#x017F;cheint, daß mit dem<lb/>
Liebesfrühling, der &#x017F;o urplötzlich in meiner<lb/>
Bru&#x017F;t erwachte, ein ganz neues, junges Leben<lb/>
für mich begonnen hat. Ein unbegreiflich<lb/>
holdes Sehnen trieb mich durch Wald und<lb/>
Wie&#x017F;en hinzugehen. Ich wün&#x017F;chte meiner Frau<lb/>
zu zeigen, wie &#x017F;chön die Welt &#x017F;ei und konnte<lb/>
mich der Gefahr, die das Rei&#x017F;en für meine<lb/>
Ge&#x017F;undheit hat, jetzt leichter aus&#x017F;etzen, da<lb/>
Hannchen &#x2014; &#x017F;o hieß Madame Steinheim &#x2014;<lb/>
mit dankenswerther Sorgfalt über mich wacht.<lb/>
Aber finde&#x017F;t Du nicht&#x201C;, &#x017F;agte er, &#x017F;ich unter-<lb/>
brechend, &#x201E;daß der Fußboden hier feucht i&#x017F;t,<lb/>
liebes Hannchen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Hannchen bejahte es und nach einer Ent-<lb/>
&#x017F;chuldigung gegen die Damen, ließ Steinheim<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0252] Häuslichkeit zu verlaſſen, die jetzt erſt wahren Reiz für ihn haben müſſe. „Ich bin mir ſelbſt ein Räthſel!“ ant- wortete er, „und mir ſcheint, daß mit dem Liebesfrühling, der ſo urplötzlich in meiner Bruſt erwachte, ein ganz neues, junges Leben für mich begonnen hat. Ein unbegreiflich holdes Sehnen trieb mich durch Wald und Wieſen hinzugehen. Ich wünſchte meiner Frau zu zeigen, wie ſchön die Welt ſei und konnte mich der Gefahr, die das Reiſen für meine Geſundheit hat, jetzt leichter ausſetzen, da Hannchen — ſo hieß Madame Steinheim — mit dankenswerther Sorgfalt über mich wacht. Aber findeſt Du nicht“, ſagte er, ſich unter- brechend, „daß der Fußboden hier feucht iſt, liebes Hannchen?“ Hannchen bejahte es und nach einer Ent- ſchuldigung gegen die Damen, ließ Steinheim

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/252
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/252>, abgerufen am 10.05.2024.