Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

suchen wollen, als sie auf dem Wege zusam-
menbrach, wo ich sie fand. Sie sagte mir, daß
ihr Vater kein anderes Kind hätte als sie, und
wol die Mittel, für sie zu sorgen. Aber er
hätte gehofft, mit dem Gelde des reichen
Schwiegersohnes sein Gewerbe zu vergrößern
und selbst ein reicher Mann zu werden, und
daß sie ihn um diese Hoffnung betrogen, werde
er ihr nicht vergessen und verzeihen."

"So muß man hier für sie sorgen!" meinte
Frau von Meining.

"Sie selbst verlangt nichts mehr, als die
Mittel, sich durch einige Pflege Kräfte zu er-
werben, um wieder arbeiten zu können", sagte
Jenny. "Wie sie mir erzählt, hätte ihr Vater
sie, ohne das Kind, wol zu sich genommen,
weil er hoffte, jener Bürger würde sie auch
jetzt noch heirathen, wenn sie sich von ihrem
Kinde trenne. Das aber will und soll sie na-
türlich nicht und so meint mein Vater, man

ſuchen wollen, als ſie auf dem Wege zuſam-
menbrach, wo ich ſie fand. Sie ſagte mir, daß
ihr Vater kein anderes Kind hätte als ſie, und
wol die Mittel, für ſie zu ſorgen. Aber er
hätte gehofft, mit dem Gelde des reichen
Schwiegerſohnes ſein Gewerbe zu vergrößern
und ſelbſt ein reicher Mann zu werden, und
daß ſie ihn um dieſe Hoffnung betrogen, werde
er ihr nicht vergeſſen und verzeihen.“

„So muß man hier für ſie ſorgen!“ meinte
Frau von Meining.

„Sie ſelbſt verlangt nichts mehr, als die
Mittel, ſich durch einige Pflege Kräfte zu er-
werben, um wieder arbeiten zu können“, ſagte
Jenny. „Wie ſie mir erzählt, hätte ihr Vater
ſie, ohne das Kind, wol zu ſich genommen,
weil er hoffte, jener Bürger würde ſie auch
jetzt noch heirathen, wenn ſie ſich von ihrem
Kinde trenne. Das aber will und ſoll ſie na-
türlich nicht und ſo meint mein Vater, man

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0249" n="239"/>
&#x017F;uchen wollen, als &#x017F;ie auf dem Wege zu&#x017F;am-<lb/>
menbrach, wo ich &#x017F;ie fand. Sie &#x017F;agte mir, daß<lb/>
ihr Vater kein anderes Kind hätte als &#x017F;ie, und<lb/>
wol die Mittel, für &#x017F;ie zu &#x017F;orgen. Aber er<lb/>
hätte gehofft, mit dem Gelde des reichen<lb/>
Schwieger&#x017F;ohnes &#x017F;ein Gewerbe zu vergrößern<lb/>
und &#x017F;elb&#x017F;t ein reicher Mann zu werden, und<lb/>
daß &#x017F;ie ihn um die&#x017F;e Hoffnung betrogen, werde<lb/>
er ihr nicht verge&#x017F;&#x017F;en und verzeihen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So muß man hier für &#x017F;ie &#x017F;orgen!&#x201C; meinte<lb/>
Frau von Meining.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie &#x017F;elb&#x017F;t verlangt nichts mehr, als die<lb/>
Mittel, &#x017F;ich durch einige Pflege Kräfte zu er-<lb/>
werben, um wieder arbeiten zu können&#x201C;, &#x017F;agte<lb/>
Jenny. &#x201E;Wie &#x017F;ie mir erzählt, hätte ihr Vater<lb/>
&#x017F;ie, ohne das Kind, wol zu &#x017F;ich genommen,<lb/>
weil er hoffte, jener Bürger würde &#x017F;ie auch<lb/>
jetzt noch heirathen, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich von ihrem<lb/>
Kinde trenne. Das aber will und &#x017F;oll &#x017F;ie na-<lb/>
türlich nicht und &#x017F;o meint mein Vater, man<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0249] ſuchen wollen, als ſie auf dem Wege zuſam- menbrach, wo ich ſie fand. Sie ſagte mir, daß ihr Vater kein anderes Kind hätte als ſie, und wol die Mittel, für ſie zu ſorgen. Aber er hätte gehofft, mit dem Gelde des reichen Schwiegerſohnes ſein Gewerbe zu vergrößern und ſelbſt ein reicher Mann zu werden, und daß ſie ihn um dieſe Hoffnung betrogen, werde er ihr nicht vergeſſen und verzeihen.“ „So muß man hier für ſie ſorgen!“ meinte Frau von Meining. „Sie ſelbſt verlangt nichts mehr, als die Mittel, ſich durch einige Pflege Kräfte zu er- werben, um wieder arbeiten zu können“, ſagte Jenny. „Wie ſie mir erzählt, hätte ihr Vater ſie, ohne das Kind, wol zu ſich genommen, weil er hoffte, jener Bürger würde ſie auch jetzt noch heirathen, wenn ſie ſich von ihrem Kinde trenne. Das aber will und ſoll ſie na- türlich nicht und ſo meint mein Vater, man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/249
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/249>, abgerufen am 27.04.2024.