Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

ich Freude finde und sie den Andern bereite.
Nenne es Feigheit oder Egoismus, wie Du willst,
ich mag aus diesem sichern Hafen mich nicht
in das Meer des Lebens wagen. Ich will nicht
heirathen."

"Und wenn Dein Vater stirbt?"

"Dann leben mir die Brüder ...."

"Die wahrscheinlich Deinen Entschluß nicht
theilen", fiel ihr die Geheimräthin ins Wort,
"sich verheirathen würden, wenn Du Dich ihnen
durch einen vernünftigen Entschluß entzögest
und so ihr und Dein Bestes fördertest. Wie
viel hundert Mal hast Du mir über die hohe
Ansicht gesprochen, die Du von der Ehe hegst!
Wie erhaben hast Du mir Walter's Idee davon
geschildert, als Du mir neulich von der Unter-
haltung erzähltest, die Du über diesen Gegen-
stand mit ihm gehabt. Also Gleichnisse zeich-
nen kannst Du, aber im Leben sie durch Dich
zu realisiren, stehst Du an!"

ich Freude finde und ſie den Andern bereite.
Nenne es Feigheit oder Egoismus, wie Du willſt,
ich mag aus dieſem ſichern Hafen mich nicht
in das Meer des Lebens wagen. Ich will nicht
heirathen.“

„Und wenn Dein Vater ſtirbt?“

„Dann leben mir die Brüder ....“

„Die wahrſcheinlich Deinen Entſchluß nicht
theilen“, fiel ihr die Geheimräthin ins Wort,
„ſich verheirathen würden, wenn Du Dich ihnen
durch einen vernünftigen Entſchluß entzögeſt
und ſo ihr und Dein Beſtes förderteſt. Wie
viel hundert Mal haſt Du mir über die hohe
Anſicht geſprochen, die Du von der Ehe hegſt!
Wie erhaben haſt Du mir Walter's Idee davon
geſchildert, als Du mir neulich von der Unter-
haltung erzählteſt, die Du über dieſen Gegen-
ſtand mit ihm gehabt. Alſo Gleichniſſe zeich-
nen kannſt Du, aber im Leben ſie durch Dich
zu realiſiren, ſtehſt Du an!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0236" n="226"/>
ich Freude finde und &#x017F;ie den Andern bereite.<lb/>
Nenne es Feigheit oder Egoismus, wie Du will&#x017F;t,<lb/>
ich mag aus die&#x017F;em &#x017F;ichern Hafen mich nicht<lb/>
in das Meer des Lebens wagen. Ich will nicht<lb/>
heirathen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und wenn Dein Vater &#x017F;tirbt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dann leben mir die Brüder ....&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die wahr&#x017F;cheinlich Deinen Ent&#x017F;chluß nicht<lb/>
theilen&#x201C;, fiel ihr die Geheimräthin ins Wort,<lb/>
&#x201E;&#x017F;ich verheirathen würden, wenn Du Dich ihnen<lb/>
durch einen vernünftigen Ent&#x017F;chluß entzöge&#x017F;t<lb/>
und &#x017F;o ihr und Dein Be&#x017F;tes förderte&#x017F;t. Wie<lb/>
viel hundert Mal ha&#x017F;t Du mir über die hohe<lb/>
An&#x017F;icht ge&#x017F;prochen, die Du von der Ehe heg&#x017F;t!<lb/>
Wie erhaben ha&#x017F;t Du mir Walter's Idee davon<lb/>
ge&#x017F;childert, als Du mir neulich von der Unter-<lb/>
haltung erzählte&#x017F;t, die Du über die&#x017F;en Gegen-<lb/>
&#x017F;tand mit ihm gehabt. Al&#x017F;o Gleichni&#x017F;&#x017F;e zeich-<lb/>
nen kann&#x017F;t Du, aber im Leben &#x017F;ie durch Dich<lb/>
zu reali&#x017F;iren, &#x017F;teh&#x017F;t Du an!&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0236] ich Freude finde und ſie den Andern bereite. Nenne es Feigheit oder Egoismus, wie Du willſt, ich mag aus dieſem ſichern Hafen mich nicht in das Meer des Lebens wagen. Ich will nicht heirathen.“ „Und wenn Dein Vater ſtirbt?“ „Dann leben mir die Brüder ....“ „Die wahrſcheinlich Deinen Entſchluß nicht theilen“, fiel ihr die Geheimräthin ins Wort, „ſich verheirathen würden, wenn Du Dich ihnen durch einen vernünftigen Entſchluß entzögeſt und ſo ihr und Dein Beſtes förderteſt. Wie viel hundert Mal haſt Du mir über die hohe Anſicht geſprochen, die Du von der Ehe hegſt! Wie erhaben haſt Du mir Walter's Idee davon geſchildert, als Du mir neulich von der Unter- haltung erzählteſt, die Du über dieſen Gegen- ſtand mit ihm gehabt. Alſo Gleichniſſe zeich- nen kannſt Du, aber im Leben ſie durch Dich zu realiſiren, ſtehſt Du an!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/236
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/236>, abgerufen am 27.04.2024.