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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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derst und er Dir nicht gefällt. Das kommt
wohl vor im Leben und sollte Dir nicht so
neu sein, Dich so sehr zu verstimmen."

"Im Gegentheil", antwortete Jenny, "er
ist mir lieb und werth, und gerade darum thut
es mir so wehe."

"Jenny", sagte die Geheimräthin, plötzlich
ernsthaft geworden, "ich will kein Vertrauen
erzwingen, wenn Du nicht geneigt bist, es mir
zu gewähren. Nur das Eine sage mir, mich
zu beruhigen: Ist der Mann, der Dich liebt,
verheirathet, oder sonst in einer Weise gebun-
den, die Deine Unruhe erregt? Nur die Eine
Frage beantworte mir."

"Nein, nein, mein guter, lieber Engel!" rief
Jenny, über den feierlichen Ernst ihrer Freundin
lächelnd. "Er ist frei und unumschränkter Herr
seines Willens; ich zweifle nicht, daß er mir
seine Hand anträgt, aber das ist es, was ich
fürchte und was mein Vater ungern sehen wird."

derſt und er Dir nicht gefällt. Das kommt
wohl vor im Leben und ſollte Dir nicht ſo
neu ſein, Dich ſo ſehr zu verſtimmen.“

„Im Gegentheil“, antwortete Jenny, „er
iſt mir lieb und werth, und gerade darum thut
es mir ſo wehe.“

„Jenny“, ſagte die Geheimräthin, plötzlich
ernſthaft geworden, „ich will kein Vertrauen
erzwingen, wenn Du nicht geneigt biſt, es mir
zu gewähren. Nur das Eine ſage mir, mich
zu beruhigen: Iſt der Mann, der Dich liebt,
verheirathet, oder ſonſt in einer Weiſe gebun-
den, die Deine Unruhe erregt? Nur die Eine
Frage beantworte mir.“

„Nein, nein, mein guter, lieber Engel!“ rief
Jenny, über den feierlichen Ernſt ihrer Freundin
lächelnd. „Er iſt frei und unumſchränkter Herr
ſeines Willens; ich zweifle nicht, daß er mir
ſeine Hand anträgt, aber das iſt es, was ich
fürchte und was mein Vater ungern ſehen wird.“

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[224/0234] derſt und er Dir nicht gefällt. Das kommt wohl vor im Leben und ſollte Dir nicht ſo neu ſein, Dich ſo ſehr zu verſtimmen.“ „Im Gegentheil“, antwortete Jenny, „er iſt mir lieb und werth, und gerade darum thut es mir ſo wehe.“ „Jenny“, ſagte die Geheimräthin, plötzlich ernſthaft geworden, „ich will kein Vertrauen erzwingen, wenn Du nicht geneigt biſt, es mir zu gewähren. Nur das Eine ſage mir, mich zu beruhigen: Iſt der Mann, der Dich liebt, verheirathet, oder ſonſt in einer Weiſe gebun- den, die Deine Unruhe erregt? Nur die Eine Frage beantworte mir.“ „Nein, nein, mein guter, lieber Engel!“ rief Jenny, über den feierlichen Ernſt ihrer Freundin lächelnd. „Er iſt frei und unumſchränkter Herr ſeines Willens; ich zweifle nicht, daß er mir ſeine Hand anträgt, aber das iſt es, was ich fürchte und was mein Vater ungern ſehen wird.“

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/234>, abgerufen am 25.11.2024.