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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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theils geworden und mit ihr das Bewußtsein,
daß sie durch Walter's Liebe manchem neuen
Kampfe ausgesetzt werden könnte: sei es, daß
er ihre Hand verlange, oder aus Rücksicht auf
seine weltliche Stellung darauf verzichte. Ver-
stimmt gemacht durch diese Gedanken, langte
sie, während Walter die Unterredung mit ihrem
Vater hatte, bei Frau von Meining an, die in
Jenny's beweglichem Gesicht die Spuren einer
innern Unruhe leicht bemerkte. Sie fragte um
die Ursache derselben, obgleich Jenny anfangs
die Thatsache läugnete, und erst nach freund-
lichem Bitten und Dringen von Seiten der
Geheimräthin sagte Jene:

"Ich habe die Entdeckung gemacht, die Liebe
eines Mannes zu besitzen, an die ich nie ge-
dacht, und das ist mir unangenehm."

Die Geheimräthin sah sie verwundert an,
lächelte dann und meinte: "Das heißt, Du be-
mitleidest ihn, weil Du diese Liebe nicht erwi-

theils geworden und mit ihr das Bewußtſein,
daß ſie durch Walter's Liebe manchem neuen
Kampfe ausgeſetzt werden könnte: ſei es, daß
er ihre Hand verlange, oder aus Rückſicht auf
ſeine weltliche Stellung darauf verzichte. Ver-
ſtimmt gemacht durch dieſe Gedanken, langte
ſie, während Walter die Unterredung mit ihrem
Vater hatte, bei Frau von Meining an, die in
Jenny's beweglichem Geſicht die Spuren einer
innern Unruhe leicht bemerkte. Sie fragte um
die Urſache derſelben, obgleich Jenny anfangs
die Thatſache läugnete, und erſt nach freund-
lichem Bitten und Dringen von Seiten der
Geheimräthin ſagte Jene:

„Ich habe die Entdeckung gemacht, die Liebe
eines Mannes zu beſitzen, an die ich nie ge-
dacht, und das iſt mir unangenehm.“

Die Geheimräthin ſah ſie verwundert an,
lächelte dann und meinte: „Das heißt, Du be-
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[223/0233] theils geworden und mit ihr das Bewußtſein, daß ſie durch Walter's Liebe manchem neuen Kampfe ausgeſetzt werden könnte: ſei es, daß er ihre Hand verlange, oder aus Rückſicht auf ſeine weltliche Stellung darauf verzichte. Ver- ſtimmt gemacht durch dieſe Gedanken, langte ſie, während Walter die Unterredung mit ihrem Vater hatte, bei Frau von Meining an, die in Jenny's beweglichem Geſicht die Spuren einer innern Unruhe leicht bemerkte. Sie fragte um die Urſache derſelben, obgleich Jenny anfangs die Thatſache läugnete, und erſt nach freund- lichem Bitten und Dringen von Seiten der Geheimräthin ſagte Jene: „Ich habe die Entdeckung gemacht, die Liebe eines Mannes zu beſitzen, an die ich nie ge- dacht, und das iſt mir unangenehm.“ Die Geheimräthin ſah ſie verwundert an, lächelte dann und meinte: „Das heißt, Du be- mitleideſt ihn, weil Du dieſe Liebe nicht erwi-

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/233>, abgerufen am 28.04.2024.