Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite


gehangen. So würdest Du doch über jeden Mann
urtheilen, Du Grausamer, der so unglücklich wäre,
Deine Neigung für mich begreiflich zu finden, wäh-
rend ich in nächster Nähe ein Wesen dulde, das
-- nun das vielleicht auch recht gern Frau Pfar-
rerin Reinhard würde, und ich bin so großmü-
thig, Dir das zu erzählen und ihr zu vergeben."

"Wovon sprichst Du eigentlich?" fragte Rein-
hard dringender; "Du weißt, daß ich nicht ge-
schickt zu solchen Scherzen bin, und es ist etwas
in Deinem Auge, in Deiner ganzen Art, was
mich Ernst in diesen Neckereien vermuthen läßt,
darum sage mir, was hat sich denn ereignet?"

"Ereignet?" wiederholte Jenny, und setzte
sich wieder zu Reinhard hin, "ereignet hat sich
eigentlich nichts; ich habe aber eine Entdeckung
gemacht, die ich Dir vielleicht verhehlen würde,
wenn Du nicht eben mein Gustav wärest, und
von Eitelkeit so fern, als ich von Eifersucht.
Denke Dir, Gustav! Therese liebt Dich."


gehangen. So würdeſt Du doch über jeden Mann
urtheilen, Du Grauſamer, der ſo unglücklich wäre,
Deine Neigung für mich begreiflich zu finden, wäh-
rend ich in nächſter Nähe ein Weſen dulde, das
— nun das vielleicht auch recht gern Frau Pfar-
rerin Reinhard würde, und ich bin ſo großmü-
thig, Dir das zu erzählen und ihr zu vergeben.“

„Wovon ſprichſt Du eigentlich?“ fragte Rein-
hard dringender; „Du weißt, daß ich nicht ge-
ſchickt zu ſolchen Scherzen bin, und es iſt etwas
in Deinem Auge, in Deiner ganzen Art, was
mich Ernſt in dieſen Neckereien vermuthen läßt,
darum ſage mir, was hat ſich denn ereignet?“

„Ereignet?“ wiederholte Jenny, und ſetzte
ſich wieder zu Reinhard hin, „ereignet hat ſich
eigentlich nichts; ich habe aber eine Entdeckung
gemacht, die ich Dir vielleicht verhehlen würde,
wenn Du nicht eben mein Guſtav wäreſt, und
von Eitelkeit ſo fern, als ich von Eiferſucht.
Denke Dir, Guſtav! Thereſe liebt Dich.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0421" n="413"/><lb/>
gehangen. So würde&#x017F;t Du doch über jeden Mann<lb/>
urtheilen, Du Grau&#x017F;amer, der &#x017F;o unglücklich wäre,<lb/>
Deine Neigung für mich begreiflich zu finden, wäh-<lb/>
rend ich in näch&#x017F;ter Nähe ein We&#x017F;en dulde, das<lb/>
&#x2014; nun das vielleicht auch recht gern Frau Pfar-<lb/>
rerin Reinhard würde, und ich bin &#x017F;o großmü-<lb/>
thig, Dir das zu erzählen und ihr zu vergeben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wovon &#x017F;prich&#x017F;t Du eigentlich?&#x201C; fragte Rein-<lb/>
hard dringender; &#x201E;Du weißt, daß ich nicht ge-<lb/>
&#x017F;chickt zu &#x017F;olchen Scherzen bin, und es i&#x017F;t etwas<lb/>
in Deinem Auge, in Deiner ganzen Art, was<lb/>
mich Ern&#x017F;t in die&#x017F;en Neckereien vermuthen läßt,<lb/>
darum &#x017F;age mir, was hat &#x017F;ich denn ereignet?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ereignet?&#x201C; wiederholte Jenny, und &#x017F;etzte<lb/>
&#x017F;ich wieder zu Reinhard hin, &#x201E;ereignet hat &#x017F;ich<lb/>
eigentlich nichts; ich habe aber eine Entdeckung<lb/>
gemacht, die ich Dir vielleicht verhehlen würde,<lb/>
wenn Du nicht eben mein Gu&#x017F;tav wäre&#x017F;t, und<lb/>
von Eitelkeit &#x017F;o fern, als ich von Eifer&#x017F;ucht.<lb/>
Denke Dir, Gu&#x017F;tav! There&#x017F;e liebt Dich.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[413/0421] gehangen. So würdeſt Du doch über jeden Mann urtheilen, Du Grauſamer, der ſo unglücklich wäre, Deine Neigung für mich begreiflich zu finden, wäh- rend ich in nächſter Nähe ein Weſen dulde, das — nun das vielleicht auch recht gern Frau Pfar- rerin Reinhard würde, und ich bin ſo großmü- thig, Dir das zu erzählen und ihr zu vergeben.“ „Wovon ſprichſt Du eigentlich?“ fragte Rein- hard dringender; „Du weißt, daß ich nicht ge- ſchickt zu ſolchen Scherzen bin, und es iſt etwas in Deinem Auge, in Deiner ganzen Art, was mich Ernſt in dieſen Neckereien vermuthen läßt, darum ſage mir, was hat ſich denn ereignet?“ „Ereignet?“ wiederholte Jenny, und ſetzte ſich wieder zu Reinhard hin, „ereignet hat ſich eigentlich nichts; ich habe aber eine Entdeckung gemacht, die ich Dir vielleicht verhehlen würde, wenn Du nicht eben mein Guſtav wäreſt, und von Eitelkeit ſo fern, als ich von Eiferſucht. Denke Dir, Guſtav! Thereſe liebt Dich.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/421
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/421>, abgerufen am 02.05.2024.