Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

strengt zu beschäftigen, als bei ihrer Mutter.
Madame Meier hatte Theresens Gesellschaft gern;
sie war ihr in mancher Hinsicht bequem, und es
schien nicht unwahrscheinlich, daß Therese sich
gern entschließen würde, als Gesellschafterin im
Meierschen Hause zu bleiben, wenn Jenny es
nach ihrer Hochzeit verließ, wodurch für die Er-
stere auf viele Jahre hinaus eine angenehme Stel-
lung gesichert war. Diese Rücksichten stimmten
Jenny milder. Sie durfte hoffen, noch im Laufe
des Jahres mit Reinhard verbunden zu werden,
und einige Monate, meinte sie, gingen leicht vor-
über, darum mochte Therese immerhin sie nach
Berghoff begleiten. Wenn sie ihrem Bräutigam
offen die Wahrheit bekannte, konnte für Niemand
Gefahr daraus entstehen. Durfte sie, ohnehin die
Glücklichere, der armen Therese aus kleinlicher
Eifersucht eine Zuflucht in ihrem väterlichen
Hause mißgönnen, in das sie auf Jenny's Bit-
ten getreten war? Reinhard's Liebe konnte ihr

ſtrengt zu beſchäftigen, als bei ihrer Mutter.
Madame Meier hatte Thereſens Geſellſchaft gern;
ſie war ihr in mancher Hinſicht bequem, und es
ſchien nicht unwahrſcheinlich, daß Thereſe ſich
gern entſchließen würde, als Geſellſchafterin im
Meierſchen Hauſe zu bleiben, wenn Jenny es
nach ihrer Hochzeit verließ, wodurch für die Er-
ſtere auf viele Jahre hinaus eine angenehme Stel-
lung geſichert war. Dieſe Rückſichten ſtimmten
Jenny milder. Sie durfte hoffen, noch im Laufe
des Jahres mit Reinhard verbunden zu werden,
und einige Monate, meinte ſie, gingen leicht vor-
über, darum mochte Thereſe immerhin ſie nach
Berghoff begleiten. Wenn ſie ihrem Bräutigam
offen die Wahrheit bekannte, konnte für Niemand
Gefahr daraus entſtehen. Durfte ſie, ohnehin die
Glücklichere, der armen Thereſe aus kleinlicher
Eiferſucht eine Zuflucht in ihrem väterlichen
Hauſe mißgönnen, in das ſie auf Jenny's Bit-
ten getreten war? Reinhard's Liebe konnte ihr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0416" n="408"/>
&#x017F;trengt zu be&#x017F;chäftigen, als bei ihrer Mutter.<lb/>
Madame Meier hatte There&#x017F;ens Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft gern;<lb/>
&#x017F;ie war ihr in mancher Hin&#x017F;icht bequem, und es<lb/>
&#x017F;chien nicht unwahr&#x017F;cheinlich, daß There&#x017F;e &#x017F;ich<lb/>
gern ent&#x017F;chließen würde, als Ge&#x017F;ell&#x017F;chafterin im<lb/>
Meier&#x017F;chen Hau&#x017F;e zu bleiben, wenn Jenny es<lb/>
nach ihrer Hochzeit verließ, wodurch für die Er-<lb/>
&#x017F;tere auf viele Jahre hinaus eine angenehme Stel-<lb/>
lung ge&#x017F;ichert war. Die&#x017F;e Rück&#x017F;ichten &#x017F;timmten<lb/>
Jenny milder. Sie durfte hoffen, noch im Laufe<lb/>
des Jahres mit Reinhard verbunden zu werden,<lb/>
und einige Monate, meinte &#x017F;ie, gingen leicht vor-<lb/>
über, darum mochte There&#x017F;e immerhin &#x017F;ie nach<lb/>
Berghoff begleiten. Wenn &#x017F;ie ihrem Bräutigam<lb/>
offen die Wahrheit bekannte, konnte für Niemand<lb/>
Gefahr daraus ent&#x017F;tehen. Durfte &#x017F;ie, ohnehin die<lb/>
Glücklichere, der armen There&#x017F;e aus kleinlicher<lb/>
Eifer&#x017F;ucht eine Zuflucht in ihrem väterlichen<lb/>
Hau&#x017F;e mißgönnen, in das &#x017F;ie auf Jenny's Bit-<lb/>
ten getreten war? Reinhard's Liebe konnte ihr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[408/0416] ſtrengt zu beſchäftigen, als bei ihrer Mutter. Madame Meier hatte Thereſens Geſellſchaft gern; ſie war ihr in mancher Hinſicht bequem, und es ſchien nicht unwahrſcheinlich, daß Thereſe ſich gern entſchließen würde, als Geſellſchafterin im Meierſchen Hauſe zu bleiben, wenn Jenny es nach ihrer Hochzeit verließ, wodurch für die Er- ſtere auf viele Jahre hinaus eine angenehme Stel- lung geſichert war. Dieſe Rückſichten ſtimmten Jenny milder. Sie durfte hoffen, noch im Laufe des Jahres mit Reinhard verbunden zu werden, und einige Monate, meinte ſie, gingen leicht vor- über, darum mochte Thereſe immerhin ſie nach Berghoff begleiten. Wenn ſie ihrem Bräutigam offen die Wahrheit bekannte, konnte für Niemand Gefahr daraus entſtehen. Durfte ſie, ohnehin die Glücklichere, der armen Thereſe aus kleinlicher Eiferſucht eine Zuflucht in ihrem väterlichen Hauſe mißgönnen, in das ſie auf Jenny's Bit- ten getreten war? Reinhard's Liebe konnte ihr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/416
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/416>, abgerufen am 22.11.2024.