Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Eduard's Leiden zu vergrößern durch die Schil-
derung des Jammers in ihrer Brust; sie wollte
ruhig werden, um ihn zu beruhigen; und das
war der Brief, den sie endlich schrieb:

"Gott hat es mir auferlegt, daß ich mit
den ersten Worten, die ich Ihnen schreibe, Ih-
nen und mir den tiefsten Schmerz bereite, den
eine Menschenbrust empfinden kann. Er wird
uns Kraft geben, ihn zu ertragen. Liebte
ich Sie weniger, oder wäre ich nicht vollkom-
men gewiß, es könne kein Zweifel an meiner
Liebe Raum in Ihrer Seele finden, ich würde
nicht den Muth haben, Ihnen zu sagen, daß ich
nicht die Ihre werden, daß die schönste Hoffnung
meines Lebebens nicht erfüllt werden dürfe. Ach,
lieber Eduard! als ich Jenny und Reinhard ver-
bunden sah, da wagte ich mir zu gestehen, daß
ich ein ähnliches Glück begehrte und erhoffte,
obgleich sie mich gelehrt, wie Sie über Jen-
ny's Entschluß dächten; wie Sie bei Jenny

Eduard's Leiden zu vergrößern durch die Schil-
derung des Jammers in ihrer Bruſt; ſie wollte
ruhig werden, um ihn zu beruhigen; und das
war der Brief, den ſie endlich ſchrieb:

„Gott hat es mir auferlegt, daß ich mit
den erſten Worten, die ich Ihnen ſchreibe, Ih-
nen und mir den tiefſten Schmerz bereite, den
eine Menſchenbruſt empfinden kann. Er wird
uns Kraft geben, ihn zu ertragen. Liebte
ich Sie weniger, oder wäre ich nicht vollkom-
men gewiß, es könne kein Zweifel an meiner
Liebe Raum in Ihrer Seele finden, ich würde
nicht den Muth haben, Ihnen zu ſagen, daß ich
nicht die Ihre werden, daß die ſchönſte Hoffnung
meines Lebebens nicht erfüllt werden dürfe. Ach,
lieber Eduard! als ich Jenny und Reinhard ver-
bunden ſah, da wagte ich mir zu geſtehen, daß
ich ein ähnliches Glück begehrte und erhoffte,
obgleich ſie mich gelehrt, wie Sie über Jen-
ny's Entſchluß dächten; wie Sie bei Jenny

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0379" n="371"/>
Eduard's Leiden zu vergrößern durch die Schil-<lb/>
derung des Jammers in ihrer Bru&#x017F;t; &#x017F;ie wollte<lb/>
ruhig werden, um ihn zu beruhigen; und das<lb/>
war der Brief, den &#x017F;ie endlich &#x017F;chrieb:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gott hat es mir auferlegt, daß ich mit<lb/>
den er&#x017F;ten Worten, die ich Ihnen &#x017F;chreibe, Ih-<lb/>
nen und mir den tief&#x017F;ten Schmerz bereite, den<lb/>
eine Men&#x017F;chenbru&#x017F;t empfinden kann. Er wird<lb/>
uns Kraft geben, ihn zu ertragen. Liebte<lb/>
ich Sie weniger, oder wäre ich nicht vollkom-<lb/>
men gewiß, es könne kein Zweifel an meiner<lb/>
Liebe Raum in Ihrer Seele finden, ich würde<lb/>
nicht den Muth haben, Ihnen zu &#x017F;agen, daß ich<lb/>
nicht die Ihre werden, daß die &#x017F;chön&#x017F;te Hoffnung<lb/>
meines Lebebens nicht erfüllt werden dürfe. Ach,<lb/>
lieber Eduard! als ich Jenny und Reinhard ver-<lb/>
bunden &#x017F;ah, da wagte ich mir zu ge&#x017F;tehen, daß<lb/>
ich ein ähnliches Glück begehrte und erhoffte,<lb/>
obgleich &#x017F;ie mich gelehrt, wie Sie über Jen-<lb/>
ny's Ent&#x017F;chluß dächten; wie Sie bei Jenny<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[371/0379] Eduard's Leiden zu vergrößern durch die Schil- derung des Jammers in ihrer Bruſt; ſie wollte ruhig werden, um ihn zu beruhigen; und das war der Brief, den ſie endlich ſchrieb: „Gott hat es mir auferlegt, daß ich mit den erſten Worten, die ich Ihnen ſchreibe, Ih- nen und mir den tiefſten Schmerz bereite, den eine Menſchenbruſt empfinden kann. Er wird uns Kraft geben, ihn zu ertragen. Liebte ich Sie weniger, oder wäre ich nicht vollkom- men gewiß, es könne kein Zweifel an meiner Liebe Raum in Ihrer Seele finden, ich würde nicht den Muth haben, Ihnen zu ſagen, daß ich nicht die Ihre werden, daß die ſchönſte Hoffnung meines Lebebens nicht erfüllt werden dürfe. Ach, lieber Eduard! als ich Jenny und Reinhard ver- bunden ſah, da wagte ich mir zu geſtehen, daß ich ein ähnliches Glück begehrte und erhoffte, obgleich ſie mich gelehrt, wie Sie über Jen- ny's Entſchluß dächten; wie Sie bei Jenny

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/379
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/379>, abgerufen am 24.11.2024.