Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

felhafte Aussicht hin die Ruhe, vielleicht das
Leben eines Mädchens zerstört, das zu edel
von Dir dachte, um zu glauben, Du würdest
leichtsinnig Hoffnungen in ihr erregen, die zu
erfüllen Dir unmöglich ist. Sage mir nicht,
Du hättest Clara Deine Liebe nicht gestanden.
Das sind Entschuldigungen, die kein ehrlicher
Mann sich machen darf. Sie kennt Deine
Liebe; sie erwidert sie; das wissen wir Alle,
Clara's Eltern vielleicht ausgenommen: -- daß
Du um Clara's Liebe geworben, und das hast
Du -- verzeih mir, mein Sohn, das ist eine
Unwürdigkeit, sobald Du entschlossen warst,
Jude zu bleiben.

Eduard fuhr auf, nahm sich aber zusam-
men und sagte ruhig: "Unwürdig wäre es
vielleicht gewesen, wenn ich nicht mit aller
Kraft gegen diese Neigung gerungen; wenn
ich sie nicht auf jede Weise vor Clara zu ver-
bergen gesucht und ihr selbst immer die Hin-

felhafte Ausſicht hin die Ruhe, vielleicht das
Leben eines Mädchens zerſtört, das zu edel
von Dir dachte, um zu glauben, Du würdeſt
leichtſinnig Hoffnungen in ihr erregen, die zu
erfüllen Dir unmöglich iſt. Sage mir nicht,
Du hätteſt Clara Deine Liebe nicht geſtanden.
Das ſind Entſchuldigungen, die kein ehrlicher
Mann ſich machen darf. Sie kennt Deine
Liebe; ſie erwidert ſie; das wiſſen wir Alle,
Clara's Eltern vielleicht ausgenommen: — daß
Du um Clara's Liebe geworben, und das haſt
Du — verzeih mir, mein Sohn, das iſt eine
Unwürdigkeit, ſobald Du entſchloſſen warſt,
Jude zu bleiben.

Eduard fuhr auf, nahm ſich aber zuſam-
men und ſagte ruhig: „Unwürdig wäre es
vielleicht geweſen, wenn ich nicht mit aller
Kraft gegen dieſe Neigung gerungen; wenn
ich ſie nicht auf jede Weiſe vor Clara zu ver-
bergen geſucht und ihr ſelbſt immer die Hin-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0359" n="351"/>
felhafte Aus&#x017F;icht hin die Ruhe, vielleicht das<lb/>
Leben eines Mädchens zer&#x017F;tört, das zu edel<lb/>
von Dir dachte, um zu glauben, Du würde&#x017F;t<lb/>
leicht&#x017F;innig Hoffnungen in ihr erregen, die zu<lb/>
erfüllen Dir unmöglich i&#x017F;t. Sage mir nicht,<lb/>
Du hätte&#x017F;t Clara Deine Liebe nicht ge&#x017F;tanden.<lb/>
Das &#x017F;ind Ent&#x017F;chuldigungen, die kein ehrlicher<lb/>
Mann &#x017F;ich machen darf. Sie kennt Deine<lb/>
Liebe; &#x017F;ie erwidert &#x017F;ie; das wi&#x017F;&#x017F;en wir Alle,<lb/>
Clara's Eltern vielleicht ausgenommen: &#x2014; daß<lb/>
Du um Clara's Liebe geworben, und das ha&#x017F;t<lb/>
Du &#x2014; verzeih mir, mein Sohn, das i&#x017F;t eine<lb/>
Unwürdigkeit, &#x017F;obald Du ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en war&#x017F;t,<lb/>
Jude zu bleiben.</p><lb/>
        <p>Eduard fuhr auf, nahm &#x017F;ich aber zu&#x017F;am-<lb/>
men und &#x017F;agte ruhig: &#x201E;Unwürdig wäre es<lb/>
vielleicht gewe&#x017F;en, wenn ich nicht mit aller<lb/>
Kraft gegen die&#x017F;e Neigung gerungen; wenn<lb/>
ich &#x017F;ie nicht auf jede Wei&#x017F;e vor Clara zu ver-<lb/>
bergen ge&#x017F;ucht und ihr &#x017F;elb&#x017F;t immer die Hin-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0359] felhafte Ausſicht hin die Ruhe, vielleicht das Leben eines Mädchens zerſtört, das zu edel von Dir dachte, um zu glauben, Du würdeſt leichtſinnig Hoffnungen in ihr erregen, die zu erfüllen Dir unmöglich iſt. Sage mir nicht, Du hätteſt Clara Deine Liebe nicht geſtanden. Das ſind Entſchuldigungen, die kein ehrlicher Mann ſich machen darf. Sie kennt Deine Liebe; ſie erwidert ſie; das wiſſen wir Alle, Clara's Eltern vielleicht ausgenommen: — daß Du um Clara's Liebe geworben, und das haſt Du — verzeih mir, mein Sohn, das iſt eine Unwürdigkeit, ſobald Du entſchloſſen warſt, Jude zu bleiben. Eduard fuhr auf, nahm ſich aber zuſam- men und ſagte ruhig: „Unwürdig wäre es vielleicht geweſen, wenn ich nicht mit aller Kraft gegen dieſe Neigung gerungen; wenn ich ſie nicht auf jede Weiſe vor Clara zu ver- bergen geſucht und ihr ſelbſt immer die Hin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/359
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/359>, abgerufen am 14.05.2024.