Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Stolz, den Sie in sich zu bekämpfen haben;
aber zu sehr ins Ideale müssen Sie sich nicht
verlieren. Sie haben mich zu Ihrem Vater
angenommen, lassen Sie mich auch Ihren Kö-
nig sein, der Ihnen ein Gehalt gibt, wie Ihre
Kenntnisse es verdienen."

Reinhard erkannte mit Achtung das Eh-
renwerthe in dem Betragen des alten Man-
nes und dankte ihm für die Zartheit, mit
welcher er ihn behandelte. Er fühlte, daß er
das Anerbieten annehmen müsse, so schwer es
ihm auch sei, und erklärte sich bereit dazu.

"Sie haben recht, mein theurer Vater",
sagte er, "aber es kostet mich das Opfer mei-
nes schönsten Glückes, des seligen Gefühles,
Jenny Alles zu sein, Gatte, Ernährer, Freund
und Beschützer!"

Da klopfte der Vater ihm auf die Schul-
ter und schalt ihn einen Schwärmer, der

Stolz, den Sie in ſich zu bekämpfen haben;
aber zu ſehr ins Ideale müſſen Sie ſich nicht
verlieren. Sie haben mich zu Ihrem Vater
angenommen, laſſen Sie mich auch Ihren Kö-
nig ſein, der Ihnen ein Gehalt gibt, wie Ihre
Kenntniſſe es verdienen.“

Reinhard erkannte mit Achtung das Eh-
renwerthe in dem Betragen des alten Man-
nes und dankte ihm für die Zartheit, mit
welcher er ihn behandelte. Er fühlte, daß er
das Anerbieten annehmen müſſe, ſo ſchwer es
ihm auch ſei, und erklärte ſich bereit dazu.

„Sie haben recht, mein theurer Vater“,
ſagte er, „aber es koſtet mich das Opfer mei-
nes ſchönſten Glückes, des ſeligen Gefühles,
Jenny Alles zu ſein, Gatte, Ernährer, Freund
und Beſchützer!“

Da klopfte der Vater ihm auf die Schul-
ter und ſchalt ihn einen Schwärmer, der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0352" n="344"/>
Stolz, den Sie in &#x017F;ich zu bekämpfen haben;<lb/>
aber zu &#x017F;ehr ins Ideale mü&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;ich nicht<lb/>
verlieren. Sie haben mich zu Ihrem Vater<lb/>
angenommen, la&#x017F;&#x017F;en Sie mich auch Ihren Kö-<lb/>
nig &#x017F;ein, der Ihnen ein Gehalt gibt, wie Ihre<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e es verdienen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Reinhard erkannte mit Achtung das Eh-<lb/>
renwerthe in dem Betragen des alten Man-<lb/>
nes und dankte ihm für die Zartheit, mit<lb/>
welcher er ihn behandelte. Er fühlte, daß er<lb/>
das Anerbieten annehmen mü&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;o &#x017F;chwer es<lb/>
ihm auch &#x017F;ei, und erklärte &#x017F;ich bereit dazu.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie haben recht, mein theurer Vater&#x201C;,<lb/>
&#x017F;agte er, &#x201E;aber es ko&#x017F;tet mich das Opfer mei-<lb/>
nes &#x017F;chön&#x017F;ten Glückes, des &#x017F;eligen Gefühles,<lb/>
Jenny Alles zu &#x017F;ein, Gatte, Ernährer, Freund<lb/>
und Be&#x017F;chützer!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Da klopfte der Vater ihm auf die Schul-<lb/>
ter und &#x017F;chalt ihn einen Schwärmer, der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0352] Stolz, den Sie in ſich zu bekämpfen haben; aber zu ſehr ins Ideale müſſen Sie ſich nicht verlieren. Sie haben mich zu Ihrem Vater angenommen, laſſen Sie mich auch Ihren Kö- nig ſein, der Ihnen ein Gehalt gibt, wie Ihre Kenntniſſe es verdienen.“ Reinhard erkannte mit Achtung das Eh- renwerthe in dem Betragen des alten Man- nes und dankte ihm für die Zartheit, mit welcher er ihn behandelte. Er fühlte, daß er das Anerbieten annehmen müſſe, ſo ſchwer es ihm auch ſei, und erklärte ſich bereit dazu. „Sie haben recht, mein theurer Vater“, ſagte er, „aber es koſtet mich das Opfer mei- nes ſchönſten Glückes, des ſeligen Gefühles, Jenny Alles zu ſein, Gatte, Ernährer, Freund und Beſchützer!“ Da klopfte der Vater ihm auf die Schul- ter und ſchalt ihn einen Schwärmer, der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/352
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/352>, abgerufen am 14.05.2024.