"Glücklicherweise!" murmelte die Mutter für sich, während Reinhard eben zu erzählen anfing, daß er im Gegentheil auf dem Punkte stehe, eine Stelle zu erhalten, die ihm, Alles zusammengerechnet, doch sechs bis siebenhundert Thaler bringen könne, und die nur den Einen Fehler habe, nahe der Grenze zu liegen, in einer wirklich etwas unwirthlichen Gegend; doch hoffe er, nur ein paar Jahre dort zu bleiben, und wolle sie bestimmt annehmen, weil man sie ihm biete.
"Und was sagt Jenny dazu?" fragte der Vater, nun ebenfalls gekränkt durch die rück- sichtslose Art, mit der Reinhard über seine Zukunft entschied, ohne an die Wünsche Jen- ny's oder ihrer Eltern zu denken.
"Nun ich muß ja meinem Manne folgen, wie es in der Bibel steht", sagte Jenny mit einer Stimme, die das Weinen verrieth, ob- gleich der Mund lächelte, "und vielleicht war-
„Glücklicherweiſe!“ murmelte die Mutter für ſich, während Reinhard eben zu erzählen anfing, daß er im Gegentheil auf dem Punkte ſtehe, eine Stelle zu erhalten, die ihm, Alles zuſammengerechnet, doch ſechs bis ſiebenhundert Thaler bringen könne, und die nur den Einen Fehler habe, nahe der Grenze zu liegen, in einer wirklich etwas unwirthlichen Gegend; doch hoffe er, nur ein paar Jahre dort zu bleiben, und wolle ſie beſtimmt annehmen, weil man ſie ihm biete.
„Und was ſagt Jenny dazu?“ fragte der Vater, nun ebenfalls gekränkt durch die rück- ſichtsloſe Art, mit der Reinhard über ſeine Zukunft entſchied, ohne an die Wünſche Jen- ny's oder ihrer Eltern zu denken.
„Nun ich muß ja meinem Manne folgen, wie es in der Bibel ſteht“, ſagte Jenny mit einer Stimme, die das Weinen verrieth, ob- gleich der Mund lächelte, „und vielleicht war-
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„Glücklicherweiſe!“ murmelte die Mutter
für ſich, während Reinhard eben zu erzählen
anfing, daß er im Gegentheil auf dem Punkte
ſtehe, eine Stelle zu erhalten, die ihm, Alles
zuſammengerechnet, doch ſechs bis ſiebenhundert
Thaler bringen könne, und die nur den Einen
Fehler habe, nahe der Grenze zu liegen, in
einer wirklich etwas unwirthlichen Gegend;
doch hoffe er, nur ein paar Jahre dort zu
bleiben, und wolle ſie beſtimmt annehmen, weil
man ſie ihm biete.
„Und was ſagt Jenny dazu?“ fragte der
Vater, nun ebenfalls gekränkt durch die rück-
ſichtsloſe Art, mit der Reinhard über ſeine
Zukunft entſchied, ohne an die Wünſche Jen-
ny's oder ihrer Eltern zu denken.
„Nun ich muß ja meinem Manne folgen,
wie es in der Bibel ſteht“, ſagte Jenny mit
einer Stimme, die das Weinen verrieth, ob-
gleich der Mund lächelte, „und vielleicht war-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/344>, abgerufen am 22.11.2024.
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