Planes erreicht, nicht so leicht davon abgehen würde, am wenigsten zu Eduard's Gunsten. Mitleid mit William, mit Eduard und sich selbst; Furcht vor den Leiden, denen sie noth- wendig durch ihre Liebe ausgesetzt war; und auch aufrichtige Betrübniß, dem Wunsche ihrer Eltern nicht folgen zu können, stürmten zu- sammen auf sie ein, und weinend legte sie William's Ring von sich, den die Commerzien- räthin ihr aufgezogen hatte.
"Recht so, liebe Tochter!" sagte die alte Dame, als sie es bemerkte, "auch ich finde es schicklicher, daß die Braut sich mit dem Ring ihres Verlobten erst dann schmücke, wenn er selbst ihn an ihre Hand steckt. Doch weine deshalb nicht. In wenigen Wochen kehrt Wil- liam hoffentlich zurück, und die ganze Stadt soll es dann wissen, wie glücklich Du bist und wie glücklich Du mich durch die Erfüllung meiner langgehegten Wünsche machst! Ich hatte
Planes erreicht, nicht ſo leicht davon abgehen würde, am wenigſten zu Eduard's Gunſten. Mitleid mit William, mit Eduard und ſich ſelbſt; Furcht vor den Leiden, denen ſie noth- wendig durch ihre Liebe ausgeſetzt war; und auch aufrichtige Betrübniß, dem Wunſche ihrer Eltern nicht folgen zu können, ſtürmten zu- ſammen auf ſie ein, und weinend legte ſie William's Ring von ſich, den die Commerzien- räthin ihr aufgezogen hatte.
„Recht ſo, liebe Tochter!“ ſagte die alte Dame, als ſie es bemerkte, „auch ich finde es ſchicklicher, daß die Braut ſich mit dem Ring ihres Verlobten erſt dann ſchmücke, wenn er ſelbſt ihn an ihre Hand ſteckt. Doch weine deshalb nicht. In wenigen Wochen kehrt Wil- liam hoffentlich zurück, und die ganze Stadt ſoll es dann wiſſen, wie glücklich Du biſt und wie glücklich Du mich durch die Erfüllung meiner langgehegten Wünſche machſt! Ich hatte
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Planes erreicht, nicht ſo leicht davon abgehen
würde, am wenigſten zu Eduard's Gunſten.
Mitleid mit William, mit Eduard und ſich
ſelbſt; Furcht vor den Leiden, denen ſie noth-
wendig durch ihre Liebe ausgeſetzt war; und
auch aufrichtige Betrübniß, dem Wunſche ihrer
Eltern nicht folgen zu können, ſtürmten zu-
ſammen auf ſie ein, und weinend legte ſie
William's Ring von ſich, den die Commerzien-
räthin ihr aufgezogen hatte.
„Recht ſo, liebe Tochter!“ ſagte die alte
Dame, als ſie es bemerkte, „auch ich finde es
ſchicklicher, daß die Braut ſich mit dem Ring
ihres Verlobten erſt dann ſchmücke, wenn er
ſelbſt ihn an ihre Hand ſteckt. Doch weine
deshalb nicht. In wenigen Wochen kehrt Wil-
liam hoffentlich zurück, und die ganze Stadt
ſoll es dann wiſſen, wie glücklich Du biſt und
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/307>, abgerufen am 25.11.2024.
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