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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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nähern Umgang zu befördern, eine Billigung
ihrer Gefühle gesehen und sich dankbar dafür
mit einer Zärtlichkeit an William angeschlossen,
die ihr Bruder ihr einzuflößen niemals weder
gestrebt, noch vermocht. Sie begriff es nicht,
wie der Vetter dies Wohlwollen für Liebe
nehmen könne, da sie wußte, wie himmelweit
es von dem Gefühle verschieden sei, das sie
für Eduard empfand; und doch quälte sie der
Gedanke, William, der vertrauende, großmü-
thige Mann, könne sie unwürdiger Koketterie,
eines leichtsinnigen Spiels mit seinem Herzen be-
schuldigen. Es that ihr unaussprechlich leid, daß
sie ihn, wenn auch ganz absichtslos, getäuscht,
und sie bedauerte von Herzen, ihn nicht mehr
gesprochen zu haben, um es zu verhindern,
daß er Hoffnungen nähre, die sie unmöglich
erfüllen könne. Aber nicht Das allein war es,
was sie beunruhigte. Sie wußte, daß ihre
Mutter, nun sie endlich das Gelingen ihres

nähern Umgang zu befördern, eine Billigung
ihrer Gefühle geſehen und ſich dankbar dafür
mit einer Zärtlichkeit an William angeſchloſſen,
die ihr Bruder ihr einzuflößen niemals weder
geſtrebt, noch vermocht. Sie begriff es nicht,
wie der Vetter dies Wohlwollen für Liebe
nehmen könne, da ſie wußte, wie himmelweit
es von dem Gefühle verſchieden ſei, das ſie
für Eduard empfand; und doch quälte ſie der
Gedanke, William, der vertrauende, großmü-
thige Mann, könne ſie unwürdiger Koketterie,
eines leichtſinnigen Spiels mit ſeinem Herzen be-
ſchuldigen. Es that ihr unausſprechlich leid, daß
ſie ihn, wenn auch ganz abſichtslos, getäuſcht,
und ſie bedauerte von Herzen, ihn nicht mehr
geſprochen zu haben, um es zu verhindern,
daß er Hoffnungen nähre, die ſie unmöglich
erfüllen könne. Aber nicht Das allein war es,
was ſie beunruhigte. Sie wußte, daß ihre
Mutter, nun ſie endlich das Gelingen ihres

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[294/0306] nähern Umgang zu befördern, eine Billigung ihrer Gefühle geſehen und ſich dankbar dafür mit einer Zärtlichkeit an William angeſchloſſen, die ihr Bruder ihr einzuflößen niemals weder geſtrebt, noch vermocht. Sie begriff es nicht, wie der Vetter dies Wohlwollen für Liebe nehmen könne, da ſie wußte, wie himmelweit es von dem Gefühle verſchieden ſei, das ſie für Eduard empfand; und doch quälte ſie der Gedanke, William, der vertrauende, großmü- thige Mann, könne ſie unwürdiger Koketterie, eines leichtſinnigen Spiels mit ſeinem Herzen be- ſchuldigen. Es that ihr unausſprechlich leid, daß ſie ihn, wenn auch ganz abſichtslos, getäuſcht, und ſie bedauerte von Herzen, ihn nicht mehr geſprochen zu haben, um es zu verhindern, daß er Hoffnungen nähre, die ſie unmöglich erfüllen könne. Aber nicht Das allein war es, was ſie beunruhigte. Sie wußte, daß ihre Mutter, nun ſie endlich das Gelingen ihres

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/306>, abgerufen am 22.11.2024.