nähern Umgang zu befördern, eine Billigung ihrer Gefühle gesehen und sich dankbar dafür mit einer Zärtlichkeit an William angeschlossen, die ihr Bruder ihr einzuflößen niemals weder gestrebt, noch vermocht. Sie begriff es nicht, wie der Vetter dies Wohlwollen für Liebe nehmen könne, da sie wußte, wie himmelweit es von dem Gefühle verschieden sei, das sie für Eduard empfand; und doch quälte sie der Gedanke, William, der vertrauende, großmü- thige Mann, könne sie unwürdiger Koketterie, eines leichtsinnigen Spiels mit seinem Herzen be- schuldigen. Es that ihr unaussprechlich leid, daß sie ihn, wenn auch ganz absichtslos, getäuscht, und sie bedauerte von Herzen, ihn nicht mehr gesprochen zu haben, um es zu verhindern, daß er Hoffnungen nähre, die sie unmöglich erfüllen könne. Aber nicht Das allein war es, was sie beunruhigte. Sie wußte, daß ihre Mutter, nun sie endlich das Gelingen ihres
nähern Umgang zu befördern, eine Billigung ihrer Gefühle geſehen und ſich dankbar dafür mit einer Zärtlichkeit an William angeſchloſſen, die ihr Bruder ihr einzuflößen niemals weder geſtrebt, noch vermocht. Sie begriff es nicht, wie der Vetter dies Wohlwollen für Liebe nehmen könne, da ſie wußte, wie himmelweit es von dem Gefühle verſchieden ſei, das ſie für Eduard empfand; und doch quälte ſie der Gedanke, William, der vertrauende, großmü- thige Mann, könne ſie unwürdiger Koketterie, eines leichtſinnigen Spiels mit ſeinem Herzen be- ſchuldigen. Es that ihr unausſprechlich leid, daß ſie ihn, wenn auch ganz abſichtslos, getäuſcht, und ſie bedauerte von Herzen, ihn nicht mehr geſprochen zu haben, um es zu verhindern, daß er Hoffnungen nähre, die ſie unmöglich erfüllen könne. Aber nicht Das allein war es, was ſie beunruhigte. Sie wußte, daß ihre Mutter, nun ſie endlich das Gelingen ihres
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0306"n="294"/>
nähern Umgang zu befördern, eine Billigung<lb/>
ihrer Gefühle geſehen und ſich dankbar dafür<lb/>
mit einer Zärtlichkeit an William angeſchloſſen,<lb/>
die ihr Bruder ihr einzuflößen niemals weder<lb/>
geſtrebt, noch vermocht. Sie begriff es nicht,<lb/>
wie der Vetter dies Wohlwollen für Liebe<lb/>
nehmen könne, da ſie wußte, wie himmelweit<lb/>
es von dem Gefühle verſchieden ſei, das ſie<lb/>
für Eduard empfand; und doch quälte ſie der<lb/>
Gedanke, William, der vertrauende, großmü-<lb/>
thige Mann, könne ſie unwürdiger Koketterie,<lb/>
eines leichtſinnigen Spiels mit ſeinem Herzen be-<lb/>ſchuldigen. Es that ihr unausſprechlich leid, daß<lb/>ſie ihn, wenn auch ganz abſichtslos, getäuſcht,<lb/>
und ſie bedauerte von Herzen, ihn nicht mehr<lb/>
geſprochen zu haben, um es zu verhindern,<lb/>
daß er Hoffnungen nähre, die ſie unmöglich<lb/>
erfüllen könne. Aber nicht Das allein war es,<lb/>
was ſie beunruhigte. Sie wußte, daß ihre<lb/>
Mutter, nun ſie endlich das Gelingen ihres<lb/></p></div></body></text></TEI>
[294/0306]
nähern Umgang zu befördern, eine Billigung
ihrer Gefühle geſehen und ſich dankbar dafür
mit einer Zärtlichkeit an William angeſchloſſen,
die ihr Bruder ihr einzuflößen niemals weder
geſtrebt, noch vermocht. Sie begriff es nicht,
wie der Vetter dies Wohlwollen für Liebe
nehmen könne, da ſie wußte, wie himmelweit
es von dem Gefühle verſchieden ſei, das ſie
für Eduard empfand; und doch quälte ſie der
Gedanke, William, der vertrauende, großmü-
thige Mann, könne ſie unwürdiger Koketterie,
eines leichtſinnigen Spiels mit ſeinem Herzen be-
ſchuldigen. Es that ihr unausſprechlich leid, daß
ſie ihn, wenn auch ganz abſichtslos, getäuſcht,
und ſie bedauerte von Herzen, ihn nicht mehr
geſprochen zu haben, um es zu verhindern,
daß er Hoffnungen nähre, die ſie unmöglich
erfüllen könne. Aber nicht Das allein war es,
was ſie beunruhigte. Sie wußte, daß ihre
Mutter, nun ſie endlich das Gelingen ihres
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/306>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.