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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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thume, aber er tauft seine Juden, er über-
setzt sie ins Düsseldorf'sche, und nun sitzen
die deutschen Mamsellen und sehen, so hübsch
sie sind, doch nur aus, wie Düsseldorfer Gärt-
ner, denen die Raupen den Kohl aufgefressen
haben."

Hughes lachte --

"Was ist da zu lachen?" fragte Erlau, der
ganz ernsthaft wurde, sobald es die Kunst
galt, die er heilig hielt. "Gestehen Sie, es
ist, wie ich sage. Ist schon irgend ein Mensch
so thöricht gewesen, sich blonde, deutsche Mo-
delle zu nehmen, wenn er neapolitanische Fi-
scher malen wollte? Das thut Niemand.
Würde nicht alle Welt lachen, es abgeschmackt
finden, wenn man Zigeuner mit der Physio-
gnomie eines phlegmatischen Holländers malte?
-- oder Parias mit goldblonden Locken und
einer Lilienhaut? Auch dem Paria muß sein
Recht werden, sonst laßt ihn lieber ungemalt


thume, aber er tauft ſeine Juden, er über-
ſetzt ſie ins Düſſeldorf'ſche, und nun ſitzen
die deutſchen Mamſellen und ſehen, ſo hübſch
ſie ſind, doch nur aus, wie Düſſeldorfer Gärt-
ner, denen die Raupen den Kohl aufgefreſſen
haben.“

Hughes lachte —

„Was iſt da zu lachen?“ fragte Erlau, der
ganz ernſthaft wurde, ſobald es die Kunſt
galt, die er heilig hielt. „Geſtehen Sie, es
iſt, wie ich ſage. Iſt ſchon irgend ein Menſch
ſo thöricht geweſen, ſich blonde, deutſche Mo-
delle zu nehmen, wenn er neapolitaniſche Fi-
ſcher malen wollte? Das thut Niemand.
Würde nicht alle Welt lachen, es abgeſchmackt
finden, wenn man Zigeuner mit der Phyſio-
gnomie eines phlegmatiſchen Holländers malte?
— oder Parias mit goldblonden Locken und
einer Lilienhaut? Auch dem Paria muß ſein
Recht werden, ſonſt laßt ihn lieber ungemalt

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[259/0271] thume, aber er tauft ſeine Juden, er über- ſetzt ſie ins Düſſeldorf'ſche, und nun ſitzen die deutſchen Mamſellen und ſehen, ſo hübſch ſie ſind, doch nur aus, wie Düſſeldorfer Gärt- ner, denen die Raupen den Kohl aufgefreſſen haben.“ Hughes lachte — „Was iſt da zu lachen?“ fragte Erlau, der ganz ernſthaft wurde, ſobald es die Kunſt galt, die er heilig hielt. „Geſtehen Sie, es iſt, wie ich ſage. Iſt ſchon irgend ein Menſch ſo thöricht geweſen, ſich blonde, deutſche Mo- delle zu nehmen, wenn er neapolitaniſche Fi- ſcher malen wollte? Das thut Niemand. Würde nicht alle Welt lachen, es abgeſchmackt finden, wenn man Zigeuner mit der Phyſio- gnomie eines phlegmatiſchen Holländers malte? — oder Parias mit goldblonden Locken und einer Lilienhaut? Auch dem Paria muß ſein Recht werden, ſonſt laßt ihn lieber ungemalt

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/271>, abgerufen am 24.11.2024.