Eduard und Joseph das Thema nochmals auf- nahmen, als er ruhiger zu werden schien. Sie erinnerten ihn an die vortheilhafte Meinung, die er selbst stets von Reinhard gehegt, sie warfen ihm vor, einer Art von Hochmuth mehr Gehör zu geben als seinem Herzen. Jo- seph schilderte die Scene, die er einst mit Jenny erlebt, als er ihr abgerathen, zum Christenthume überzutreten; er versicherte, Jen- ny's Hand nie annehmen zu wollen, wenn sie nicht zugleich ihr ungetheiltes Herz ihm geben könnte, und Beide schlossen in der Ueberzeu- gung, daß Jenny nicht von Reinhard lassen, daß man eine so innige Neigung nicht ohne entschiedene Gründe trennen dürfe, und daß dem Vater daher nichts übrig bleibe, als seine Zustimmung zu geben.
"Das ist es eben, was mich ärgert!" sagte, schon heiterer geworden, der Vater. "Ich habe keinen recht vernünftigen Grund, meine Ein-
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Eduard und Joſeph das Thema nochmals auf- nahmen, als er ruhiger zu werden ſchien. Sie erinnerten ihn an die vortheilhafte Meinung, die er ſelbſt ſtets von Reinhard gehegt, ſie warfen ihm vor, einer Art von Hochmuth mehr Gehör zu geben als ſeinem Herzen. Jo- ſeph ſchilderte die Scene, die er einſt mit Jenny erlebt, als er ihr abgerathen, zum Chriſtenthume überzutreten; er verſicherte, Jen- ny's Hand nie annehmen zu wollen, wenn ſie nicht zugleich ihr ungetheiltes Herz ihm geben könnte, und Beide ſchloſſen in der Ueberzeu- gung, daß Jenny nicht von Reinhard laſſen, daß man eine ſo innige Neigung nicht ohne entſchiedene Gründe trennen dürfe, und daß dem Vater daher nichts übrig bleibe, als ſeine Zuſtimmung zu geben.
„Das iſt es eben, was mich ärgert!“ ſagte, ſchon heiterer geworden, der Vater. „Ich habe keinen recht vernünftigen Grund, meine Ein-
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Eduard und Joſeph das Thema nochmals auf-
nahmen, als er ruhiger zu werden ſchien. Sie
erinnerten ihn an die vortheilhafte Meinung,
die er ſelbſt ſtets von Reinhard gehegt, ſie
warfen ihm vor, einer Art von Hochmuth
mehr Gehör zu geben als ſeinem Herzen. Jo-
ſeph ſchilderte die Scene, die er einſt mit
Jenny erlebt, als er ihr abgerathen, zum
Chriſtenthume überzutreten; er verſicherte, Jen-
ny's Hand nie annehmen zu wollen, wenn ſie
nicht zugleich ihr ungetheiltes Herz ihm geben
könnte, und Beide ſchloſſen in der Ueberzeu-
gung, daß Jenny nicht von Reinhard laſſen,
daß man eine ſo innige Neigung nicht ohne
entſchiedene Gründe trennen dürfe, und daß
dem Vater daher nichts übrig bleibe, als ſeine
Zuſtimmung zu geben.
„Das iſt es eben, was mich ärgert!“ ſagte,
ſchon heiterer geworden, der Vater. „Ich habe
keinen recht vernünftigen Grund, meine Ein-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/253>, abgerufen am 22.11.2024.
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