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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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reiten können. Beide erglühten vor Lust, als
ihre Blicke sich begegneten. Die Verabredung
wurde für den nächsten Morgen getroffen, und
Eduard eilte nach Hause, um seine Eltern da-
von in Kenntniß zu setzen.

Auch Reinhard war, als er sich von Joseph
trennte, nach seiner Wohnung gegangen, und
so stürmisch in das friedliche Zimmer der Pfar-
rerin getreten, daß diese, Brille und Strickzeug
bei Seite legend, verwundert zu dem Sohne
empor sah, an dem sie dergleichen Ausbrüche
in ihrer Nähe, die er wie geheiligten Boden
ehrte, nicht gewöhnt war.

"Was ist geschehen, Gustav? sprich!" fragte
sie endlich, als Reinhard, der offenbar keinen
Anfang zu dieser Unterhaltung zu machen ver-
mochte, sich schweigend neben sie auf das Sopha
warf, und tief aufathmend sein Gesicht in den
Händen barg. "Was ist geschehen? Um Got-
teswillen!" fragte die Mutter nochmals.

reiten können. Beide erglühten vor Luſt, als
ihre Blicke ſich begegneten. Die Verabredung
wurde für den nächſten Morgen getroffen, und
Eduard eilte nach Hauſe, um ſeine Eltern da-
von in Kenntniß zu ſetzen.

Auch Reinhard war, als er ſich von Joſeph
trennte, nach ſeiner Wohnung gegangen, und
ſo ſtürmiſch in das friedliche Zimmer der Pfar-
rerin getreten, daß dieſe, Brille und Strickzeug
bei Seite legend, verwundert zu dem Sohne
empor ſah, an dem ſie dergleichen Ausbrüche
in ihrer Nähe, die er wie geheiligten Boden
ehrte, nicht gewöhnt war.

„Was iſt geſchehen, Guſtav? ſprich!“ fragte
ſie endlich, als Reinhard, der offenbar keinen
Anfang zu dieſer Unterhaltung zu machen ver-
mochte, ſich ſchweigend neben ſie auf das Sopha
warf, und tief aufathmend ſein Geſicht in den
Händen barg. „Was iſt geſchehen? Um Got-
teswillen!“ fragte die Mutter nochmals.

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[173/0185] reiten können. Beide erglühten vor Luſt, als ihre Blicke ſich begegneten. Die Verabredung wurde für den nächſten Morgen getroffen, und Eduard eilte nach Hauſe, um ſeine Eltern da- von in Kenntniß zu ſetzen. Auch Reinhard war, als er ſich von Joſeph trennte, nach ſeiner Wohnung gegangen, und ſo ſtürmiſch in das friedliche Zimmer der Pfar- rerin getreten, daß dieſe, Brille und Strickzeug bei Seite legend, verwundert zu dem Sohne empor ſah, an dem ſie dergleichen Ausbrüche in ihrer Nähe, die er wie geheiligten Boden ehrte, nicht gewöhnt war. „Was iſt geſchehen, Guſtav? ſprich!“ fragte ſie endlich, als Reinhard, der offenbar keinen Anfang zu dieſer Unterhaltung zu machen ver- mochte, ſich ſchweigend neben ſie auf das Sopha warf, und tief aufathmend ſein Geſicht in den Händen barg. „Was iſt geſchehen? Um Got- teswillen!“ fragte die Mutter nochmals.

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/185>, abgerufen am 25.11.2024.