pfunden, und Jenny, deren ganze Seele gerade jetzt in der furchtbarsten Unruhe befangen war, fühlte sich dadurch in ihrer Ansicht bestärkt, und fing an, auch die Eltern allmälig auf ihre Wünsche vorzubereiten. Diese nahmen es an- fänglich leicht. Sie hielten es für eine jener enthusiastischen Aufwallungen, die sie an ihrer Tochter gewohnt waren, und mit denen sie sich ebenso gut für das Christenthum und einen allgemeinen Kreuzzug, als für das Judenthum und die Begründung eines neuen jüdischen Reiches, begeistern konnte. Nur Joseph faßte es anders auf. Er kannte die Triebfedern, die hier im Spiele waren, und ein doppeltes In- teresse flößte ihm den Wunsch ein, die Ausfüh- rung oder das Ausbilden dieses Gedankens bei Jenny zu verhindern, weshalb er jede Gelegen- heit ergriff, mit ihr darüber zu sprechen.
Eines Tages, als man vom Mittagstische aufgestanden war, Eduard sich entfernt, und
pfunden, und Jenny, deren ganze Seele gerade jetzt in der furchtbarſten Unruhe befangen war, fühlte ſich dadurch in ihrer Anſicht beſtärkt, und fing an, auch die Eltern allmälig auf ihre Wünſche vorzubereiten. Dieſe nahmen es an- fänglich leicht. Sie hielten es für eine jener enthuſiaſtiſchen Aufwallungen, die ſie an ihrer Tochter gewohnt waren, und mit denen ſie ſich ebenſo gut für das Chriſtenthum und einen allgemeinen Kreuzzug, als für das Judenthum und die Begründung eines neuen jüdiſchen Reiches, begeiſtern konnte. Nur Joſeph faßte es anders auf. Er kannte die Triebfedern, die hier im Spiele waren, und ein doppeltes In- tereſſe flößte ihm den Wunſch ein, die Ausfüh- rung oder das Ausbilden dieſes Gedankens bei Jenny zu verhindern, weshalb er jede Gelegen- heit ergriff, mit ihr darüber zu ſprechen.
Eines Tages, als man vom Mittagstiſche aufgeſtanden war, Eduard ſich entfernt, und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0172"n="160"/>
pfunden, und Jenny, deren ganze Seele gerade<lb/>
jetzt in der furchtbarſten Unruhe befangen war,<lb/>
fühlte ſich dadurch in ihrer Anſicht beſtärkt,<lb/>
und fing an, auch die Eltern allmälig auf ihre<lb/>
Wünſche vorzubereiten. Dieſe nahmen es an-<lb/>
fänglich leicht. Sie hielten es für eine jener<lb/>
enthuſiaſtiſchen Aufwallungen, die ſie an ihrer<lb/>
Tochter gewohnt waren, und mit denen ſie ſich<lb/>
ebenſo gut für das Chriſtenthum und einen<lb/>
allgemeinen Kreuzzug, als für das Judenthum<lb/>
und die Begründung eines neuen jüdiſchen<lb/>
Reiches, begeiſtern konnte. Nur Joſeph faßte<lb/>
es anders auf. Er kannte die Triebfedern, die<lb/>
hier im Spiele waren, und ein doppeltes In-<lb/>
tereſſe flößte ihm den Wunſch ein, die Ausfüh-<lb/>
rung oder das Ausbilden dieſes Gedankens bei<lb/>
Jenny zu verhindern, weshalb er jede Gelegen-<lb/>
heit ergriff, mit ihr darüber zu ſprechen.</p><lb/><p>Eines Tages, als man vom Mittagstiſche<lb/>
aufgeſtanden war, Eduard ſich entfernt, und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[160/0172]
pfunden, und Jenny, deren ganze Seele gerade
jetzt in der furchtbarſten Unruhe befangen war,
fühlte ſich dadurch in ihrer Anſicht beſtärkt,
und fing an, auch die Eltern allmälig auf ihre
Wünſche vorzubereiten. Dieſe nahmen es an-
fänglich leicht. Sie hielten es für eine jener
enthuſiaſtiſchen Aufwallungen, die ſie an ihrer
Tochter gewohnt waren, und mit denen ſie ſich
ebenſo gut für das Chriſtenthum und einen
allgemeinen Kreuzzug, als für das Judenthum
und die Begründung eines neuen jüdiſchen
Reiches, begeiſtern konnte. Nur Joſeph faßte
es anders auf. Er kannte die Triebfedern, die
hier im Spiele waren, und ein doppeltes In-
tereſſe flößte ihm den Wunſch ein, die Ausfüh-
rung oder das Ausbilden dieſes Gedankens bei
Jenny zu verhindern, weshalb er jede Gelegen-
heit ergriff, mit ihr darüber zu ſprechen.
Eines Tages, als man vom Mittagstiſche
aufgeſtanden war, Eduard ſich entfernt, und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/172>, abgerufen am 05.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.