und wenn dann plötzlich die Frage in ihm her- vortrat, was die Zukunft ihm bringen werde, was das Ende von allen diesen Verhältnissen sein könne? dann zog sich eine düstre Wolke auf seiner Stirne zusammen, er sagte sich, daß er schlecht, daß er unredlich handle, er rief es sich zurück, wie fest der Entschluß, Clara zu meiden, einst in ihm gewesen sei, und fand nicht Friede, nicht Ruhe, bis er in Clara's Nähe Alles vergaß, außer seiner Liebe.
Da er den ganzen Tag beschäftigt und Abends häufig im Hornschen Hause war, an- derer Einladungen nicht zu gedenken, an denen es dem beliebten Arzte nicht fehlte, mußte er natürlich in seinem elterlichen Hause seltener werden, obgleich er das Mittagsmahl regel- mäßig mit den Seinen einnahm, und oft ängst- lich nach Muße strebte, um sie den Eltern zu widmen. Die nächste Folge davon war, daß Jenny aus Mißmuth, wie sie sagte, sich an
und wenn dann plötzlich die Frage in ihm her- vortrat, was die Zukunft ihm bringen werde, was das Ende von allen dieſen Verhältniſſen ſein könne? dann zog ſich eine düſtre Wolke auf ſeiner Stirne zuſammen, er ſagte ſich, daß er ſchlecht, daß er unredlich handle, er rief es ſich zurück, wie feſt der Entſchluß, Clara zu meiden, einſt in ihm geweſen ſei, und fand nicht Friede, nicht Ruhe, bis er in Clara's Nähe Alles vergaß, außer ſeiner Liebe.
Da er den ganzen Tag beſchäftigt und Abends häufig im Hornſchen Hauſe war, an- derer Einladungen nicht zu gedenken, an denen es dem beliebten Arzte nicht fehlte, mußte er natürlich in ſeinem elterlichen Hauſe ſeltener werden, obgleich er das Mittagsmahl regel- mäßig mit den Seinen einnahm, und oft ängſt- lich nach Muße ſtrebte, um ſie den Eltern zu widmen. Die nächſte Folge davon war, daß Jenny aus Mißmuth, wie ſie ſagte, ſich an
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0169"n="157"/>
und wenn dann plötzlich die Frage in ihm her-<lb/>
vortrat, was die Zukunft ihm bringen werde,<lb/>
was das Ende von allen dieſen Verhältniſſen<lb/>ſein könne? dann zog ſich eine düſtre Wolke<lb/>
auf ſeiner Stirne zuſammen, er ſagte ſich, daß<lb/>
er ſchlecht, daß er unredlich handle, er rief es<lb/>ſich zurück, wie feſt der Entſchluß, Clara zu<lb/>
meiden, einſt in ihm geweſen ſei, und fand<lb/>
nicht Friede, nicht Ruhe, bis er in Clara's<lb/>
Nähe Alles vergaß, außer ſeiner Liebe.</p><lb/><p>Da er den ganzen Tag beſchäftigt und<lb/>
Abends häufig im Hornſchen Hauſe war, an-<lb/>
derer Einladungen nicht zu gedenken, an denen<lb/>
es dem beliebten Arzte nicht fehlte, mußte er<lb/>
natürlich in ſeinem elterlichen Hauſe ſeltener<lb/>
werden, obgleich er das Mittagsmahl regel-<lb/>
mäßig mit den Seinen einnahm, und oft ängſt-<lb/>
lich nach Muße ſtrebte, um ſie den Eltern zu<lb/>
widmen. Die nächſte Folge davon war, daß<lb/>
Jenny aus Mißmuth, wie ſie ſagte, ſich an<lb/></p></div></body></text></TEI>
[157/0169]
und wenn dann plötzlich die Frage in ihm her-
vortrat, was die Zukunft ihm bringen werde,
was das Ende von allen dieſen Verhältniſſen
ſein könne? dann zog ſich eine düſtre Wolke
auf ſeiner Stirne zuſammen, er ſagte ſich, daß
er ſchlecht, daß er unredlich handle, er rief es
ſich zurück, wie feſt der Entſchluß, Clara zu
meiden, einſt in ihm geweſen ſei, und fand
nicht Friede, nicht Ruhe, bis er in Clara's
Nähe Alles vergaß, außer ſeiner Liebe.
Da er den ganzen Tag beſchäftigt und
Abends häufig im Hornſchen Hauſe war, an-
derer Einladungen nicht zu gedenken, an denen
es dem beliebten Arzte nicht fehlte, mußte er
natürlich in ſeinem elterlichen Hauſe ſeltener
werden, obgleich er das Mittagsmahl regel-
mäßig mit den Seinen einnahm, und oft ängſt-
lich nach Muße ſtrebte, um ſie den Eltern zu
widmen. Die nächſte Folge davon war, daß
Jenny aus Mißmuth, wie ſie ſagte, ſich an
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/169>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.