Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.als ich Dich wiedersah, nach den langen Jahren der Trennung, da war's mir, als leuchte mir wieder der helle Tag meiner glücklichen Jugend! Da wußte ich, was ich so lange entbehrt, und was ich einst besessen! Da fühlte ich, daß ich Dich niemals hätte lassen dürfen, daß ich Dich suchen, Dich wiedergewinnen müsse!" Er schien eine Antwort erwartet zu haben; als Adele aber die Augen mit der Hand verdeckend, bei ihrem Stillschweigen beharrte, fuhr er mit wachsender Erregung zu sprechen fort. "Höre mich!" sagte er. "Du hast sie gesehen, Adele, diese Frau, neben deren trockenem Verstande ich verschmachte! Du hast das eisige Lächeln gesehen, das jeden Aufschwung meines Geistes lähmte. Ich bekenne Dir, was Keiner je von mir vernommen: ich bin nicht mehr ich selbst! Von Dir erwarte ich -- -- von Dir erwarte ich die Rückkehr meiner Jugend!" Adele hatte ihm die Hand entzogen, die er als ich Dich wiedersah, nach den langen Jahren der Trennung, da war’s mir, als leuchte mir wieder der helle Tag meiner glücklichen Jugend! Da wußte ich, was ich so lange entbehrt, und was ich einst besessen! Da fühlte ich, daß ich Dich niemals hätte lassen dürfen, daß ich Dich suchen, Dich wiedergewinnen müsse!” Er schien eine Antwort erwartet zu haben; als Adele aber die Augen mit der Hand verdeckend, bei ihrem Stillschweigen beharrte, fuhr er mit wachsender Erregung zu sprechen fort. “Höre mich!” sagte er. “Du hast sie gesehen, Adele, diese Frau, neben deren trockenem Verstande ich verschmachte! Du hast das eisige Lächeln gesehen, das jeden Aufschwung meines Geistes lähmte. Ich bekenne Dir, was Keiner je von mir vernommen: ich bin nicht mehr ich selbst! Von Dir erwarte ich — — von Dir erwarte ich die Rückkehr meiner Jugend!” Adele hatte ihm die Hand entzogen, die er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0233" n="223"/> als ich Dich wiedersah, nach den langen Jahren der Trennung, da war’s mir, als leuchte mir wieder der helle Tag meiner glücklichen Jugend! Da wußte ich, was ich so lange entbehrt, und was ich einst besessen! Da fühlte ich, daß ich Dich niemals hätte lassen dürfen, daß ich Dich suchen, Dich wiedergewinnen müsse!”</p> <p> Er schien eine Antwort erwartet zu haben; als Adele aber die Augen mit der Hand verdeckend, bei ihrem Stillschweigen beharrte, fuhr er mit wachsender Erregung zu sprechen fort. “Höre mich!” sagte er. “Du hast sie gesehen, Adele, diese Frau, neben deren trockenem Verstande ich verschmachte! Du hast das eisige Lächeln gesehen, das jeden Aufschwung meines Geistes lähmte. Ich bekenne Dir, was Keiner je von mir vernommen: ich bin nicht mehr ich selbst! Von Dir erwarte ich — — von Dir erwarte ich die Rückkehr meiner Jugend!”</p> <p> Adele hatte ihm die Hand entzogen, die er </p> </div> </body> </text> </TEI> [223/0233]
als ich Dich wiedersah, nach den langen Jahren der Trennung, da war’s mir, als leuchte mir wieder der helle Tag meiner glücklichen Jugend! Da wußte ich, was ich so lange entbehrt, und was ich einst besessen! Da fühlte ich, daß ich Dich niemals hätte lassen dürfen, daß ich Dich suchen, Dich wiedergewinnen müsse!”
Er schien eine Antwort erwartet zu haben; als Adele aber die Augen mit der Hand verdeckend, bei ihrem Stillschweigen beharrte, fuhr er mit wachsender Erregung zu sprechen fort. “Höre mich!” sagte er. “Du hast sie gesehen, Adele, diese Frau, neben deren trockenem Verstande ich verschmachte! Du hast das eisige Lächeln gesehen, das jeden Aufschwung meines Geistes lähmte. Ich bekenne Dir, was Keiner je von mir vernommen: ich bin nicht mehr ich selbst! Von Dir erwarte ich — — von Dir erwarte ich die Rückkehr meiner Jugend!”
Adele hatte ihm die Hand entzogen, die er
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