[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.Erzbisch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers. Freiherrn zu Sundby, Lorenz Flemmingen, bestätigte er zum ersten Gou-1561verneur, Clas Christerson zum obersten Feldmarschal, Erich Hakenson zum Schlosvogt zu Revel, und Johan von Geldern zum Superintendenten der Stadt. Doch der Gouverneur starb am 27sten Febr. bald nach seiner Ankunft; so giengen auch in der Fischermaye etliche 1000 Schweden an einer ansteckenden Seuche darauf, die aber nicht unter die Bürger kam, woraus der gemeine Man den Schweden wenig Glück in Estland prophezeiete. Da es Schweden so leicht geworden, Estland unter sich zu bekommen, Die werden, als habe er gegen den Eid gehandelt, und derselbige wäre in Harrien, Wir- land und Jerwen ein besitzlicher oder unbesitzlicher Edelman, der schildbar ist; so wird der Verklagte nicht mit Gefängnis beschweret, sondern gerichtlich citiret; erschei- net er nicht, so wird ihm nachgestellet, und er in ein ritterlich Handgelübde und in adliche Bestrickung gebracht, bis zur Eröterung der Sache. Jst er der That überwiesen; so wird ein solcher durch den königlichen Stathalter mit Hülfe, Rath und Beistand der gemeinen Ritterschaft und gemeiner Lande ohne alle Gnade gestraft. o) Der Herzog Christoph von Mecklenburg hatte sein Bistum Ratzeburg stehen, und sich in Hofnung auf die erzbischöfliche Würde zu Riga zum Coadiutor wählen lassen; konte aber nicht ein halb Jahr ruhig in Liefland zubringen. Seine Absich- ten erforderten, daß er sich um Liefland mehr Mühe gab, als der Kaiser und das Reich selbst. Nach vergeblich gesuchter Hülfe am kaiserlichen Hofe wandte er sich nach Schweden, und erlangte auf die vorgeschlagene Heirath mit des Königs Erich jüngern Prinzeßin Schwester Elisabeth einige Hülfsvölker, mit welchen er 1562 in Revel ankam, die Weihnachten daselbst feierte und nach Liefland gieng. Er fand den alten Erzbischof auf dem Sterbebette, hütete sich aber denselben zu besuchen. Nach seinem Tode wolte er sich der Güter des Erzstifts mit Gewalt bemächtigen, erstach auch darüber einen pohlnischen Rittmeister Stanislaus Waskowitz über Tische mit dem Dolche, er wurde aber durch den Herzog von Curland und den deutschen Kriegsobersten Ernst Weigern bey Dalen auf der Jagd weggeschnapt, oder wie Henning meldet, auf Dalen belagert, und gefangen nach Pohlen geschickt. Jn den Briefschaften des Königs Sigismund Augusts, wie solche der Herr Professor Mencke 1703 in Leipzig herausgegeben *), stehet wenigstens an 4 Orten, daß der Herzog Christoph capituliret habe. Jn Dalen solte Christoph 100000 Thaler schwe- *) Diese Briefe verdienen ihres historischen Jnhalts wegen eine Bekantmachung. Der König Si- gismund August bedienet sich in den Lateinischen folgender Titulaturen. An das Rigische Domcapitel: Venerabiles, deuoti nobis dilecti. An die Herren Stiftsräthe: Generosi, fideles dilecti. An die stiftische und herrmeisterliche Ritterschaft: Nobiles fideles dilecti. An den Rath zu Riga: Spectabiles et famati fideles dilecti. An den Magistrat andrer Städte: Famati fideles dilecti. Doch die mehresten Umstände sind nachher zum Vergnü- gen der Stadt, die oft in diesen Briefschaften mitgenommen worden, abgethan. Beiläufig mer- ken wir an, daß die Pohlen die lateinischen Titulaturen der Liefländer gleichsam abgezirkelt, worin Stephanus fast was abergläubiges an sich gehabt. Y y y
Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers. Freiherrn zu Sundby, Lorenz Flemmingen, beſtaͤtigte er zum erſten Gou-1561verneur, Clas Chriſterſon zum oberſten Feldmarſchal, Erich Hakenſon zum Schlosvogt zu Revel, und Johan von Geldern zum Superintendenten der Stadt. Doch der Gouverneur ſtarb am 27ſten Febr. bald nach ſeiner Ankunft; ſo giengen auch in der Fiſchermaye etliche 1000 Schweden an einer anſteckenden Seuche darauf, die aber nicht unter die Buͤrger kam, woraus der gemeine Man den Schweden wenig Gluͤck in Eſtland prophezeiete. Da es Schweden ſo leicht geworden, Eſtland unter ſich zu bekommen, Die werden, als habe er gegen den Eid gehandelt, und derſelbige waͤre in Harrien, Wir- land und Jerwen ein beſitzlicher oder unbeſitzlicher Edelman, der ſchildbar iſt; ſo wird der Verklagte nicht mit Gefaͤngnis beſchweret, ſondern gerichtlich citiret; erſchei- net er nicht, ſo wird ihm nachgeſtellet, und er in ein ritterlich Handgeluͤbde und in adliche Beſtrickung gebracht, bis zur Eroͤterung der Sache. Jſt er der That uͤberwieſen; ſo wird ein ſolcher durch den koͤniglichen Stathalter mit Huͤlfe, Rath und Beiſtand der gemeinen Ritterſchaft und gemeiner Lande ohne alle Gnade geſtraft. o) Der Herzog Chriſtoph von Mecklenburg hatte ſein Biſtum Ratzeburg ſtehen, und ſich in Hofnung auf die erzbiſchoͤfliche Wuͤrde zu Riga zum Coadiutor waͤhlen laſſen; konte aber nicht ein halb Jahr ruhig in Liefland zubringen. Seine Abſich- ten erforderten, daß er ſich um Liefland mehr Muͤhe gab, als der Kaiſer und das Reich ſelbſt. Nach vergeblich geſuchter Huͤlfe am kaiſerlichen Hofe wandte er ſich nach Schweden, und erlangte auf die vorgeſchlagene Heirath mit des Koͤnigs Erich juͤngern Prinzeßin Schweſter Eliſabeth einige Huͤlfsvoͤlker, mit welchen er 1562 in Revel ankam, die Weihnachten daſelbſt feierte und nach Liefland gieng. Er fand den alten Erzbiſchof auf dem Sterbebette, huͤtete ſich aber denſelben zu beſuchen. Nach ſeinem Tode wolte er ſich der Guͤter des Erzſtifts mit Gewalt bemaͤchtigen, erſtach auch daruͤber einen pohlniſchen Rittmeiſter Stanislaus Waskowitz uͤber Tiſche mit dem Dolche, er wurde aber durch den Herzog von Curland und den deutſchen Kriegsoberſten Ernſt Weigern bey Dalen auf der Jagd weggeſchnapt, oder wie Henning meldet, auf Dalen belagert, und gefangen nach Pohlen geſchickt. Jn den Briefſchaften des Koͤnigs Sigismund Auguſts, wie ſolche der Herr Profeſſor Mencke 1703 in Leipzig herausgegeben *), ſtehet wenigſtens an 4 Orten, daß der Herzog Chriſtoph capituliret habe. Jn Dalen ſolte Chriſtoph 100000 Thaler ſchwe- *) Dieſe Briefe verdienen ihres hiſtoriſchen Jnhalts wegen eine Bekantmachung. Der Koͤnig Si- gismund Auguſt bedienet ſich in den Lateiniſchen folgender Titulaturen. An das Rigiſche Domcapitel: Venerabiles, deuoti nobis dilecti. An die Herren Stiftsraͤthe: Generoſi, fideles dilecti. An die ſtiftiſche und herrmeiſterliche Ritterſchaft: Nobiles fideles dilecti. An den Rath zu Riga: Spectabiles et famati fideles dilecti. An den Magiſtrat andrer Staͤdte: Famati fideles dilecti. Doch die mehreſten Umſtaͤnde ſind nachher zum Vergnuͤ- gen der Stadt, die oft in dieſen Briefſchaften mitgenommen worden, abgethan. Beilaͤufig mer- ken wir an, daß die Pohlen die lateiniſchen Titulaturen der Lieflaͤnder gleichſam abgezirkelt, worin Stephanus faſt was aberglaͤubiges an ſich gehabt. Y y y
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0287" n="269"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.</hi></fw><lb/> Freiherrn zu <hi rendition="#fr">Sundby, Lorenz Flemmingen,</hi> beſtaͤtigte er zum erſten Gou-<note place="right">1561</note><lb/> verneur, <hi rendition="#fr">Clas Chriſterſon</hi> zum oberſten Feldmarſchal, <hi rendition="#fr">Erich Hakenſon</hi> zum<lb/> Schlosvogt zu <hi rendition="#fr">Revel,</hi> und <hi rendition="#fr">Johan</hi> von <hi rendition="#fr">Geldern</hi> zum Superintendenten der<lb/> Stadt. Doch der Gouverneur ſtarb am 27ſten Febr. bald nach ſeiner Ankunft;<lb/> ſo giengen auch in der Fiſchermaye etliche 1000 <hi rendition="#fr">Schweden</hi> an einer anſteckenden<lb/> Seuche darauf, die aber nicht unter die Buͤrger kam, woraus der gemeine Man<lb/> den <hi rendition="#fr">Schweden</hi> wenig Gluͤck in <hi rendition="#fr">Eſtland</hi> prophezeiete.</p><lb/> <p>Da es <hi rendition="#fr">Schweden</hi> ſo leicht geworden, <hi rendition="#fr">Eſtland</hi> unter ſich zu bekommen,<lb/> ſo wolten die <hi rendition="#fr">Pohlen</hi> auch <hi rendition="#fr">Liefland</hi> nicht ſo theuer einkaufen, zumal da ſie<lb/> die Schwaͤche des Landes naͤher kanten. Sie verſtunden ſich alſo weiter zu nichts,<lb/> als zu den ausgemachten Beſatzungsvoͤlkern; im Fal aber <hi rendition="#fr">Liefland</hi> weiter Huͤlfe<lb/> brauchte, verlangten ſie ſchlechterdings die Unterwerfung. <hi rendition="#fr">Kettler</hi> kam hieruͤber<lb/> ins Gedraͤnge. Der Mitwerber um <hi rendition="#fr">Liefland</hi> waren viel, und er durfte den<lb/> rechten Zeitpunct nicht verſaͤumen, ein Erbfuͤrſtentum zu erhalten, zumal da die<lb/> Ritterſchaft gut <hi rendition="#fr">pohlniſch</hi> geſinnet war, und nicht viel Bedenklichkeiten hatte<lb/><hi rendition="#fr">Sigismund</hi> zum Schutzherrn anzunehmen. Nur <hi rendition="#fr">Riga</hi> trauete gleichſam aus<lb/> einer geheimen Ahndung den <hi rendition="#fr">Pohlen</hi> nicht. Jngleichen war der Coadiutor des<lb/> Erzbiſchofs, Herzog <hi rendition="#fr">Chriſtoph</hi> von <hi rendition="#fr">Mecklenburg</hi> dem Unterwerfungshandel<lb/> entgegen, obgleich der Koͤnig von <hi rendition="#fr">Pohlen,</hi> ſein naher Anverwandter, ihm zur<lb/> Behauptung ſeiner Wuͤrde in voriger Zeit behuͤlflich geweſen war. Er begab ſich<lb/> am 18ten Julii auf die Reiſe an den kaiſerlichen Hof, und walfartete bey ſchlech-<lb/> ter Vertroͤſtung uͤberal herum, bis er doch endlich den <hi rendition="#fr">Pohlen</hi> nicht laͤnger ent-<lb/> gehen konte <note xml:id="i57" next="#i58" place="foot" n="o)">Der Herzog <hi rendition="#fr">Chriſtoph</hi> von <hi rendition="#fr">Mecklenburg</hi> hatte ſein Biſtum <hi rendition="#fr">Ratzeburg</hi> ſtehen,<lb/> und ſich in Hofnung auf die erzbiſchoͤfliche Wuͤrde zu <hi rendition="#fr">Riga</hi> zum Coadiutor waͤhlen<lb/> laſſen; konte aber nicht ein halb Jahr ruhig in <hi rendition="#fr">Liefland</hi> zubringen. Seine Abſich-<lb/> ten erforderten, daß er ſich um <hi rendition="#fr">Liefland</hi> mehr Muͤhe gab, als der Kaiſer und das<lb/> Reich ſelbſt. Nach vergeblich geſuchter Huͤlfe am kaiſerlichen Hofe wandte er ſich<lb/> nach <hi rendition="#fr">Schweden,</hi> und erlangte auf die vorgeſchlagene Heirath mit des Koͤnigs <hi rendition="#fr">Erich</hi><lb/> juͤngern Prinzeßin Schweſter <hi rendition="#fr">Eliſabeth</hi> einige Huͤlfsvoͤlker, mit welchen er 1562 in<lb/><hi rendition="#fr">Revel</hi> ankam, die Weihnachten daſelbſt feierte und nach <hi rendition="#fr">Liefland</hi> gieng. Er fand<lb/> den alten Erzbiſchof auf dem Sterbebette, huͤtete ſich aber denſelben zu beſuchen.<lb/> Nach ſeinem Tode wolte er ſich der Guͤter des Erzſtifts mit Gewalt bemaͤchtigen, erſtach<lb/> auch daruͤber einen <hi rendition="#fr">pohlniſchen</hi> Rittmeiſter <hi rendition="#fr">Stanislaus Waskowitz</hi> uͤber Tiſche<lb/> mit dem Dolche, er wurde aber durch den Herzog von <hi rendition="#fr">Curland</hi> und den <hi rendition="#fr">deutſchen</hi><lb/> Kriegsoberſten <hi rendition="#fr">Ernſt Weigern</hi> bey <hi rendition="#fr">Dalen</hi> auf der Jagd weggeſchnapt, oder wie<lb/><hi rendition="#fr">Henning</hi> meldet, auf <hi rendition="#fr">Dalen</hi> belagert, und gefangen nach <hi rendition="#fr">Pohlen</hi> geſchickt. Jn<lb/> den Briefſchaften des Koͤnigs <hi rendition="#fr">Sigismund Auguſts,</hi> wie ſolche der Herr Profeſſor<lb/><hi rendition="#fr">Mencke</hi> 1703 in <hi rendition="#fr">Leipzig</hi> herausgegeben <note place="foot" n="*)">Dieſe Briefe verdienen ihres hiſtoriſchen Jnhalts wegen eine Bekantmachung. Der Koͤnig <hi rendition="#fr">Si-<lb/> gismund Auguſt</hi> bedienet ſich in den <hi rendition="#fr">Lateiniſchen</hi> folgender Titulaturen. An das <hi rendition="#fr">Rigiſche</hi><lb/> Domcapitel: <hi rendition="#aq">Venerabiles, deuoti nobis dilecti.</hi> An die Herren Stiftsraͤthe: <hi rendition="#aq">Generoſi,<lb/> fideles dilecti.</hi> An die ſtiftiſche und herrmeiſterliche Ritterſchaft: <hi rendition="#aq">Nobiles fideles dilecti.</hi><lb/> An den Rath zu <hi rendition="#fr">Riga:</hi> <hi rendition="#aq">Spectabiles et famati fideles dilecti.</hi> An den Magiſtrat andrer<lb/> Staͤdte: <hi rendition="#aq">Famati fideles dilecti.</hi> Doch die mehreſten Umſtaͤnde ſind nachher zum Vergnuͤ-<lb/> gen der Stadt, die oft in dieſen Briefſchaften mitgenommen worden, abgethan. Beilaͤufig mer-<lb/> ken wir an, daß die <hi rendition="#fr">Pohlen</hi> die <hi rendition="#fr">lateiniſchen</hi> Titulaturen der <hi rendition="#fr">Lieflaͤnder</hi> gleichſam abgezirkelt,<lb/> worin <hi rendition="#fr">Stephanus</hi> faſt was aberglaͤubiges an ſich gehabt.</note>, ſtehet wenigſtens an 4 Orten, daß der<lb/> Herzog <hi rendition="#fr">Chriſtoph</hi> capituliret habe. Jn <hi rendition="#fr">Dalen</hi> ſolte <hi rendition="#fr">Chriſtoph</hi> 100000 Thaler<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">ſchwe-</hi></fw></note>.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">Y y y</fw> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> <note xml:id="i56" prev="#i55" place="foot" n="n)">werden, als habe er gegen den Eid gehandelt, und derſelbige waͤre in <hi rendition="#fr">Harrien, Wir-<lb/> land</hi> und <hi rendition="#fr">Jerwen</hi> ein beſitzlicher oder unbeſitzlicher Edelman, der ſchildbar iſt; ſo<lb/> wird der Verklagte nicht mit Gefaͤngnis beſchweret, ſondern gerichtlich citiret; erſchei-<lb/> net er nicht, ſo wird ihm nachgeſtellet, und er in ein ritterlich Handgeluͤbde und<lb/> in adliche Beſtrickung gebracht, bis zur Eroͤterung der Sache. Jſt er der That<lb/> uͤberwieſen; ſo wird ein ſolcher durch den koͤniglichen Stathalter mit Huͤlfe, Rath und<lb/> Beiſtand der gemeinen Ritterſchaft und gemeiner Lande ohne alle Gnade geſtraft.</note><lb/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [269/0287]
Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Freiherrn zu Sundby, Lorenz Flemmingen, beſtaͤtigte er zum erſten Gou-
verneur, Clas Chriſterſon zum oberſten Feldmarſchal, Erich Hakenſon zum
Schlosvogt zu Revel, und Johan von Geldern zum Superintendenten der
Stadt. Doch der Gouverneur ſtarb am 27ſten Febr. bald nach ſeiner Ankunft;
ſo giengen auch in der Fiſchermaye etliche 1000 Schweden an einer anſteckenden
Seuche darauf, die aber nicht unter die Buͤrger kam, woraus der gemeine Man
den Schweden wenig Gluͤck in Eſtland prophezeiete.
1561
Da es Schweden ſo leicht geworden, Eſtland unter ſich zu bekommen,
ſo wolten die Pohlen auch Liefland nicht ſo theuer einkaufen, zumal da ſie
die Schwaͤche des Landes naͤher kanten. Sie verſtunden ſich alſo weiter zu nichts,
als zu den ausgemachten Beſatzungsvoͤlkern; im Fal aber Liefland weiter Huͤlfe
brauchte, verlangten ſie ſchlechterdings die Unterwerfung. Kettler kam hieruͤber
ins Gedraͤnge. Der Mitwerber um Liefland waren viel, und er durfte den
rechten Zeitpunct nicht verſaͤumen, ein Erbfuͤrſtentum zu erhalten, zumal da die
Ritterſchaft gut pohlniſch geſinnet war, und nicht viel Bedenklichkeiten hatte
Sigismund zum Schutzherrn anzunehmen. Nur Riga trauete gleichſam aus
einer geheimen Ahndung den Pohlen nicht. Jngleichen war der Coadiutor des
Erzbiſchofs, Herzog Chriſtoph von Mecklenburg dem Unterwerfungshandel
entgegen, obgleich der Koͤnig von Pohlen, ſein naher Anverwandter, ihm zur
Behauptung ſeiner Wuͤrde in voriger Zeit behuͤlflich geweſen war. Er begab ſich
am 18ten Julii auf die Reiſe an den kaiſerlichen Hof, und walfartete bey ſchlech-
ter Vertroͤſtung uͤberal herum, bis er doch endlich den Pohlen nicht laͤnger ent-
gehen konte o).
Die
n)
o) Der Herzog Chriſtoph von Mecklenburg hatte ſein Biſtum Ratzeburg ſtehen,
und ſich in Hofnung auf die erzbiſchoͤfliche Wuͤrde zu Riga zum Coadiutor waͤhlen
laſſen; konte aber nicht ein halb Jahr ruhig in Liefland zubringen. Seine Abſich-
ten erforderten, daß er ſich um Liefland mehr Muͤhe gab, als der Kaiſer und das
Reich ſelbſt. Nach vergeblich geſuchter Huͤlfe am kaiſerlichen Hofe wandte er ſich
nach Schweden, und erlangte auf die vorgeſchlagene Heirath mit des Koͤnigs Erich
juͤngern Prinzeßin Schweſter Eliſabeth einige Huͤlfsvoͤlker, mit welchen er 1562 in
Revel ankam, die Weihnachten daſelbſt feierte und nach Liefland gieng. Er fand
den alten Erzbiſchof auf dem Sterbebette, huͤtete ſich aber denſelben zu beſuchen.
Nach ſeinem Tode wolte er ſich der Guͤter des Erzſtifts mit Gewalt bemaͤchtigen, erſtach
auch daruͤber einen pohlniſchen Rittmeiſter Stanislaus Waskowitz uͤber Tiſche
mit dem Dolche, er wurde aber durch den Herzog von Curland und den deutſchen
Kriegsoberſten Ernſt Weigern bey Dalen auf der Jagd weggeſchnapt, oder wie
Henning meldet, auf Dalen belagert, und gefangen nach Pohlen geſchickt. Jn
den Briefſchaften des Koͤnigs Sigismund Auguſts, wie ſolche der Herr Profeſſor
Mencke 1703 in Leipzig herausgegeben *), ſtehet wenigſtens an 4 Orten, daß der
Herzog Chriſtoph capituliret habe. Jn Dalen ſolte Chriſtoph 100000 Thaler
ſchwe-
*) Dieſe Briefe verdienen ihres hiſtoriſchen Jnhalts wegen eine Bekantmachung. Der Koͤnig Si-
gismund Auguſt bedienet ſich in den Lateiniſchen folgender Titulaturen. An das Rigiſche
Domcapitel: Venerabiles, deuoti nobis dilecti. An die Herren Stiftsraͤthe: Generoſi,
fideles dilecti. An die ſtiftiſche und herrmeiſterliche Ritterſchaft: Nobiles fideles dilecti.
An den Rath zu Riga: Spectabiles et famati fideles dilecti. An den Magiſtrat andrer
Staͤdte: Famati fideles dilecti. Doch die mehreſten Umſtaͤnde ſind nachher zum Vergnuͤ-
gen der Stadt, die oft in dieſen Briefſchaften mitgenommen worden, abgethan. Beilaͤufig mer-
ken wir an, daß die Pohlen die lateiniſchen Titulaturen der Lieflaͤnder gleichſam abgezirkelt,
worin Stephanus faſt was aberglaͤubiges an ſich gehabt.
n) werden, als habe er gegen den Eid gehandelt, und derſelbige waͤre in Harrien, Wir-
land und Jerwen ein beſitzlicher oder unbeſitzlicher Edelman, der ſchildbar iſt; ſo
wird der Verklagte nicht mit Gefaͤngnis beſchweret, ſondern gerichtlich citiret; erſchei-
net er nicht, ſo wird ihm nachgeſtellet, und er in ein ritterlich Handgeluͤbde und
in adliche Beſtrickung gebracht, bis zur Eroͤterung der Sache. Jſt er der That
uͤberwieſen; ſo wird ein ſolcher durch den koͤniglichen Stathalter mit Huͤlfe, Rath und
Beiſtand der gemeinen Ritterſchaft und gemeiner Lande ohne alle Gnade geſtraft.
Y y y
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |