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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fürstenberg.
Neuherz wieder einlieferte. Man setzte so gleich zu Wolmer einen neuen Land-1558
tag an, und nahm Abrede, daß jeder Haken 4 Mark, und wo die Hakenzahl
nicht üblich sey, jedes Gesinde gut und böse, 4 Mark rigisch die Städte und
Landsassen aber von jedem 1000 viere auf Trinitatis zu Wolmer erlegen solten.
Der Herr Meister erbot sich zu 12000 Thalern, Harrien und Wirland bewil-
ligte 10000 Mark, das Erzstiftskapitel, Räthe und Ritterschaft 7000 Mark,
das Stift Dörpt 10000 Mark, die Städte Riga, Dörpt und Revel 10000
Mark innerhalb 8 Tagen zu Dörpt zu erlegen. Für den Rest wolte der Erzbi-
schof sorgen, und die Stadt Riga überdis noch ein Darlehn von 15000 Thlr.
Montags nach Trinitatis zusammen bringen. Dabey ward dem ganzen Lande
angedeutet, daß jeder mit der ersten Grasung aufsitzen und dem Herrn Meister
folgen solte.

Ein anderes Heer aus Rußland nahm seinen Zug nach Narva, welche
Stadt nach vergeblich gethaner Aufforderung 9 Tage vor Ostern mit einer ent-
setzlichen Bombardirung beängstiget wurde, weil der Czaar vorher eine starke Ar-
tillerie nach Jvanogrod abführen lassen. Täglich flogen 300 Kugeln in die
Stadt, unter welchen einige Bomben wol 13 Lispfund wogen. Jn Narva waren
wenig Bürger und Landsknechte, und solte der arme Ort in Ostern gestürmet wer-
den. Da nun an keinem Entsatz zu denken war, trat der Vogt Ernst von
Schnellenberg mit dem Rath, der Gemeine und dem revelschen Hauptman
Wolf von Strasburg zusammen, und bewirkten bey den Waywoden Alexei
Danielowitz Bafmanof
und Paul Pietrowitz Sabelinski einen vier-
monathlichen Stilstand, um ihre Botschafter an den Czaar abzufertigen, in siche-
rer Vermuthung, es werde den Ständen in Liefland gelingen, einen General-
frieden auszudingen oder um Geld zu erkaufen. Man zwang auch die beiden
Kaufleute Jochim Krumhausen, und Arnd von Deden im Namen der
Stadt Narva mit dem Czaar zu tractiren, unter sicherer Versprechung, sie
schadlos zu stellen, ob gleich ersterer die Bemühung mit 1000 Thlr. abzukaufen
sich bestrebte. Diese Gevolmächtigten erreichten Novogrod und langten in
Tessowe an, als ihnen die gesamte rußische Macht begegnete. Der Genera-
lißimus that ihnen die Ehre und sandte sie auf Postpferden nach Moscau, wo sie
mit ihrem Anbringen nicht sonderlich wilkommen waren; indem man des Stat-
halters zu Jvanogrod Schreiben so auslegte, als sey der Stadt deswegen ein
Stilstand bewilliget, weil die Bürger die Stadt und das Schlos zu übergeben
versprochen. Der Czaar drohete Narva umzukehren, im Fal der Uebergabe aber
ihr die herrlichsten Privilegien zu schenken, wobey er die überschrittenen Tractaten
der Stadt, welche sie oft mit Rußland auf dem Narvastrom errichtet, vorle-
gen lies. Die Deputirten boten eine Summe Geldes für den Frieden, so bald
die Bestätigung davon aus Narva einlaufen würde; welches der Czaar schlechter-
dings verwarf.

Nun hatte zwar Krumhausen der Handlung auf Rußland wegen
durch des Czaars Beichtvater und dessen Fürbitte einen ansehnlichen Freiheitsbrief
für seine Person erhalten, den er auch manchem Deutschen in friedlichen Zeiten
auf seinem Namen geliehen und zu gebrauchen gegeben. Allein da er sich in die-
ser Gesandschaft blos auf des Befehlhabers in Jvanogrod Zusage berief, und
von dem Czaar kein sicher Geleite aufzuweisen hatte; so wurde beiden Abgeordne-
ten der Arrest angekündiget, ohnerachtet die Stadt bey der Abreise dieser Männer
eigene Geissel zu Jvanogrod eingeliefert hatte. Doch der Czaar änderte seine
Meinung, und befahl seinen Ministern einige Punkte aufzusetzen, die einen gar
leidlichen Accord für die Stadt in sich enthielten. Die Abgeordneten wusten wohl,
wie halsbrechend es in Liefland war, etwas anzunehmen, was von einer Ueber-
gabe handelte. Sie konten es aber auch nicht ausschlagen, weil ihre Freiheit da-
von abhieng; und Krumhausen muste sich noch dazu verbindlich machen, so
lange im Rückwege auf Jvanogrod in Arrest zu bleiben, bis Deden den czaa-

rischen
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Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
Neuherz wieder einlieferte. Man ſetzte ſo gleich zu Wolmer einen neuen Land-1558
tag an, und nahm Abrede, daß jeder Haken 4 Mark, und wo die Hakenzahl
nicht uͤblich ſey, jedes Geſinde gut und boͤſe, 4 Mark rigiſch die Staͤdte und
Landſaſſen aber von jedem 1000 viere auf Trinitatis zu Wolmer erlegen ſolten.
Der Herr Meiſter erbot ſich zu 12000 Thalern, Harrien und Wirland bewil-
ligte 10000 Mark, das Erzſtiftskapitel, Raͤthe und Ritterſchaft 7000 Mark,
das Stift Doͤrpt 10000 Mark, die Staͤdte Riga, Doͤrpt und Revel 10000
Mark innerhalb 8 Tagen zu Doͤrpt zu erlegen. Fuͤr den Reſt wolte der Erzbi-
ſchof ſorgen, und die Stadt Riga uͤberdis noch ein Darlehn von 15000 Thlr.
Montags nach Trinitatis zuſammen bringen. Dabey ward dem ganzen Lande
angedeutet, daß jeder mit der erſten Graſung aufſitzen und dem Herrn Meiſter
folgen ſolte.

Ein anderes Heer aus Rußland nahm ſeinen Zug nach Narva, welche
Stadt nach vergeblich gethaner Aufforderung 9 Tage vor Oſtern mit einer ent-
ſetzlichen Bombardirung beaͤngſtiget wurde, weil der Czaar vorher eine ſtarke Ar-
tillerie nach Jvanogrod abfuͤhren laſſen. Taͤglich flogen 300 Kugeln in die
Stadt, unter welchen einige Bomben wol 13 Lispfund wogen. Jn Narva waren
wenig Buͤrger und Landsknechte, und ſolte der arme Ort in Oſtern geſtuͤrmet wer-
den. Da nun an keinem Entſatz zu denken war, trat der Vogt Ernſt von
Schnellenberg mit dem Rath, der Gemeine und dem revelſchen Hauptman
Wolf von Strasburg zuſammen, und bewirkten bey den Waywoden Alexei
Danielowitz Bafmanof
und Paul Pietrowitz Sabelinski einen vier-
monathlichen Stilſtand, um ihre Botſchafter an den Czaar abzufertigen, in ſiche-
rer Vermuthung, es werde den Staͤnden in Liefland gelingen, einen General-
frieden auszudingen oder um Geld zu erkaufen. Man zwang auch die beiden
Kaufleute Jochim Krumhauſen, und Arnd von Deden im Namen der
Stadt Narva mit dem Czaar zu tractiren, unter ſicherer Verſprechung, ſie
ſchadlos zu ſtellen, ob gleich erſterer die Bemuͤhung mit 1000 Thlr. abzukaufen
ſich beſtrebte. Dieſe Gevolmaͤchtigten erreichten Novogrod und langten in
Teſſowe an, als ihnen die geſamte rußiſche Macht begegnete. Der Genera-
lißimus that ihnen die Ehre und ſandte ſie auf Poſtpferden nach Moſcau, wo ſie
mit ihrem Anbringen nicht ſonderlich wilkommen waren; indem man des Stat-
halters zu Jvanogrod Schreiben ſo auslegte, als ſey der Stadt deswegen ein
Stilſtand bewilliget, weil die Buͤrger die Stadt und das Schlos zu uͤbergeben
verſprochen. Der Czaar drohete Narva umzukehren, im Fal der Uebergabe aber
ihr die herrlichſten Privilegien zu ſchenken, wobey er die uͤberſchrittenen Tractaten
der Stadt, welche ſie oft mit Rußland auf dem Narvaſtrom errichtet, vorle-
gen lies. Die Deputirten boten eine Summe Geldes fuͤr den Frieden, ſo bald
die Beſtaͤtigung davon aus Narva einlaufen wuͤrde; welches der Czaar ſchlechter-
dings verwarf.

Nun hatte zwar Krumhauſen der Handlung auf Rußland wegen
durch des Czaars Beichtvater und deſſen Fuͤrbitte einen anſehnlichen Freiheitsbrief
fuͤr ſeine Perſon erhalten, den er auch manchem Deutſchen in friedlichen Zeiten
auf ſeinem Namen geliehen und zu gebrauchen gegeben. Allein da er ſich in die-
ſer Geſandſchaft blos auf des Befehlhabers in Jvanogrod Zuſage berief, und
von dem Czaar kein ſicher Geleite aufzuweiſen hatte; ſo wurde beiden Abgeordne-
ten der Arreſt angekuͤndiget, ohnerachtet die Stadt bey der Abreiſe dieſer Maͤnner
eigene Geiſſel zu Jvanogrod eingeliefert hatte. Doch der Czaar aͤnderte ſeine
Meinung, und befahl ſeinen Miniſtern einige Punkte aufzuſetzen, die einen gar
leidlichen Accord fuͤr die Stadt in ſich enthielten. Die Abgeordneten wuſten wohl,
wie halsbrechend es in Liefland war, etwas anzunehmen, was von einer Ueber-
gabe handelte. Sie konten es aber auch nicht ausſchlagen, weil ihre Freiheit da-
von abhieng; und Krumhauſen muſte ſich noch dazu verbindlich machen, ſo
lange im Ruͤckwege auf Jvanogrod in Arreſt zu bleiben, bis Deden den czaa-

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[231/0249] Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg. Neuherz wieder einlieferte. Man ſetzte ſo gleich zu Wolmer einen neuen Land- tag an, und nahm Abrede, daß jeder Haken 4 Mark, und wo die Hakenzahl nicht uͤblich ſey, jedes Geſinde gut und boͤſe, 4 Mark rigiſch die Staͤdte und Landſaſſen aber von jedem 1000 viere auf Trinitatis zu Wolmer erlegen ſolten. Der Herr Meiſter erbot ſich zu 12000 Thalern, Harrien und Wirland bewil- ligte 10000 Mark, das Erzſtiftskapitel, Raͤthe und Ritterſchaft 7000 Mark, das Stift Doͤrpt 10000 Mark, die Staͤdte Riga, Doͤrpt und Revel 10000 Mark innerhalb 8 Tagen zu Doͤrpt zu erlegen. Fuͤr den Reſt wolte der Erzbi- ſchof ſorgen, und die Stadt Riga uͤberdis noch ein Darlehn von 15000 Thlr. Montags nach Trinitatis zuſammen bringen. Dabey ward dem ganzen Lande angedeutet, daß jeder mit der erſten Graſung aufſitzen und dem Herrn Meiſter folgen ſolte. 1558 Ein anderes Heer aus Rußland nahm ſeinen Zug nach Narva, welche Stadt nach vergeblich gethaner Aufforderung 9 Tage vor Oſtern mit einer ent- ſetzlichen Bombardirung beaͤngſtiget wurde, weil der Czaar vorher eine ſtarke Ar- tillerie nach Jvanogrod abfuͤhren laſſen. Taͤglich flogen 300 Kugeln in die Stadt, unter welchen einige Bomben wol 13 Lispfund wogen. Jn Narva waren wenig Buͤrger und Landsknechte, und ſolte der arme Ort in Oſtern geſtuͤrmet wer- den. Da nun an keinem Entſatz zu denken war, trat der Vogt Ernſt von Schnellenberg mit dem Rath, der Gemeine und dem revelſchen Hauptman Wolf von Strasburg zuſammen, und bewirkten bey den Waywoden Alexei Danielowitz Bafmanof und Paul Pietrowitz Sabelinski einen vier- monathlichen Stilſtand, um ihre Botſchafter an den Czaar abzufertigen, in ſiche- rer Vermuthung, es werde den Staͤnden in Liefland gelingen, einen General- frieden auszudingen oder um Geld zu erkaufen. Man zwang auch die beiden Kaufleute Jochim Krumhauſen, und Arnd von Deden im Namen der Stadt Narva mit dem Czaar zu tractiren, unter ſicherer Verſprechung, ſie ſchadlos zu ſtellen, ob gleich erſterer die Bemuͤhung mit 1000 Thlr. abzukaufen ſich beſtrebte. Dieſe Gevolmaͤchtigten erreichten Novogrod und langten in Teſſowe an, als ihnen die geſamte rußiſche Macht begegnete. Der Genera- lißimus that ihnen die Ehre und ſandte ſie auf Poſtpferden nach Moſcau, wo ſie mit ihrem Anbringen nicht ſonderlich wilkommen waren; indem man des Stat- halters zu Jvanogrod Schreiben ſo auslegte, als ſey der Stadt deswegen ein Stilſtand bewilliget, weil die Buͤrger die Stadt und das Schlos zu uͤbergeben verſprochen. Der Czaar drohete Narva umzukehren, im Fal der Uebergabe aber ihr die herrlichſten Privilegien zu ſchenken, wobey er die uͤberſchrittenen Tractaten der Stadt, welche ſie oft mit Rußland auf dem Narvaſtrom errichtet, vorle- gen lies. Die Deputirten boten eine Summe Geldes fuͤr den Frieden, ſo bald die Beſtaͤtigung davon aus Narva einlaufen wuͤrde; welches der Czaar ſchlechter- dings verwarf. Nun hatte zwar Krumhauſen der Handlung auf Rußland wegen durch des Czaars Beichtvater und deſſen Fuͤrbitte einen anſehnlichen Freiheitsbrief fuͤr ſeine Perſon erhalten, den er auch manchem Deutſchen in friedlichen Zeiten auf ſeinem Namen geliehen und zu gebrauchen gegeben. Allein da er ſich in die- ſer Geſandſchaft blos auf des Befehlhabers in Jvanogrod Zuſage berief, und von dem Czaar kein ſicher Geleite aufzuweiſen hatte; ſo wurde beiden Abgeordne- ten der Arreſt angekuͤndiget, ohnerachtet die Stadt bey der Abreiſe dieſer Maͤnner eigene Geiſſel zu Jvanogrod eingeliefert hatte. Doch der Czaar aͤnderte ſeine Meinung, und befahl ſeinen Miniſtern einige Punkte aufzuſetzen, die einen gar leidlichen Accord fuͤr die Stadt in ſich enthielten. Die Abgeordneten wuſten wohl, wie halsbrechend es in Liefland war, etwas anzunehmen, was von einer Ueber- gabe handelte. Sie konten es aber auch nicht ausſchlagen, weil ihre Freiheit da- von abhieng; und Krumhauſen muſte ſich noch dazu verbindlich machen, ſo lange im Ruͤckwege auf Jvanogrod in Arreſt zu bleiben, bis Deden den czaa- riſchen M m m 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/249>, abgerufen am 28.04.2024.