Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

Bild:
<< vorherige Seite
Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.

Jn Revel trieben die redlichen Knechte GOttes, Zacharias Hasse, Jo-1524
han Lange und Heinrich Böckhold, das Werk des Evangelii mit vielem
Segen; so wurden auch die Einwohner auf Oesel gegen die reine Lehre geneig-
ter, und nahmen sich derselben mit sonderbarem Eifer an.

Der öselsche Bischof Johan Kiewel begnadigte sein Land mit dem so be-
rühmten Freiheitsbriefe, welchen er am Donnerstage nach Luciä zu Hapsal ver-
siegelte. Der weitläufige Jnhalt desselbigen läuft auf folgende kurzgefaste
Punkte hinaus. Die Tafelgüter fallen nach dem Lehnrechte wieder ans Stift.
Der Adel ist frey vom Aufgebot, und kan seine Güter nach Belieben verkaufen.
Das gnadenreiche Wort GOttes und des heiligen Evangelii wird nach Jnhalt
des neuen und alten Testaments gelehret, wie es Christus selbst geprediget. Der
Bischof wil gute Pastoren auf den Kirchspielen verordnen, die alda ihren unter-
thänigen Schäfgen, den armen Bauren, den christlichen Glauben lehren, das
heilige Evangelium predigen, und den Kirchspielen sonder einige Beschatzung,
Redlichkeit thun. Die Ritterschaft präsentirt fromme und gelehrte Leute dazu,
welche nach ihrer Verhörung vom Bischof und Kanzler wohl bestätiget werden und
auf den Pastoraten bleiben, so lang sie nützlich seyn. Der Bischof und das Ka-
pitel können zu Rechte geladen werden, es mus aber durch vier geschworne Räthe
des Kapitels, und 10 Geschworne von der Ritterschaft geschehen, doch behalten sie
sich die Appellation an den römischen Kaiser vor. Jeder bindet seine Waffen ab,
wenn der Feind gebannet und man vor Gerichte ist. Die Präbenden bleiben
bey denen von Adel auf ewig, sie müssen aber auch ihre Kinder fleißig zur Schule
halten. Die Ritterschaft ist der Warte und Wache frey, darf aber nicht auser-
halb Landes dienen. Der grausame Mord und Todtschlag wird peinlich bestra-
fet. Zuletzt verspricht der Bischof diesen Brief auf Pergament auszustellen, den
man in Ermangelung desselben itzo auf Papier gesetzet. Kaiser Carl der Vte be-
stätigte ihn am 30 Octob. 1527 zu Speier, auf Ersuchen der öselschen Dom-
herren, Georgs von Ungern, von Pürkel und Johan Balcks zu Oesel.
Ein gleiches that das Jahr darauf auch der Erzbischof Georg von Tiesenhau-
sen
zu Hapsal, am Tage Mariä Reinigung. Der Bischof nennet sich aus
Gnaden der kaiserlichen Majestät in der Wyck und auf Oesel Fürst.

Der rigische Erzbischof Blanckenfeld war bisher vom Herzog Albrecht1525
in Preussen angegangen worden, dessen Bruder, den Marggraf Wilhelm
von Brandenburg, bisherigen Domherrn der Stifte Mainz und Cöln, zu
seinem Coadiutor in Vorschlag zu bringen. Wilhelm stelte sich auch auf dem
Landtage zu Wolmer mit vortreflichen Empfelungsschreiben ein, in Hofnung,
daß ihm viele Stimmen zu Theil werden solten. Allein die Religionsstreitigkeiten
hinderten alles, und der Marggraf muste viele Jahr auf die Coadiutur das Nach-
sehen haben, weil selbst der Erzbischof in Verdrus kam. Denn Blancken-
felds
übermüthiges Betragen und unzeitiger Eigensin zog ihm den Has des ge-
samten Volks auf den Hals, so daß an seinem Unglück nichts mehr fehlte als die
Beschuldigung eines heimlichen Verständnisses, welches er mit den Russen haben
solte. Man sprengte aus, er habe den Czaar aufgehetzet, die Evangelischen we-
gen Niederreissung der griechischen Kirche abzustrafen, und deswegen mit den
Dörptischen und dem Orden anzubinden. Kaum hatte man angefangen dieses
auszustreuen, als die dörptische Ritterschaft von der Partey ihres Bischofs ab-
trat, und sich der bischöflichen Schlösser bemächtigte. Der Adel des Erzstifts fand
es für nöthig, sich Blanckenfelds eigner Person zu versichern und nahm ihn
Freitags vor Weihnachten zu Ronneburg in Verhaft, alwo er über ein halb
Jahr auf seine Freiheit wartetete. Doch kam Blanckenfeld dismal noch gut
von Wolmer weg*).

Frei-
*) Hier komt uns Tegetmeiers fernerer Aufsatz zu statten, weil er mit zu Wolmer gegenwärtig
war. Wir wollen denselben mittheilen, nur ist zu merken, daß man unter dem Bischof zu Riga
den
B b b
Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.

Jn Revel trieben die redlichen Knechte GOttes, Zacharias Haſſe, Jo-1524
han Lange und Heinrich Boͤckhold, das Werk des Evangelii mit vielem
Segen; ſo wurden auch die Einwohner auf Oeſel gegen die reine Lehre geneig-
ter, und nahmen ſich derſelben mit ſonderbarem Eifer an.

Der oͤſelſche Biſchof Johan Kiewel begnadigte ſein Land mit dem ſo be-
ruͤhmten Freiheitsbriefe, welchen er am Donnerſtage nach Luciaͤ zu Hapſal ver-
ſiegelte. Der weitlaͤufige Jnhalt deſſelbigen laͤuft auf folgende kurzgefaſte
Punkte hinaus. Die Tafelguͤter fallen nach dem Lehnrechte wieder ans Stift.
Der Adel iſt frey vom Aufgebot, und kan ſeine Guͤter nach Belieben verkaufen.
Das gnadenreiche Wort GOttes und des heiligen Evangelii wird nach Jnhalt
des neuen und alten Teſtaments gelehret, wie es Chriſtus ſelbſt geprediget. Der
Biſchof wil gute Paſtoren auf den Kirchſpielen verordnen, die alda ihren unter-
thaͤnigen Schaͤfgen, den armen Bauren, den chriſtlichen Glauben lehren, das
heilige Evangelium predigen, und den Kirchſpielen ſonder einige Beſchatzung,
Redlichkeit thun. Die Ritterſchaft praͤſentirt fromme und gelehrte Leute dazu,
welche nach ihrer Verhoͤrung vom Biſchof und Kanzler wohl beſtaͤtiget werden und
auf den Paſtoraten bleiben, ſo lang ſie nuͤtzlich ſeyn. Der Biſchof und das Ka-
pitel koͤnnen zu Rechte geladen werden, es mus aber durch vier geſchworne Raͤthe
des Kapitels, und 10 Geſchworne von der Ritterſchaft geſchehen, doch behalten ſie
ſich die Appellation an den roͤmiſchen Kaiſer vor. Jeder bindet ſeine Waffen ab,
wenn der Feind gebannet und man vor Gerichte iſt. Die Praͤbenden bleiben
bey denen von Adel auf ewig, ſie muͤſſen aber auch ihre Kinder fleißig zur Schule
halten. Die Ritterſchaft iſt der Warte und Wache frey, darf aber nicht auſer-
halb Landes dienen. Der grauſame Mord und Todtſchlag wird peinlich beſtra-
fet. Zuletzt verſpricht der Biſchof dieſen Brief auf Pergament auszuſtellen, den
man in Ermangelung deſſelben itzo auf Papier geſetzet. Kaiſer Carl der Vte be-
ſtaͤtigte ihn am 30 Octob. 1527 zu Speier, auf Erſuchen der oͤſelſchen Dom-
herren, Georgs von Ungern, von Puͤrkel und Johan Balcks zu Oeſel.
Ein gleiches that das Jahr darauf auch der Erzbiſchof Georg von Tieſenhau-
ſen
zu Hapſal, am Tage Mariaͤ Reinigung. Der Biſchof nennet ſich aus
Gnaden der kaiſerlichen Majeſtaͤt in der Wyck und auf Oeſel Fuͤrſt.

Der rigiſche Erzbiſchof Blanckenfeld war bisher vom Herzog Albrecht1525
in Preuſſen angegangen worden, deſſen Bruder, den Marggraf Wilhelm
von Brandenburg, bisherigen Domherrn der Stifte Mainz und Coͤln, zu
ſeinem Coadiutor in Vorſchlag zu bringen. Wilhelm ſtelte ſich auch auf dem
Landtage zu Wolmer mit vortreflichen Empfelungsſchreiben ein, in Hofnung,
daß ihm viele Stimmen zu Theil werden ſolten. Allein die Religionsſtreitigkeiten
hinderten alles, und der Marggraf muſte viele Jahr auf die Coadiutur das Nach-
ſehen haben, weil ſelbſt der Erzbiſchof in Verdrus kam. Denn Blancken-
felds
uͤbermuͤthiges Betragen und unzeitiger Eigenſin zog ihm den Has des ge-
ſamten Volks auf den Hals, ſo daß an ſeinem Ungluͤck nichts mehr fehlte als die
Beſchuldigung eines heimlichen Verſtaͤndniſſes, welches er mit den Ruſſen haben
ſolte. Man ſprengte aus, er habe den Czaar aufgehetzet, die Evangeliſchen we-
gen Niederreiſſung der griechiſchen Kirche abzuſtrafen, und deswegen mit den
Doͤrptiſchen und dem Orden anzubinden. Kaum hatte man angefangen dieſes
auszuſtreuen, als die doͤrptiſche Ritterſchaft von der Partey ihres Biſchofs ab-
trat, und ſich der biſchoͤflichen Schloͤſſer bemaͤchtigte. Der Adel des Erzſtifts fand
es fuͤr noͤthig, ſich Blanckenfelds eigner Perſon zu verſichern und nahm ihn
Freitags vor Weihnachten zu Ronneburg in Verhaft, alwo er uͤber ein halb
Jahr auf ſeine Freiheit wartetete. Doch kam Blanckenfeld dismal noch gut
von Wolmer weg*).

Frei-
*) Hier komt uns Tegetmeiers fernerer Aufſatz zu ſtatten, weil er mit zu Wolmer gegenwaͤrtig
war. Wir wollen denſelben mittheilen, nur iſt zu merken, daß man unter dem Biſchof zu Riga
den
B b b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0207" n="189"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.</hi> </fw><lb/>
        <p>Jn <hi rendition="#fr">Revel</hi> trieben die redlichen Knechte GOttes, <hi rendition="#fr">Zacharias Ha&#x017F;&#x017F;e, Jo-</hi><note place="right">1524</note><lb/><hi rendition="#fr">han Lange</hi> und <hi rendition="#fr">Heinrich Bo&#x0364;ckhold,</hi> das Werk des Evangelii mit vielem<lb/>
Segen; &#x017F;o wurden auch die Einwohner auf <hi rendition="#fr">Oe&#x017F;el</hi> gegen die reine Lehre geneig-<lb/>
ter, und nahmen &#x017F;ich der&#x017F;elben mit &#x017F;onderbarem Eifer an.</p><lb/>
        <p>Der <hi rendition="#fr">o&#x0364;&#x017F;el&#x017F;che</hi> Bi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Johan Kiewel</hi> begnadigte &#x017F;ein Land mit dem &#x017F;o be-<lb/>
ru&#x0364;hmten Freiheitsbriefe, welchen er am Donner&#x017F;tage nach <hi rendition="#fr">Lucia&#x0364;</hi> zu <hi rendition="#fr">Hap&#x017F;al</hi> ver-<lb/>
&#x017F;iegelte. Der weitla&#x0364;ufige Jnhalt de&#x017F;&#x017F;elbigen la&#x0364;uft auf folgende kurzgefa&#x017F;te<lb/>
Punkte hinaus. Die Tafelgu&#x0364;ter fallen nach dem Lehnrechte wieder ans Stift.<lb/>
Der Adel i&#x017F;t frey vom Aufgebot, und kan &#x017F;eine Gu&#x0364;ter nach Belieben verkaufen.<lb/>
Das gnadenreiche Wort GOttes und des heiligen Evangelii wird nach Jnhalt<lb/>
des neuen und alten Te&#x017F;taments gelehret, wie es Chri&#x017F;tus &#x017F;elb&#x017F;t geprediget. Der<lb/>
Bi&#x017F;chof wil gute Pa&#x017F;toren auf den Kirch&#x017F;pielen verordnen, die alda ihren unter-<lb/>
tha&#x0364;nigen Scha&#x0364;fgen, den armen Bauren, den chri&#x017F;tlichen Glauben lehren, das<lb/>
heilige Evangelium predigen, und den Kirch&#x017F;pielen &#x017F;onder einige Be&#x017F;chatzung,<lb/>
Redlichkeit thun. Die Ritter&#x017F;chaft pra&#x0364;&#x017F;entirt fromme und gelehrte Leute dazu,<lb/>
welche nach ihrer Verho&#x0364;rung vom Bi&#x017F;chof und Kanzler wohl be&#x017F;ta&#x0364;tiget werden und<lb/>
auf den Pa&#x017F;toraten bleiben, &#x017F;o lang &#x017F;ie nu&#x0364;tzlich &#x017F;eyn. Der Bi&#x017F;chof und das Ka-<lb/>
pitel ko&#x0364;nnen zu Rechte geladen werden, es mus aber durch vier ge&#x017F;chworne Ra&#x0364;the<lb/>
des Kapitels, und 10 Ge&#x017F;chworne von der Ritter&#x017F;chaft ge&#x017F;chehen, doch behalten &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich die Appellation an den ro&#x0364;mi&#x017F;chen Kai&#x017F;er vor. Jeder bindet &#x017F;eine Waffen ab,<lb/>
wenn der Feind gebannet und man vor Gerichte i&#x017F;t. Die Pra&#x0364;benden bleiben<lb/>
bey denen von Adel auf ewig, &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en aber auch ihre Kinder fleißig zur Schule<lb/>
halten. Die Ritter&#x017F;chaft i&#x017F;t der Warte und Wache frey, darf aber nicht au&#x017F;er-<lb/>
halb Landes dienen. Der grau&#x017F;ame Mord und Todt&#x017F;chlag wird peinlich be&#x017F;tra-<lb/>
fet. Zuletzt ver&#x017F;pricht der Bi&#x017F;chof die&#x017F;en Brief auf Pergament auszu&#x017F;tellen, den<lb/>
man in Ermangelung de&#x017F;&#x017F;elben itzo auf Papier ge&#x017F;etzet. Kai&#x017F;er <hi rendition="#fr">Carl</hi> der <hi rendition="#aq">V</hi>te be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;tigte ihn am 30 Octob. 1527 zu <hi rendition="#fr">Speier,</hi> auf Er&#x017F;uchen der <hi rendition="#fr">o&#x0364;&#x017F;el&#x017F;chen</hi> Dom-<lb/>
herren, <hi rendition="#fr">Georgs</hi> von <hi rendition="#fr">Ungern,</hi> von <hi rendition="#fr">Pu&#x0364;rkel</hi> und <hi rendition="#fr">Johan Balcks</hi> zu <hi rendition="#fr">Oe&#x017F;el.</hi><lb/>
Ein gleiches that das Jahr darauf auch der Erzbi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Georg</hi> von <hi rendition="#fr">Tie&#x017F;enhau-<lb/>
&#x017F;en</hi> zu <hi rendition="#fr">Hap&#x017F;al,</hi> am Tage <hi rendition="#fr">Maria&#x0364;</hi> Reinigung. Der Bi&#x017F;chof nennet &#x017F;ich aus<lb/>
Gnaden der kai&#x017F;erlichen Maje&#x017F;ta&#x0364;t in der <hi rendition="#fr">Wyck</hi> und auf <hi rendition="#fr">Oe&#x017F;el</hi> Fu&#x0364;r&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Der <hi rendition="#fr">rigi&#x017F;che</hi> Erzbi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Blanckenfeld</hi> war bisher vom Herzog <hi rendition="#fr">Albrecht</hi><note place="right">1525</note><lb/>
in <hi rendition="#fr">Preu&#x017F;&#x017F;en</hi> angegangen worden, de&#x017F;&#x017F;en Bruder, den Marggraf <hi rendition="#fr">Wilhelm</hi><lb/>
von <hi rendition="#fr">Brandenburg,</hi> bisherigen Domherrn der Stifte <hi rendition="#fr">Mainz</hi> und <hi rendition="#fr">Co&#x0364;ln,</hi> zu<lb/>
&#x017F;einem Coadiutor in Vor&#x017F;chlag zu bringen. <hi rendition="#fr">Wilhelm</hi> &#x017F;telte &#x017F;ich auch auf dem<lb/>
Landtage zu <hi rendition="#fr">Wolmer</hi> mit vortreflichen Empfelungs&#x017F;chreiben ein, in Hofnung,<lb/>
daß ihm viele Stimmen zu Theil werden &#x017F;olten. Allein die Religions&#x017F;treitigkeiten<lb/>
hinderten alles, und der Marggraf mu&#x017F;te viele Jahr auf die Coadiutur das Nach-<lb/>
&#x017F;ehen haben, weil &#x017F;elb&#x017F;t der Erzbi&#x017F;chof in Verdrus kam. Denn <hi rendition="#fr">Blancken-<lb/>
felds</hi> u&#x0364;bermu&#x0364;thiges Betragen und unzeitiger Eigen&#x017F;in zog ihm den Has des ge-<lb/>
&#x017F;amten Volks auf den Hals, &#x017F;o daß an &#x017F;einem Unglu&#x0364;ck nichts mehr fehlte als die<lb/>
Be&#x017F;chuldigung eines heimlichen Ver&#x017F;ta&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;es, welches er mit den <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;&#x017F;en</hi> haben<lb/>
&#x017F;olte. Man &#x017F;prengte aus, er habe den Czaar aufgehetzet, die Evangeli&#x017F;chen we-<lb/>
gen Niederrei&#x017F;&#x017F;ung der <hi rendition="#fr">griechi&#x017F;chen</hi> Kirche abzu&#x017F;trafen, und deswegen mit den<lb/><hi rendition="#fr">Do&#x0364;rpti&#x017F;chen</hi> und dem Orden anzubinden. Kaum hatte man angefangen die&#x017F;es<lb/>
auszu&#x017F;treuen, als die <hi rendition="#fr">do&#x0364;rpti&#x017F;che</hi> Ritter&#x017F;chaft von der Partey ihres Bi&#x017F;chofs ab-<lb/>
trat, und &#x017F;ich der bi&#x017F;cho&#x0364;flichen Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er bema&#x0364;chtigte. Der Adel des Erz&#x017F;tifts fand<lb/>
es fu&#x0364;r no&#x0364;thig, &#x017F;ich <hi rendition="#fr">Blanckenfelds</hi> eigner Per&#x017F;on zu ver&#x017F;ichern und nahm ihn<lb/>
Freitags vor <hi rendition="#fr">Weihnachten</hi> zu <hi rendition="#fr">Ronneburg</hi> in Verhaft, alwo er u&#x0364;ber ein halb<lb/>
Jahr auf &#x017F;eine Freiheit wartetete. Doch kam <hi rendition="#fr">Blanckenfeld</hi> dismal noch gut<lb/>
von <hi rendition="#fr">Wolmer</hi> weg<note xml:id="f56" next="#f57" place="foot" n="*)">Hier komt uns <hi rendition="#fr">Tegetmeiers</hi> fernerer Auf&#x017F;atz zu &#x017F;tatten, weil er mit zu <hi rendition="#fr">Wolmer</hi> gegenwa&#x0364;rtig<lb/>
war. Wir wollen den&#x017F;elben mittheilen, nur i&#x017F;t zu merken, daß man unter dem Bi&#x017F;chof zu <hi rendition="#fr">Riga</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b b</fw><fw place="bottom" type="catch">den</fw></note>.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Frei-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0207] Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg. Jn Revel trieben die redlichen Knechte GOttes, Zacharias Haſſe, Jo- han Lange und Heinrich Boͤckhold, das Werk des Evangelii mit vielem Segen; ſo wurden auch die Einwohner auf Oeſel gegen die reine Lehre geneig- ter, und nahmen ſich derſelben mit ſonderbarem Eifer an. 1524 Der oͤſelſche Biſchof Johan Kiewel begnadigte ſein Land mit dem ſo be- ruͤhmten Freiheitsbriefe, welchen er am Donnerſtage nach Luciaͤ zu Hapſal ver- ſiegelte. Der weitlaͤufige Jnhalt deſſelbigen laͤuft auf folgende kurzgefaſte Punkte hinaus. Die Tafelguͤter fallen nach dem Lehnrechte wieder ans Stift. Der Adel iſt frey vom Aufgebot, und kan ſeine Guͤter nach Belieben verkaufen. Das gnadenreiche Wort GOttes und des heiligen Evangelii wird nach Jnhalt des neuen und alten Teſtaments gelehret, wie es Chriſtus ſelbſt geprediget. Der Biſchof wil gute Paſtoren auf den Kirchſpielen verordnen, die alda ihren unter- thaͤnigen Schaͤfgen, den armen Bauren, den chriſtlichen Glauben lehren, das heilige Evangelium predigen, und den Kirchſpielen ſonder einige Beſchatzung, Redlichkeit thun. Die Ritterſchaft praͤſentirt fromme und gelehrte Leute dazu, welche nach ihrer Verhoͤrung vom Biſchof und Kanzler wohl beſtaͤtiget werden und auf den Paſtoraten bleiben, ſo lang ſie nuͤtzlich ſeyn. Der Biſchof und das Ka- pitel koͤnnen zu Rechte geladen werden, es mus aber durch vier geſchworne Raͤthe des Kapitels, und 10 Geſchworne von der Ritterſchaft geſchehen, doch behalten ſie ſich die Appellation an den roͤmiſchen Kaiſer vor. Jeder bindet ſeine Waffen ab, wenn der Feind gebannet und man vor Gerichte iſt. Die Praͤbenden bleiben bey denen von Adel auf ewig, ſie muͤſſen aber auch ihre Kinder fleißig zur Schule halten. Die Ritterſchaft iſt der Warte und Wache frey, darf aber nicht auſer- halb Landes dienen. Der grauſame Mord und Todtſchlag wird peinlich beſtra- fet. Zuletzt verſpricht der Biſchof dieſen Brief auf Pergament auszuſtellen, den man in Ermangelung deſſelben itzo auf Papier geſetzet. Kaiſer Carl der Vte be- ſtaͤtigte ihn am 30 Octob. 1527 zu Speier, auf Erſuchen der oͤſelſchen Dom- herren, Georgs von Ungern, von Puͤrkel und Johan Balcks zu Oeſel. Ein gleiches that das Jahr darauf auch der Erzbiſchof Georg von Tieſenhau- ſen zu Hapſal, am Tage Mariaͤ Reinigung. Der Biſchof nennet ſich aus Gnaden der kaiſerlichen Majeſtaͤt in der Wyck und auf Oeſel Fuͤrſt. Der rigiſche Erzbiſchof Blanckenfeld war bisher vom Herzog Albrecht in Preuſſen angegangen worden, deſſen Bruder, den Marggraf Wilhelm von Brandenburg, bisherigen Domherrn der Stifte Mainz und Coͤln, zu ſeinem Coadiutor in Vorſchlag zu bringen. Wilhelm ſtelte ſich auch auf dem Landtage zu Wolmer mit vortreflichen Empfelungsſchreiben ein, in Hofnung, daß ihm viele Stimmen zu Theil werden ſolten. Allein die Religionsſtreitigkeiten hinderten alles, und der Marggraf muſte viele Jahr auf die Coadiutur das Nach- ſehen haben, weil ſelbſt der Erzbiſchof in Verdrus kam. Denn Blancken- felds uͤbermuͤthiges Betragen und unzeitiger Eigenſin zog ihm den Has des ge- ſamten Volks auf den Hals, ſo daß an ſeinem Ungluͤck nichts mehr fehlte als die Beſchuldigung eines heimlichen Verſtaͤndniſſes, welches er mit den Ruſſen haben ſolte. Man ſprengte aus, er habe den Czaar aufgehetzet, die Evangeliſchen we- gen Niederreiſſung der griechiſchen Kirche abzuſtrafen, und deswegen mit den Doͤrptiſchen und dem Orden anzubinden. Kaum hatte man angefangen dieſes auszuſtreuen, als die doͤrptiſche Ritterſchaft von der Partey ihres Biſchofs ab- trat, und ſich der biſchoͤflichen Schloͤſſer bemaͤchtigte. Der Adel des Erzſtifts fand es fuͤr noͤthig, ſich Blanckenfelds eigner Perſon zu verſichern und nahm ihn Freitags vor Weihnachten zu Ronneburg in Verhaft, alwo er uͤber ein halb Jahr auf ſeine Freiheit wartetete. Doch kam Blanckenfeld dismal noch gut von Wolmer weg *). 1525 Frei- *) Hier komt uns Tegetmeiers fernerer Aufſatz zu ſtatten, weil er mit zu Wolmer gegenwaͤrtig war. Wir wollen denſelben mittheilen, nur iſt zu merken, daß man unter dem Biſchof zu Riga den B b b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/207
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/207>, abgerufen am 28.04.2024.