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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1479Papst den neapolitanischen Cardinal und Bischof von Albanien zum Schieds-
man, und gab ihm Compulsoriales mit, daß alle bey Strafe des Bannes die
Briefschaften des Erzbischofs ausliefern solten.

Der Erzbischof Silvester, Metropolit der Lande Lief-Est-Lett-Cur-
land
und Preussen, des heil. römischen Kaiserreichs Fürst, ingleichen
Georg, Doctor der geistlichen Rechte und Propst, Ditmar, Dechant, und
das ganze Kapitel, desgleichen die Ritter Hr. Hinrich von Hohenberge,
Hauptman, Hr. Engelbrecht von Tisenhausen, Hr. Detlef von Tiesenhau-
sen,
Hr. Engelbrecht Same, Hinrich von Ungern, Wollmar Uxkül,
Kersten
von Rosen, Vogt zu Treyden, und Jürgen Cursell, Vogt zu
Kokenhausen, traten dis Jahr in ein bedenkliches Bündnis mit dem Erzbischof
Jacob zu Upsal, dem Bischof Johan zu Stregnes, dem Herrn Steno
Sture,
des Reichs Schweden Vorständer, Hrn. Nils Sture, Hrn.
Gustav Carlsson und andern Reichsräthen. Jene klagen, daß der Meister
Berend von der Borg ausser der Stadt Riga ihre Schlösser, Leute, Länder,
Gewässer und Ströme abgedrungen, und weder der Orden noch die Stadt
sich an die päpstlichen Bullen, noch an die erzbischöflichen guten lateinischen
Vermahnungen etwas kehren wollen; daher sie aus Noth obige von päpstlicher
und kaiserlichen Gewalt verordnete Kirchenbeschirmer um Hülfe ersuchen müssen.
Sie versprechen den überschickten Hülfsvölkern vor allem Schaden und Gefäng-
nis zu stehen, bedingen sich aber ein gleiches für ihre Völker aus, wenn sie
Schweden zur Behauptung ihres vermeinten Rechts auf Harrien und Wier-
land,
helfen solten. Sie wollen mit Schweden die Helfte der wiedereroberten
Stiftsgüter theilen, welche bisher der Orden unrechtmäßiger Weise in seine Ge-
walt bekommen. Dieser Bund brachte aber den Orden erst recht in die Hitze.
Der Meister holete den Erzbischof selbst von Kokenhausen weg, und verbrante
mit dem Schlosse das ganze schöne Archiv; Silvester war in der Gefangenschaft
und starb vor Gram, oder, wie einige fälschlich muthmassen an beigebrachtem
Gifte c), am St. Margarethenabend, und ward vor dem hohen Altar im Dom
zu Riga begraben, nachdem er 30 Jahr seinem Amte vorgestanden.

Papst
c) Was sagte Sixtus der IVte zu diesem unwürdigen Tractament des Erzbischofs? Un-
fehlbar nicht viel mehrers, als er auf die Nachricht von der Hinrichtung des samländi-
schen
Bischofs Diedrichs sagte: Deleatur pressima illa nigra crux. Maledictus
enim ordo, vbi Laicus regit super Clerum.
Erpold Lindenbrog in Scriptoribus
Septentrionalibus
führet aus einer slavischen Chronik an, daß der Erzbischof damals
seine Banbriefe durch den rigischen Propst Lippold wieder Meister Berndten an
die Stadt Lübeck und andre Städte herum gesandt, man habe aber dem Propst in
Preussen Gift beigebracht, woran er sterben müssen. Des Chronikenschreibers Urtheil
klingt artig: Monachus peruersus deficit prae omnibus deficientibus; et si proficit
monachus bonus, melior eo homo non est.
D. i. ein liederlicher Pfaffe sündiget
viel mehr als alle Sünder, thut aber ein frommer Pfaffe was guts, so ist kein bessrer Kerl
in der Welt als er. Dieses Propsts Vergiftung scheinet man in der Geschichte mit der
Hinrichtung des Erzbischofs verwechselt zu haben. Das neue Epigramma beim Chy-
träus
S. 297 ist zu jung, und folget den Unrichtigkeiten einer alten geschriebenen lief-
ländischen Chronik, welche berichtet, daß Osthoff den Erzbischof belagert, und ihn,
weil er alt und kindisch gewesen, auch bey dem Orden und Kirchen nicht wie sichs ge-
bührte gehandelt, in Verhaft genommen, in welchem Gefängnis ihn Berndt von der
Borg am 13ten Jul. mit Gift hinrichten lassen. Es streitet solches gegen die Urkun-
den, in welchen der Erzbischof Silvester noch dieses Jahr stehet, und also nicht über
7 Jahr gefangen gehalten worden. Seine Vergiftung haben wol die Pfaffen ausge-
sprenget. Es ist schwer zu vermuthen, daß der Orden einen ehmaligen Mitbruder,
der als Ordenskanzler in wichtigen Gesandschaften so ansehnliche Dienste gethan, daß
sie ihn zum Erzbischof bestellet, und der als ein grosser Rechtsgelehrter durch das herr-
liche Privilegium sich die ganze Ritterschaft verbindlich gemacht, auf eine so niederträch-
tige Art hingerichtet haben solte, und doch gleichwol sich keiner dabey rühren wollen.
Des Erzbischofs Frau Schwester hies Margaretha, und vermählte sich an Ber-
tram

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1479Papſt den neapolitaniſchen Cardinal und Biſchof von Albanien zum Schieds-
man, und gab ihm Compulſoriales mit, daß alle bey Strafe des Bannes die
Briefſchaften des Erzbiſchofs ausliefern ſolten.

Der Erzbiſchof Silveſter, Metropolit der Lande Lief-Eſt-Lett-Cur-
land
und Preuſſen, des heil. roͤmiſchen Kaiſerreichs Fuͤrſt, ingleichen
Georg, Doctor der geiſtlichen Rechte und Propſt, Ditmar, Dechant, und
das ganze Kapitel, desgleichen die Ritter Hr. Hinrich von Hohenberge,
Hauptman, Hr. Engelbrecht von Tiſenhauſen, Hr. Detlef von Tieſenhau-
ſen,
Hr. Engelbrecht Same, Hinrich von Ungern, Wollmar Uxkuͤl,
Kerſten
von Roſen, Vogt zu Treyden, und Juͤrgen Curſell, Vogt zu
Kokenhauſen, traten dis Jahr in ein bedenkliches Buͤndnis mit dem Erzbiſchof
Jacob zu Upſal, dem Biſchof Johan zu Stregnes, dem Herrn Steno
Sture,
des Reichs Schweden Vorſtaͤnder, Hrn. Nils Sture, Hrn.
Guſtav Carlſſon und andern Reichsraͤthen. Jene klagen, daß der Meiſter
Berend von der Borg auſſer der Stadt Riga ihre Schloͤſſer, Leute, Laͤnder,
Gewaͤſſer und Stroͤme abgedrungen, und weder der Orden noch die Stadt
ſich an die paͤpſtlichen Bullen, noch an die erzbiſchoͤflichen guten lateiniſchen
Vermahnungen etwas kehren wollen; daher ſie aus Noth obige von paͤpſtlicher
und kaiſerlichen Gewalt verordnete Kirchenbeſchirmer um Huͤlfe erſuchen muͤſſen.
Sie verſprechen den uͤberſchickten Huͤlfsvoͤlkern vor allem Schaden und Gefaͤng-
nis zu ſtehen, bedingen ſich aber ein gleiches fuͤr ihre Voͤlker aus, wenn ſie
Schweden zur Behauptung ihres vermeinten Rechts auf Harrien und Wier-
land,
helfen ſolten. Sie wollen mit Schweden die Helfte der wiedereroberten
Stiftsguͤter theilen, welche bisher der Orden unrechtmaͤßiger Weiſe in ſeine Ge-
walt bekommen. Dieſer Bund brachte aber den Orden erſt recht in die Hitze.
Der Meiſter holete den Erzbiſchof ſelbſt von Kokenhauſen weg, und verbrante
mit dem Schloſſe das ganze ſchoͤne Archiv; Silveſter war in der Gefangenſchaft
und ſtarb vor Gram, oder, wie einige faͤlſchlich muthmaſſen an beigebrachtem
Gifte c), am St. Margarethenabend, und ward vor dem hohen Altar im Dom
zu Riga begraben, nachdem er 30 Jahr ſeinem Amte vorgeſtanden.

Papſt
c) Was ſagte Sixtus der IVte zu dieſem unwuͤrdigen Tractament des Erzbiſchofs? Un-
fehlbar nicht viel mehrers, als er auf die Nachricht von der Hinrichtung des ſamlaͤndi-
ſchen
Biſchofs Diedrichs ſagte: Deleatur preſſima illa nigra crux. Maledictus
enim ordo, vbi Laicus regit ſuper Clerum.
Erpold Lindenbrog in Scriptoribus
Septentrionalibus
fuͤhret aus einer ſlaviſchen Chronik an, daß der Erzbiſchof damals
ſeine Banbriefe durch den rigiſchen Propſt Lippold wieder Meiſter Berndten an
die Stadt Luͤbeck und andre Staͤdte herum geſandt, man habe aber dem Propſt in
Preuſſen Gift beigebracht, woran er ſterben muͤſſen. Des Chronikenſchreibers Urtheil
klingt artig: Monachus peruerſus deficit præ omnibus deficientibus; et ſi proficit
monachus bonus, melior eo homo non eſt.
D. i. ein liederlicher Pfaffe ſuͤndiget
viel mehr als alle Suͤnder, thut aber ein frommer Pfaffe was guts, ſo iſt kein beſſrer Kerl
in der Welt als er. Dieſes Propſts Vergiftung ſcheinet man in der Geſchichte mit der
Hinrichtung des Erzbiſchofs verwechſelt zu haben. Das neue Epigramma beim Chy-
traͤus
S. 297 iſt zu jung, und folget den Unrichtigkeiten einer alten geſchriebenen lief-
laͤndiſchen Chronik, welche berichtet, daß Oſthoff den Erzbiſchof belagert, und ihn,
weil er alt und kindiſch geweſen, auch bey dem Orden und Kirchen nicht wie ſichs ge-
buͤhrte gehandelt, in Verhaft genommen, in welchem Gefaͤngnis ihn Berndt von der
Borg am 13ten Jul. mit Gift hinrichten laſſen. Es ſtreitet ſolches gegen die Urkun-
den, in welchen der Erzbiſchof Silveſter noch dieſes Jahr ſtehet, und alſo nicht uͤber
7 Jahr gefangen gehalten worden. Seine Vergiftung haben wol die Pfaffen ausge-
ſprenget. Es iſt ſchwer zu vermuthen, daß der Orden einen ehmaligen Mitbruder,
der als Ordenskanzler in wichtigen Geſandſchaften ſo anſehnliche Dienſte gethan, daß
ſie ihn zum Erzbiſchof beſtellet, und der als ein groſſer Rechtsgelehrter durch das herr-
liche Privilegium ſich die ganze Ritterſchaft verbindlich gemacht, auf eine ſo niedertraͤch-
tige Art hingerichtet haben ſolte, und doch gleichwol ſich keiner dabey ruͤhren wollen.
Des Erzbiſchofs Frau Schweſter hies Margaretha, und vermaͤhlte ſich an Ber-
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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/174>, abgerufen am 27.04.2024.