Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779.
Vermuthen, daß du deiner Königinn So müde wärst? Saladin. Jch meiner Königinn? Sittah. Jch seh' nun schon: ich soll heut meine tausend Dinar', kein Naserinchen mehr gewinnen. Saladin. Wie so? Sittah. Frag noch! -- Weil du mit Fleiß, mit aller Gewalt verlieren willst. -- Doch dabey find' Jch meine Rechnung nicht. Denn ausser, daß Ein solches Spiel das unterhaltendste Nicht ist: gewann ich immer nicht am meisten Mit dir, wenn ich verlor? Wenn hast du mir Den Satz, mich des verlornen Spieles wegen Zu trösten, doppelt nicht hernach geschenkt? Saladin. Ey sieh! so hättest du ja wohl, wenn du Verlorst, mit Fleiß verloren, Schwesterchen? Sittah. Zum wenigsten kann gar wohl seyn, daß deine Freygebigkeit, mein liebes Brüderchen, Schuld ist, daß ich nicht besser spielen lernen. Saladin.
Wir kommen ab vom Spiele. Mach ein Ende! Sittah.
Vermuthen, daß du deiner Koͤniginn So muͤde waͤrſt? Saladin. Jch meiner Koͤniginn? Sittah. Jch ſeh’ nun ſchon: ich ſoll heut meine tauſend Dinar’, kein Naſerinchen mehr gewinnen. Saladin. Wie ſo? Sittah. Frag noch! — Weil du mit Fleiß, mit aller Gewalt verlieren willſt. — Doch dabey find’ Jch meine Rechnung nicht. Denn auſſer, daß Ein ſolches Spiel das unterhaltendſte Nicht iſt: gewann ich immer nicht am meiſten Mit dir, wenn ich verlor? Wenn haſt du mir Den Satz, mich des verlornen Spieles wegen Zu troͤſten, doppelt nicht hernach geſchenkt? Saladin. Ey ſieh! ſo haͤtteſt du ja wohl, wenn du Verlorſt, mit Fleiß verloren, Schweſterchen? Sittah. Zum wenigſten kann gar wohl ſeyn, daß deine Freygebigkeit, mein liebes Bruͤderchen, Schuld iſt, daß ich nicht beſſer ſpielen lernen. Saladin.
Wir kommen ab vom Spiele. Mach ein Ende! Sittah.
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Vermuthen, daß du deiner Koͤniginn
So muͤde waͤrſt?
Saladin.
Jch meiner Koͤniginn?
Sittah.
Jch ſeh’ nun ſchon: ich ſoll heut meine tauſend
Dinar’, kein Naſerinchen mehr gewinnen.
Saladin.
Wie ſo?
Sittah.
Frag noch! — Weil du mit Fleiß, mit aller
Gewalt verlieren willſt. — Doch dabey find’
Jch meine Rechnung nicht. Denn auſſer, daß
Ein ſolches Spiel das unterhaltendſte
Nicht iſt: gewann ich immer nicht am meiſten
Mit dir, wenn ich verlor? Wenn haſt du mir
Den Satz, mich des verlornen Spieles wegen
Zu troͤſten, doppelt nicht hernach geſchenkt?
Saladin.
Ey ſieh! ſo haͤtteſt du ja wohl, wenn du
Verlorſt, mit Fleiß verloren, Schweſterchen?
Sittah.
Zum wenigſten kann gar wohl ſeyn, daß deine
Freygebigkeit, mein liebes Bruͤderchen,
Schuld iſt, daß ich nicht beſſer ſpielen lernen.
Saladin.
Wir kommen ab vom Spiele. Mach ein Ende!
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Zitationshilfe: | Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/60>, abgerufen am 16.02.2025. |