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Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779.

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Tempelherr.
Wohin?
Nein! -- Mit in Euer Haus? -- Das nicht! das nicht! --
Da brennts! -- Jch will Euch hier erwarten. Geht! --
Soll ich sie wiedersehn: so seh ich sie
Noch oft genug. Wo nicht: so sah ich sie
Schon viel zu viel ...
Nathan.
Jch will mich möglichst eilen.
Neunter Auftritt.
Der Tempelherr und bald darauf Daja.
Tempelherr.
Schon mehr als gnug! -- Des Menschen Hirn faßt so
Unendlich viel; und ist doch manchmal auch
So plötzlich voll! von einer Kleinigkeit
So plötzlich voll! -- Taugt nichts, taugt nichts; es sey
Auch voll wovon es will. -- Doch nur Geduld!
Die Seele wirkt den aufgedunsnen Stöff
Bald in einander, schafft sich Raum, und Licht
Und Ordnung kommen wieder. -- Lieb' ich denn
Zum erstenmale? -- Oder war, was ich
Als Liebe kenne, Liebe nicht? -- Jst Liebe
Nur was ich itzt empfinde? ...
Daja.
(die sich von der Seite herbeigeschlichen.)
Ritter! Ritter!
Tempel-
Tempelherr.
Wohin?
Nein! — Mit in Euer Haus? — Das nicht! das nicht! —
Da brennts! — Jch will Euch hier erwarten. Geht! —
Soll ich ſie wiederſehn: ſo ſeh ich ſie
Noch oft genug. Wo nicht: ſo ſah ich ſie
Schon viel zu viel …
Nathan.
Jch will mich moͤglichſt eilen.
Neunter Auftritt.
Der Tempelherr und bald darauf Daja.
Tempelherr.
Schon mehr als gnug! — Des Menſchen Hirn faßt ſo
Unendlich viel; und iſt doch manchmal auch
So ploͤtzlich voll! von einer Kleinigkeit
So ploͤtzlich voll! — Taugt nichts, taugt nichts; es ſey
Auch voll wovon es will. — Doch nur Geduld!
Die Seele wirkt den aufgedunſnen Stoͤff
Bald in einander, ſchafft ſich Raum, und Licht
Und Ordnung kommen wieder. — Lieb’ ich denn
Zum erſtenmale? — Oder war, was ich
Als Liebe kenne, Liebe nicht? — Jſt Liebe
Nur was ich itzt empfinde? …
Daja.
(die ſich von der Seite herbeigeſchlichen.)
Ritter! Ritter!
Tempel-
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[138/0146] Tempelherr. Wohin? Nein! — Mit in Euer Haus? — Das nicht! das nicht! — Da brennts! — Jch will Euch hier erwarten. Geht! — Soll ich ſie wiederſehn: ſo ſeh ich ſie Noch oft genug. Wo nicht: ſo ſah ich ſie Schon viel zu viel … Nathan. Jch will mich moͤglichſt eilen. Neunter Auftritt. Der Tempelherr und bald darauf Daja. Tempelherr. Schon mehr als gnug! — Des Menſchen Hirn faßt ſo Unendlich viel; und iſt doch manchmal auch So ploͤtzlich voll! von einer Kleinigkeit So ploͤtzlich voll! — Taugt nichts, taugt nichts; es ſey Auch voll wovon es will. — Doch nur Geduld! Die Seele wirkt den aufgedunſnen Stoͤff Bald in einander, ſchafft ſich Raum, und Licht Und Ordnung kommen wieder. — Lieb’ ich denn Zum erſtenmale? — Oder war, was ich Als Liebe kenne, Liebe nicht? — Jſt Liebe Nur was ich itzt empfinde? … Daja. (die ſich von der Seite herbeigeſchlichen.) Ritter! Ritter! Tempel-

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/146>, abgerufen am 24.11.2024.