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Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779.

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Der Mann will keinen Dank; will ihn so wenig
Als ihn der Wassereymer will, der bey
Dem Löschen so geschäftig sich erwiesen.
Der ließ sich füllen, ließ sich leeren, mir
Nichts, dir nichts: also auch der Mann. Auch der
Ward nun so in die Glut hineingestoßen;
Da fiel ich ungefähr ihm in den Arm;
Da blieb ich ungefähr, so wie ein Funken
Auf seinem Mantel, ihm in seinen Armen;
Bis wiederum, ich weiß nicht was, uns beyde
Herausschmiß aus der Glut. -- Was giebt es da
Zu danken? -- Jn Europa treibt der Wein
Zu noch weit andern Thaten. -- Tempelherren,
Die müssen einmal nun so handeln; müssen
Wie etwas besser zugelernte Hunde,
Sowohl aus Feuer, als aus Wasser hohlen.
Tempelherr.
(der sie mit Erstaunen und Unruhe die Zeit über betrachtet.)
O Daja, Daja! Wenn in Augenblicken
Des Kummers und der Galle, meine Laune
Dich übel anließ, warum jede Thorheit,
Die meiner Zung' entfuhr, ihr hinterbringen?
Das hieß sich zu empfindlich rächen, Daja!
Doch wenn du nur von nun an, besser mich
Bey ihr vertreten willst.
Daja.
Jch denke, Ritter,
Jch denke nicht, daß diese kleinen Stacheln,
Jhr
Der Mann will keinen Dank; will ihn ſo wenig
Als ihn der Waſſereymer will, der bey
Dem Loͤſchen ſo geſchaͤftig ſich erwieſen.
Der ließ ſich fuͤllen, ließ ſich leeren, mir
Nichts, dir nichts: alſo auch der Mann. Auch der
Ward nun ſo in die Glut hineingeſtoßen;
Da fiel ich ungefaͤhr ihm in den Arm;
Da blieb ich ungefaͤhr, ſo wie ein Funken
Auf ſeinem Mantel, ihm in ſeinen Armen;
Bis wiederum, ich weiß nicht was, uns beyde
Herausſchmiß aus der Glut. — Was giebt es da
Zu danken? — Jn Europa treibt der Wein
Zu noch weit andern Thaten. — Tempelherren,
Die muͤſſen einmal nun ſo handeln; muͤſſen
Wie etwas beſſer zugelernte Hunde,
Sowohl aus Feuer, als aus Waſſer hohlen.
Tempelherr.
(der ſie mit Erſtaunen und Unruhe die Zeit uͤber betrachtet.)
O Daja, Daja! Wenn in Augenblicken
Des Kummers und der Galle, meine Laune
Dich uͤbel anließ, warum jede Thorheit,
Die meiner Zung’ entfuhr, ihr hinterbringen?
Das hieß ſich zu empfindlich raͤchen, Daja!
Doch wenn du nur von nun an, beſſer mich
Bey ihr vertreten willſt.
Daja.
Jch denke, Ritter,
Jch denke nicht, daß dieſe kleinen Stacheln,
Jhr
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[102/0110] Der Mann will keinen Dank; will ihn ſo wenig Als ihn der Waſſereymer will, der bey Dem Loͤſchen ſo geſchaͤftig ſich erwieſen. Der ließ ſich fuͤllen, ließ ſich leeren, mir Nichts, dir nichts: alſo auch der Mann. Auch der Ward nun ſo in die Glut hineingeſtoßen; Da fiel ich ungefaͤhr ihm in den Arm; Da blieb ich ungefaͤhr, ſo wie ein Funken Auf ſeinem Mantel, ihm in ſeinen Armen; Bis wiederum, ich weiß nicht was, uns beyde Herausſchmiß aus der Glut. — Was giebt es da Zu danken? — Jn Europa treibt der Wein Zu noch weit andern Thaten. — Tempelherren, Die muͤſſen einmal nun ſo handeln; muͤſſen Wie etwas beſſer zugelernte Hunde, Sowohl aus Feuer, als aus Waſſer hohlen. Tempelherr. (der ſie mit Erſtaunen und Unruhe die Zeit uͤber betrachtet.) O Daja, Daja! Wenn in Augenblicken Des Kummers und der Galle, meine Laune Dich uͤbel anließ, warum jede Thorheit, Die meiner Zung’ entfuhr, ihr hinterbringen? Das hieß ſich zu empfindlich raͤchen, Daja! Doch wenn du nur von nun an, beſſer mich Bey ihr vertreten willſt. Daja. Jch denke, Ritter, Jch denke nicht, daß dieſe kleinen Stacheln, Jhr

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/110>, abgerufen am 29.03.2024.