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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.

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wird, sondern auf die dem Phalaris zu bewilligen-
de Leibwache, gezogen und angewandt wird.

Was folgt nun aus alle dem? Dieses: da die Fa-
bel nur alsdenn allegorisch wird, wenn ich dem er-
dichteten einzeln Falle, den sie enthält, einen an-
dern ähnlichen Fall, der sich wirklich zugetragen hat,
entgegen stelle; da sie es nicht an und für sich selbst ist,
in so fern sie eine allgemeine moralische Lehre enthält:
so gehöret das Wort Allegorie gar nicht in die Er-
klärung derselben. -- Dieses ist das zweyte, was
ich gegen die Erklärung des de la Motte zu erin-
nern habe.

Und man glaube ja nicht, daß ich es bloß als ein
müssiges, überflüssiges Wort daraus verdrengen will.
Es ist hier, wo es steht, ein höchst schädliches Wort,
dem wir vielleicht eine Menge schlechter Fabeln zu
danken haben. Man begnüge sich nur, die Fabel,
in Ansehung des allgemeinen Lehrsatzes, bloß al-
legorisch
zu machen; und man kann sicher glauben,
eine schlechte Fabel gemacht zu haben. Ist aber
eine schlechte Fabel eine Fabel? -- Ein Exempel
wird die Sache in ihr völliges Licht setzen. Ich

wehle

wird, ſondern auf die dem Phalaris zu bewilligen-
de Leibwache, gezogen und angewandt wird.

Was folgt nun aus alle dem? Dieſes: da die Fa-
bel nur alsdenn allegoriſch wird, wenn ich dem er-
dichteten einzeln Falle, den ſie enthält, einen an-
dern ähnlichen Fall, der ſich wirklich zugetragen hat,
entgegen ſtelle; da ſie es nicht an und für ſich ſelbſt iſt,
in ſo fern ſie eine allgemeine moraliſche Lehre enthält:
ſo gehöret das Wort Allegorie gar nicht in die Er-
klärung derſelben. — Dieſes iſt das zweyte, was
ich gegen die Erklärung des de la Motte zu erin-
nern habe.

Und man glaube ja nicht, daß ich es bloß als ein
müſſiges, überflüſſiges Wort daraus verdrengen will.
Es iſt hier, wo es ſteht, ein höchſt ſchädliches Wort,
dem wir vielleicht eine Menge ſchlechter Fabeln zu
danken haben. Man begnüge ſich nur, die Fabel,
in Anſehung des allgemeinen Lehrſatzes, bloß al-
legoriſch
zu machen; und man kann ſicher glauben,
eine ſchlechte Fabel gemacht zu haben. Iſt aber
eine ſchlechte Fabel eine Fabel? — Ein Exempel
wird die Sache in ihr völliges Licht ſetzen. Ich

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[127/0147] wird, ſondern auf die dem Phalaris zu bewilligen- de Leibwache, gezogen und angewandt wird. Was folgt nun aus alle dem? Dieſes: da die Fa- bel nur alsdenn allegoriſch wird, wenn ich dem er- dichteten einzeln Falle, den ſie enthält, einen an- dern ähnlichen Fall, der ſich wirklich zugetragen hat, entgegen ſtelle; da ſie es nicht an und für ſich ſelbſt iſt, in ſo fern ſie eine allgemeine moraliſche Lehre enthält: ſo gehöret das Wort Allegorie gar nicht in die Er- klärung derſelben. — Dieſes iſt das zweyte, was ich gegen die Erklärung des de la Motte zu erin- nern habe. Und man glaube ja nicht, daß ich es bloß als ein müſſiges, überflüſſiges Wort daraus verdrengen will. Es iſt hier, wo es ſteht, ein höchſt ſchädliches Wort, dem wir vielleicht eine Menge ſchlechter Fabeln zu danken haben. Man begnüge ſich nur, die Fabel, in Anſehung des allgemeinen Lehrſatzes, bloß al- legoriſch zu machen; und man kann ſicher glauben, eine ſchlechte Fabel gemacht zu haben. Iſt aber eine ſchlechte Fabel eine Fabel? — Ein Exempel wird die Sache in ihr völliges Licht ſetzen. Ich wehle

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/147>, abgerufen am 27.11.2024.