art reimet: -- weil ihr doch so sehr darauf be- steht; es sey!
"Nein, sagt die Critik; das ist zu viel! Der Dichter ist hier mit Recht zu tadeln. Das ein- zige, was man noch zu seiner Rechtfertigung sagen könnte, wäre dieses, daß er die nachthei- ligen Folgen einer übermäßigen Gutherzigkeit habe zeigen wollen. Doch Micio hat sich bis dahin so liebenswürdig bewiesen, er hat so viel Verstand, so viele Kenntniß der Welt gezeigt, daß diese seine letzte Ausschweifung wider alle Wahrscheinlichkeit ist, und den feinern Zu- schauer nothwendig beleidigen muß. Wie ge- sagt also: der Dichter ist hier zu tadeln, auf alle Weise zu tadeln!"
Aber welcher Dichter? Terenz? oder Me- nander? oder beide? -- Der neue englische Uebersetzer des Terenz, Colmann, will den größern Theil des Tadels auf den Menander zurückschieben; und glaubt aus einer Anmer- kung des Donatus beweisen zu können, daß Te- renz die Ungereimtheit seines Originals in dieser Stelle wenigstens sehr gemildert habe. Dona- tus sagt nehmlich: Apud Menandrum senex de nuptiis non gravatur. Ergo Terentius euretikos.
"Es
art reimet: — weil ihr doch ſo ſehr darauf be- ſteht; es ſey!
„Nein, ſagt die Critik; das iſt zu viel! Der Dichter iſt hier mit Recht zu tadeln. Das ein- zige, was man noch zu ſeiner Rechtfertigung ſagen könnte, wäre dieſes, daß er die nachthei- ligen Folgen einer übermäßigen Gutherzigkeit habe zeigen wollen. Doch Micio hat ſich bis dahin ſo liebenswürdig bewieſen, er hat ſo viel Verſtand, ſo viele Kenntniß der Welt gezeigt, daß dieſe ſeine letzte Ausſchweifung wider alle Wahrſcheinlichkeit iſt, und den feinern Zu- ſchauer nothwendig beleidigen muß. Wie ge- ſagt alſo: der Dichter iſt hier zu tadeln, auf alle Weiſe zu tadeln!„
Aber welcher Dichter? Terenz? oder Me- nander? oder beide? — Der neue engliſche Ueberſetzer des Terenz, Colmann, will den größern Theil des Tadels auf den Menander zurückſchieben; und glaubt aus einer Anmer- kung des Donatus beweiſen zu können, daß Te- renz die Ungereimtheit ſeines Originals in dieſer Stelle wenigſtens ſehr gemildert habe. Dona- tus ſagt nehmlich: Apud Menandrum ſenex de nuptiis non gravatur. Ergo Terentius ἑυρητικως.
„Es
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art reimet: — weil ihr doch ſo ſehr darauf be-
ſteht; es ſey!
„Nein, ſagt die Critik; das iſt zu viel! Der
Dichter iſt hier mit Recht zu tadeln. Das ein-
zige, was man noch zu ſeiner Rechtfertigung
ſagen könnte, wäre dieſes, daß er die nachthei-
ligen Folgen einer übermäßigen Gutherzigkeit
habe zeigen wollen. Doch Micio hat ſich bis
dahin ſo liebenswürdig bewieſen, er hat ſo viel
Verſtand, ſo viele Kenntniß der Welt gezeigt,
daß dieſe ſeine letzte Ausſchweifung wider alle
Wahrſcheinlichkeit iſt, und den feinern Zu-
ſchauer nothwendig beleidigen muß. Wie ge-
ſagt alſo: der Dichter iſt hier zu tadeln, auf
alle Weiſe zu tadeln!„
Aber welcher Dichter? Terenz? oder Me-
nander? oder beide? — Der neue engliſche
Ueberſetzer des Terenz, Colmann, will den
größern Theil des Tadels auf den Menander
zurückſchieben; und glaubt aus einer Anmer-
kung des Donatus beweiſen zu können, daß Te-
renz die Ungereimtheit ſeines Originals in dieſer
Stelle wenigſtens ſehr gemildert habe. Dona-
tus ſagt nehmlich: Apud Menandrum ſenex
de nuptiis non gravatur. Ergo Terentius
ἑυρητικως.
„Es
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/388>, abgerufen am 22.11.2024.
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