zu machen, als es hier in meinen Kram die- net. --
Ein Kayser -- was weiß ich, wo und wel- cher? -- hatte mit einem gewissen magischen Ringe gewisse Kleinode so viel häßliches Zeug schwatzen lassen, daß seine Favoritinn durchaus nichts mehr davon hören wollte. Sie hätte lie- ber gar mit ihrem ganzen Geschlechte darüber brechen mögen; wenigsten nahm sie sich auf die ersten vierzehn Tage vor, ihren Umgang einzig auf des Sultans Majestät und ein Paar witzige Köpfe einzuschränken. Diese waren, Selim und Riccaric: Selim, ein Hofmann; und Ric- carie, ein Mitglied der Kayserlichen Akademie, ein Mann, der das Alterthum studiret hatte und ein großer Verehrer desselben war, doch ohne Pe- dant zu seyn. Mit diesen unterhält sich die Fa- voritinn einsmals, und das Gespräch fällt auf den elenden Ton der akademischen Reden, über den sich niemand mehr ereifert als der Sultan selbst, weil es ihn verdrießt, sich nur immer auf Unkosten seines Vaters und seiner Vorfah- ren darinn loben zu hören, und er wohl voraus- sieht, daß die Akademie eben so auch seinen Ruhm einmal dem Ruhme seiner Nachfolger aufopfern werde. Selim, als Hofmann, war dem Sultan in allem beygefallen: und so spinnt sich die Unterredung über das Theater an, die ich meinen Lesern hier ganz mittheile.
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zu machen, als es hier in meinen Kram die- net. —
Ein Kayſer — was weiß ich, wo und wel- cher? — hatte mit einem gewiſſen magiſchen Ringe gewiſſe Kleinode ſo viel häßliches Zeug ſchwatzen laſſen, daß ſeine Favoritinn durchaus nichts mehr davon hören wollte. Sie hätte lie- ber gar mit ihrem ganzen Geſchlechte darüber brechen mögen; wenigſten nahm ſie ſich auf die erſten vierzehn Tage vor, ihren Umgang einzig auf des Sultans Majeſtät und ein Paar witzige Köpfe einzuſchränken. Dieſe waren, Selim und Riccaric: Selim, ein Hofmann; und Ric- carie, ein Mitglied der Kayſerlichen Akademie, ein Mann, der das Alterthum ſtudiret hatte und ein großer Verehrer deſſelben war, doch ohne Pe- dant zu ſeyn. Mit dieſen unterhält ſich die Fa- voritinn einsmals, und das Geſpräch fällt auf den elenden Ton der akademiſchen Reden, über den ſich niemand mehr ereifert als der Sultan ſelbſt, weil es ihn verdrießt, ſich nur immer auf Unkoſten ſeines Vaters und ſeiner Vorfah- ren darinn loben zu hören, und er wohl voraus- ſieht, daß die Akademie eben ſo auch ſeinen Ruhm einmal dem Ruhme ſeiner Nachfolger aufopfern werde. Selim, als Hofmann, war dem Sultan in allem beygefallen: und ſo ſpinnt ſich die Unterredung über das Theater an, die ich meinen Leſern hier ganz mittheile.
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zu machen, als es hier in meinen Kram die-
net. —
Ein Kayſer — was weiß ich, wo und wel-
cher? — hatte mit einem gewiſſen magiſchen
Ringe gewiſſe Kleinode ſo viel häßliches Zeug
ſchwatzen laſſen, daß ſeine Favoritinn durchaus
nichts mehr davon hören wollte. Sie hätte lie-
ber gar mit ihrem ganzen Geſchlechte darüber
brechen mögen; wenigſten nahm ſie ſich auf die
erſten vierzehn Tage vor, ihren Umgang einzig
auf des Sultans Majeſtät und ein Paar witzige
Köpfe einzuſchränken. Dieſe waren, Selim
und Riccaric: Selim, ein Hofmann; und Ric-
carie, ein Mitglied der Kayſerlichen Akademie,
ein Mann, der das Alterthum ſtudiret hatte und
ein großer Verehrer deſſelben war, doch ohne Pe-
dant zu ſeyn. Mit dieſen unterhält ſich die Fa-
voritinn einsmals, und das Geſpräch fällt auf
den elenden Ton der akademiſchen Reden, über
den ſich niemand mehr ereifert als der Sultan
ſelbſt, weil es ihn verdrießt, ſich nur immer
auf Unkoſten ſeines Vaters und ſeiner Vorfah-
ren darinn loben zu hören, und er wohl voraus-
ſieht, daß die Akademie eben ſo auch ſeinen
Ruhm einmal dem Ruhme ſeiner Nachfolger
aufopfern werde. Selim, als Hofmann, war
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ſich die Unterredung über das Theater an, die
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/257>, abgerufen am 22.11.2024.
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