Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

Bild:
<< vorherige Seite

wünschte ich sehr, daß man ihnen eine gute
Uebersetzung davon in die Hände geben wollte.
Es versteht sich, daß der Dichter dabey seyn,
und aus dem Commentar alles wegbleiben müß-
te, was die bloße Worterklärung betrift. Die
Dacier hat in dieser Absicht den Donatus nur
schlecht genutzt, und ihre Uebersetzung des Textes
ist wäßrig und steif. Eine neuere deutsche,
die wir haben, hat das Verdienst der Richtig-
keit so so, aber das Verdienst der komischen
Sprache fehlt ihr gänzlich; (*) und Donatus

ist
(*) Halle 1753. Wunders halben erlaube man
mir die Stelle daraus anzuführen, die ich
eben itzt übersetzt habe. Was mir hier aus
der Feder geflossen, ist weit entfernt, so zu
seyn, wie es seyn sollte: aber man wird doch
ungefehr daraus sehen können, worinn das
Verdienst besteht, das ich dieser Uebersetzung
absprechen muß.
Demea. Aber mein lieber Bruder, daß
uns nur nicht deine schönen Gründe, und dein
gleichgültiges Gemüthe sie ganz und gar ins
Verderben stürzen.
Micio. Ach, schweig doch nur, das wird
nicht geschehen. Laß das immer seyn. Ueber-
laß dich heute einmal mir. Weg mit den
Runzeln von der Stirne.
Demea. Ja, ja, die Zeit bringt es so
mit sich, ich muß es wohl thun. Aber mit
anbrechendem Tage gehe ich wieder mit mei-
nem Sohne aufs Land.

Mi-

wünſchte ich ſehr, daß man ihnen eine gute
Ueberſetzung davon in die Hände geben wollte.
Es verſteht ſich, daß der Dichter dabey ſeyn,
und aus dem Commentar alles wegbleiben müß-
te, was die bloße Worterklärung betrift. Die
Dacier hat in dieſer Abſicht den Donatus nur
ſchlecht genutzt, und ihre Ueberſetzung des Textes
iſt wäßrig und ſteif. Eine neuere deutſche,
die wir haben, hat das Verdienſt der Richtig-
keit ſo ſo, aber das Verdienſt der komiſchen
Sprache fehlt ihr gänzlich; (*) und Donatus

iſt
(*) Halle 1753. Wunders halben erlaube man
mir die Stelle daraus anzuführen, die ich
eben itzt überſetzt habe. Was mir hier aus
der Feder gefloſſen, iſt weit entfernt, ſo zu
ſeyn, wie es ſeyn ſollte: aber man wird doch
ungefehr daraus ſehen können, worinn das
Verdienſt beſteht, das ich dieſer Ueberſetzung
abſprechen muß.
Demea. Aber mein lieber Bruder, daß
uns nur nicht deine ſchönen Gründe, und dein
gleichgültiges Gemüthe ſie ganz und gar ins
Verderben ſtürzen.
Micio. Ach, ſchweig doch nur, das wird
nicht geſchehen. Laß das immer ſeyn. Ueber-
laß dich heute einmal mir. Weg mit den
Runzeln von der Stirne.
Demea. Ja, ja, die Zeit bringt es ſo
mit ſich, ich muß es wohl thun. Aber mit
anbrechendem Tage gehe ich wieder mit mei-
nem Sohne aufs Land.

Mi-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0164" n="158"/>
wün&#x017F;chte ich &#x017F;ehr, daß man ihnen eine gute<lb/>
Ueber&#x017F;etzung davon in die Hände geben wollte.<lb/>
Es ver&#x017F;teht &#x017F;ich, daß der Dichter dabey &#x017F;eyn,<lb/>
und aus dem Commentar alles wegbleiben müß-<lb/>
te, was die bloße Worterklärung betrift. Die<lb/>
Dacier hat in die&#x017F;er Ab&#x017F;icht den Donatus nur<lb/>
&#x017F;chlecht genutzt, und ihre Ueber&#x017F;etzung des Textes<lb/>
i&#x017F;t wäßrig und &#x017F;teif. Eine neuere deut&#x017F;che,<lb/>
die wir haben, hat das Verdien&#x017F;t der Richtig-<lb/>
keit &#x017F;o &#x017F;o, aber das Verdien&#x017F;t der komi&#x017F;chen<lb/>
Sprache fehlt ihr gänzlich; <note xml:id="seg2pn_19_1" next="#seg2pn_19_2" place="foot" n="(*)">Halle 1753. Wunders halben erlaube man<lb/>
mir die Stelle daraus anzuführen, die ich<lb/>
eben itzt über&#x017F;etzt habe. Was mir hier aus<lb/>
der Feder geflo&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t weit entfernt, &#x017F;o zu<lb/>
&#x017F;eyn, wie es &#x017F;eyn &#x017F;ollte: aber man wird doch<lb/>
ungefehr daraus &#x017F;ehen können, worinn das<lb/>
Verdien&#x017F;t be&#x017F;teht, das ich die&#x017F;er Ueber&#x017F;etzung<lb/>
ab&#x017F;prechen muß.<lb/><cit><quote><sp><speaker><hi rendition="#g">Demea</hi>.</speaker><p> Aber mein lieber Bruder, daß<lb/>
uns nur nicht deine &#x017F;chönen Gründe, und dein<lb/>
gleichgültiges Gemüthe &#x017F;ie ganz und gar ins<lb/>
Verderben &#x017F;türzen.</p></sp><lb/><sp><speaker><hi rendition="#g">Micio</hi>.</speaker><p> Ach, &#x017F;chweig doch nur, das wird<lb/>
nicht ge&#x017F;chehen. Laß das immer &#x017F;eyn. Ueber-<lb/>
laß dich heute einmal mir. Weg mit den<lb/>
Runzeln von der Stirne.</p></sp><lb/><sp><speaker><hi rendition="#g">Demea</hi>.</speaker><p> Ja, ja, die Zeit bringt es &#x017F;o<lb/>
mit &#x017F;ich, ich muß es wohl thun. Aber mit<lb/>
anbrechendem Tage gehe ich wieder mit mei-<lb/>
nem Sohne aufs Land.</p></sp></quote><bibl/></cit><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">Mi-</hi></fw></note> und Donatus<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0164] wünſchte ich ſehr, daß man ihnen eine gute Ueberſetzung davon in die Hände geben wollte. Es verſteht ſich, daß der Dichter dabey ſeyn, und aus dem Commentar alles wegbleiben müß- te, was die bloße Worterklärung betrift. Die Dacier hat in dieſer Abſicht den Donatus nur ſchlecht genutzt, und ihre Ueberſetzung des Textes iſt wäßrig und ſteif. Eine neuere deutſche, die wir haben, hat das Verdienſt der Richtig- keit ſo ſo, aber das Verdienſt der komiſchen Sprache fehlt ihr gänzlich; (*) und Donatus iſt (*) Halle 1753. Wunders halben erlaube man mir die Stelle daraus anzuführen, die ich eben itzt überſetzt habe. Was mir hier aus der Feder gefloſſen, iſt weit entfernt, ſo zu ſeyn, wie es ſeyn ſollte: aber man wird doch ungefehr daraus ſehen können, worinn das Verdienſt beſteht, das ich dieſer Ueberſetzung abſprechen muß. Demea. Aber mein lieber Bruder, daß uns nur nicht deine ſchönen Gründe, und dein gleichgültiges Gemüthe ſie ganz und gar ins Verderben ſtürzen. Micio. Ach, ſchweig doch nur, das wird nicht geſchehen. Laß das immer ſeyn. Ueber- laß dich heute einmal mir. Weg mit den Runzeln von der Stirne. Demea. Ja, ja, die Zeit bringt es ſo mit ſich, ich muß es wohl thun. Aber mit anbrechendem Tage gehe ich wieder mit mei- nem Sohne aufs Land. Mi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/164
Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/164>, abgerufen am 29.03.2024.