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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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Wenn doch Trublet den Hrn. von Fontenelle
gefragt hätte, wie er dieses meine. Oder Falls
es ihm so schon verständlich genug war, wenn
er es doch auch seinen Lesern mit ein Paar Wor-
ten hätte verständlich machen wollen. Ich we-
nigstens bekenne, daß ich gar nicht absehe, wo
Fontenelle mit diesem Räthsel hingewollt. Ich
glaube, er hat sich versprochen; oder Trublet
hat sich verhört.

Wenn indeß, nach der Meinung dieser Män-
ner, der Stoff der Frauenschule so besonders
glücklich ist, und Moliere in der Ausführung
desselben nur zu kurz gefallen: so hätte sich dieser
auf das ganze Stück eben nicht viel einzubilden
gehabt. Denn der Stoff ist nicht von ihm;
sondern Theils aus einer Spanischen Erzehlung,
die man bey dem Scarron, unter dem Titel, die
vergebliche Vorsicht, findet, Theils aus den
spaßhaften Nächten des Straparolle genommen,
wo ein Liebhaber einem seiner Freunde alle Tage
vertrauet, wie weit er mit seiner Geliebten ge-
kommen, ohne zu wissen, daß dieser Freund sein
Nebenbuhler ist.

"Die Frauenschule, sagt der Herr von Vol-
taire, war ein Stück von einer ganz neuen Gat-
tung, worinn zwar alles nur Erzehlung, aber
doch so künstliche Erzehlung ist, daß alles Hand-
lung zu seyn scheinet."

Wenn

Wenn doch Trublet den Hrn. von Fontenelle
gefragt hätte, wie er dieſes meine. Oder Falls
es ihm ſo ſchon verſtändlich genug war, wenn
er es doch auch ſeinen Leſern mit ein Paar Wor-
ten hätte verſtändlich machen wollen. Ich we-
nigſtens bekenne, daß ich gar nicht abſehe, wo
Fontenelle mit dieſem Räthſel hingewollt. Ich
glaube, er hat ſich verſprochen; oder Trublet
hat ſich verhört.

Wenn indeß, nach der Meinung dieſer Män-
ner, der Stoff der Frauenſchule ſo beſonders
glücklich iſt, und Moliere in der Ausführung
deſſelben nur zu kurz gefallen: ſo hätte ſich dieſer
auf das ganze Stück eben nicht viel einzubilden
gehabt. Denn der Stoff iſt nicht von ihm;
ſondern Theils aus einer Spaniſchen Erzehlung,
die man bey dem Scarron, unter dem Titel, die
vergebliche Vorſicht, findet, Theils aus den
ſpaßhaften Nächten des Straparolle genommen,
wo ein Liebhaber einem ſeiner Freunde alle Tage
vertrauet, wie weit er mit ſeiner Geliebten ge-
kommen, ohne zu wiſſen, daß dieſer Freund ſein
Nebenbuhler iſt.

„Die Frauenſchule, ſagt der Herr von Vol-
taire, war ein Stück von einer ganz neuen Gat-
tung, worinn zwar alles nur Erzehlung, aber
doch ſo künſtliche Erzehlung iſt, daß alles Hand-
lung zu ſeyn ſcheinet.„

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[6/0012] Wenn doch Trublet den Hrn. von Fontenelle gefragt hätte, wie er dieſes meine. Oder Falls es ihm ſo ſchon verſtändlich genug war, wenn er es doch auch ſeinen Leſern mit ein Paar Wor- ten hätte verſtändlich machen wollen. Ich we- nigſtens bekenne, daß ich gar nicht abſehe, wo Fontenelle mit dieſem Räthſel hingewollt. Ich glaube, er hat ſich verſprochen; oder Trublet hat ſich verhört. Wenn indeß, nach der Meinung dieſer Män- ner, der Stoff der Frauenſchule ſo beſonders glücklich iſt, und Moliere in der Ausführung deſſelben nur zu kurz gefallen: ſo hätte ſich dieſer auf das ganze Stück eben nicht viel einzubilden gehabt. Denn der Stoff iſt nicht von ihm; ſondern Theils aus einer Spaniſchen Erzehlung, die man bey dem Scarron, unter dem Titel, die vergebliche Vorſicht, findet, Theils aus den ſpaßhaften Nächten des Straparolle genommen, wo ein Liebhaber einem ſeiner Freunde alle Tage vertrauet, wie weit er mit ſeiner Geliebten ge- kommen, ohne zu wiſſen, daß dieſer Freund ſein Nebenbuhler iſt. „Die Frauenſchule, ſagt der Herr von Vol- taire, war ein Stück von einer ganz neuen Gat- tung, worinn zwar alles nur Erzehlung, aber doch ſo künſtliche Erzehlung iſt, daß alles Hand- lung zu ſeyn ſcheinet.„ Wenn

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/12>, abgerufen am 23.11.2024.