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Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.

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mengenagelt, so erlauben Sie mir, m. H.
Sie beym Arm zu zupfen und mittlerweile
das übrige Parterre mit ofnem Mund und
gläsernen Augen als Katzen nach dem Tau-
benschlage zu den Logen hinaufglurt, Jhnen
eine müßige Stunde mit Anmerkungen über
Theater, über Schauspieler und Schauspiel
anzufüllen. Sie werden mir als einem Frem-
den nicht übel nehmen, daß ich mit einer
gewissen Freiheit von den Dingen rede und
meine Worte --

Mit Jhrer Erlaubnis werde ich also ein
wenig weit ausholen, weil ich solches zu mei-
nem Entzweck -- meinem Entzweck? Was
meynen Sie aber wohl, das der sey? Es giebt
Personen, die eben so geneigt sind was
Neues zu sagen und das einmal gesagte mit
allen Kräften Leibes und der Seele zu ver-
theidigen, als der gröbere Theil des Publi-
kums, der dazu geschaffen ist, ewig Auditori-
um zu seyn, geneigt ist, was Neues zu hören.
Da ich hier aber kein solches Publikum --
so untersteh ich mich nicht, Jhnen den letzten
Entzweck dieser Anmerkungen, das Ziel meiner
Partheygänger anzuzeigen. Vielleicht wer-
den Sie, wenn Sie mit mir fortgeritten sind,
von selbst drauf stossen und alsdenn --

Wir alle sind Freunde der Dichtkunst, und
das menschliche Geschlecht scheint auf allen

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mengenagelt, ſo erlauben Sie mir, m. H.
Sie beym Arm zu zupfen und mittlerweile
das uͤbrige Parterre mit ofnem Mund und
glaͤſernen Augen als Katzen nach dem Tau-
benſchlage zu den Logen hinaufglurt, Jhnen
eine muͤßige Stunde mit Anmerkungen uͤber
Theater, uͤber Schauſpieler und Schauſpiel
anzufuͤllen. Sie werden mir als einem Frem-
den nicht uͤbel nehmen, daß ich mit einer
gewiſſen Freiheit von den Dingen rede und
meine Worte —

Mit Jhrer Erlaubnis werde ich alſo ein
wenig weit ausholen, weil ich ſolches zu mei-
nem Entzweck — meinem Entzweck? Was
meynen Sie aber wohl, das der ſey? Es giebt
Perſonen, die eben ſo geneigt ſind was
Neues zu ſagen und das einmal geſagte mit
allen Kraͤften Leibes und der Seele zu ver-
theidigen, als der groͤbere Theil des Publi-
kums, der dazu geſchaffen iſt, ewig Auditori-
um zu ſeyn, geneigt iſt, was Neues zu hoͤren.
Da ich hier aber kein ſolches Publikum —
ſo unterſteh ich mich nicht, Jhnen den letzten
Entzweck dieſer Anmerkungen, das Ziel meiner
Partheygaͤnger anzuzeigen. Vielleicht wer-
den Sie, wenn Sie mit mir fortgeritten ſind,
von ſelbſt drauf ſtoſſen und alsdenn —

Wir alle ſind Freunde der Dichtkunſt, und
das menſchliche Geſchlecht ſcheint auf allen

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[9/0015] mengenagelt, ſo erlauben Sie mir, m. H. Sie beym Arm zu zupfen und mittlerweile das uͤbrige Parterre mit ofnem Mund und glaͤſernen Augen als Katzen nach dem Tau- benſchlage zu den Logen hinaufglurt, Jhnen eine muͤßige Stunde mit Anmerkungen uͤber Theater, uͤber Schauſpieler und Schauſpiel anzufuͤllen. Sie werden mir als einem Frem- den nicht uͤbel nehmen, daß ich mit einer gewiſſen Freiheit von den Dingen rede und meine Worte — Mit Jhrer Erlaubnis werde ich alſo ein wenig weit ausholen, weil ich ſolches zu mei- nem Entzweck — meinem Entzweck? Was meynen Sie aber wohl, das der ſey? Es giebt Perſonen, die eben ſo geneigt ſind was Neues zu ſagen und das einmal geſagte mit allen Kraͤften Leibes und der Seele zu ver- theidigen, als der groͤbere Theil des Publi- kums, der dazu geſchaffen iſt, ewig Auditori- um zu ſeyn, geneigt iſt, was Neues zu hoͤren. Da ich hier aber kein ſolches Publikum — ſo unterſteh ich mich nicht, Jhnen den letzten Entzweck dieſer Anmerkungen, das Ziel meiner Partheygaͤnger anzuzeigen. Vielleicht wer- den Sie, wenn Sie mit mir fortgeritten ſind, von ſelbſt drauf ſtoſſen und alsdenn — Wir alle ſind Freunde der Dichtkunſt, und das menſchliche Geſchlecht ſcheint auf allen be- A 5

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Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/15>, abgerufen am 24.11.2024.