Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.3. Er hat geliebt! -- vor langer, trüber Zeit, Da ging er einst, ein fröhlicher Geselle, Mit seinem Lieb durch diese Einsamkeit, Und kam mit ihr zur stillen Waldkapelle. Sie traten ein, sie knieten hin; da glomm Durch's Fenster hell herein die Abendröthe, Er betete mit ihr so selig fromm, Und draußen sang des Hirten weiche Flöte. Da hob die Hand sie schnell und feierlich, Und sprach, so schien's, mit tiefbewegter Stimme: "Lieb ich nicht warm, und treu, und ewig dich, "So strafe mich der Herr mit seinem Grimme!" Und höher glomm der helle Abendstrahl,
So wie sein Herz, sich ewig ihr zu weihen, Und draußen klang im stillen Waldesthal Des Hirten Lied wie Himmelsmelodeien. -- 3. Er hat geliebt! — vor langer, truͤber Zeit, Da ging er einſt, ein froͤhlicher Geſelle, Mit ſeinem Lieb durch dieſe Einſamkeit, Und kam mit ihr zur ſtillen Waldkapelle. Sie traten ein, ſie knieten hin; da glomm Durch's Fenſter hell herein die Abendroͤthe, Er betete mit ihr ſo ſelig fromm, Und draußen ſang des Hirten weiche Floͤte. Da hob die Hand ſie ſchnell und feierlich, Und ſprach, ſo ſchien's, mit tiefbewegter Stimme: „Lieb ich nicht warm, und treu, und ewig dich, „So ſtrafe mich der Herr mit ſeinem Grimme!“ Und hoͤher glomm der helle Abendſtrahl,
So wie ſein Herz, ſich ewig ihr zu weihen, Und draußen klang im ſtillen Waldesthal Des Hirten Lied wie Himmelsmelodeien. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0197" n="183"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">3.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">E</hi>r hat geliebt! — vor langer, truͤber Zeit,</l><lb/> <l>Da ging er einſt, ein froͤhlicher Geſelle,</l><lb/> <l>Mit ſeinem Lieb durch dieſe Einſamkeit,</l><lb/> <l>Und kam mit ihr zur ſtillen Waldkapelle.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Sie traten ein, ſie knieten hin; da glomm</l><lb/> <l>Durch's Fenſter hell herein die Abendroͤthe,</l><lb/> <l>Er betete mit ihr ſo ſelig fromm,</l><lb/> <l>Und draußen ſang des Hirten weiche Floͤte.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Da hob die Hand ſie ſchnell und feierlich,</l><lb/> <l>Und ſprach, ſo ſchien's, mit tiefbewegter Stimme:</l><lb/> <l>„Lieb ich nicht warm, und treu, und ewig dich,</l><lb/> <l>„So ſtrafe mich der Herr mit ſeinem Grimme!“</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Und hoͤher glomm der helle Abendſtrahl,</l><lb/> <l>So wie ſein Herz, ſich ewig ihr zu weihen,</l><lb/> <l>Und draußen klang im ſtillen Waldesthal</l><lb/> <l>Des Hirten Lied wie Himmelsmelodeien. —</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [183/0197]
3.
Er hat geliebt! — vor langer, truͤber Zeit,
Da ging er einſt, ein froͤhlicher Geſelle,
Mit ſeinem Lieb durch dieſe Einſamkeit,
Und kam mit ihr zur ſtillen Waldkapelle.
Sie traten ein, ſie knieten hin; da glomm
Durch's Fenſter hell herein die Abendroͤthe,
Er betete mit ihr ſo ſelig fromm,
Und draußen ſang des Hirten weiche Floͤte.
Da hob die Hand ſie ſchnell und feierlich,
Und ſprach, ſo ſchien's, mit tiefbewegter Stimme:
„Lieb ich nicht warm, und treu, und ewig dich,
„So ſtrafe mich der Herr mit ſeinem Grimme!“
Und hoͤher glomm der helle Abendſtrahl,
So wie ſein Herz, ſich ewig ihr zu weihen,
Und draußen klang im ſtillen Waldesthal
Des Hirten Lied wie Himmelsmelodeien. —
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Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/197>, abgerufen am 22.07.2024. |