Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Wie bald, wie bald, daß ihn ihr Herz vergißt! Daß ihr ein Andrer schon des falschen Eides Das lezte Wort von falscher Lippe küßt, Sie mit dem Glanze schmückt des Brautgeschmeides! Und all' ihr Leben, Freudentaumel nur, Den noch kein flüchtig Leid ihr jemals störte, Zieht, unverfolgt von ihrem falschen Schwur, Und frech am Gott vorüber, der ihn hörte. -- Das war's, o Schicksal, was der Mensch gethan, Daß mit des Wahnsinns bangen Finsternissen Du ihm verschüttet hast die Lebensbahn, Aus seiner Seele seinen Gott gerissen! D'rum flucht er nun empor mit wildem Spott, Gequält von seinem Schmerz, an jener Stelle, Wo er so selig einst gekniet vor Gott; D'rum irrt er, wie gebannt, um die Kapelle. Wie bald, wie bald, daß ihn ihr Herz vergißt! Daß ihr ein Andrer ſchon des falſchen Eides Das lezte Wort von falſcher Lippe kuͤßt, Sie mit dem Glanze ſchmuͤckt des Brautgeſchmeides! Und all' ihr Leben, Freudentaumel nur, Den noch kein fluͤchtig Leid ihr jemals ſtoͤrte, Zieht, unverfolgt von ihrem falſchen Schwur, Und frech am Gott voruͤber, der ihn hoͤrte. — Das war's, o Schickſal, was der Menſch gethan, Daß mit des Wahnſinns bangen Finſterniſſen Du ihm verſchuͤttet haſt die Lebensbahn, Aus ſeiner Seele ſeinen Gott geriſſen! D'rum flucht er nun empor mit wildem Spott, Gequaͤlt von ſeinem Schmerz, an jener Stelle, Wo er ſo ſelig einſt gekniet vor Gott; D'rum irrt er, wie gebannt, um die Kapelle. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0198" n="184"/> <lg n="5"> <l>Wie bald, wie bald, daß ihn ihr Herz vergißt!</l><lb/> <l>Daß ihr ein Andrer ſchon des falſchen Eides</l><lb/> <l>Das lezte Wort von falſcher Lippe kuͤßt,</l><lb/> <l>Sie mit dem Glanze ſchmuͤckt des Brautgeſchmeides!</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Und all' ihr Leben, Freudentaumel nur,</l><lb/> <l>Den noch kein fluͤchtig Leid ihr jemals ſtoͤrte,</l><lb/> <l>Zieht, unverfolgt von ihrem falſchen Schwur,</l><lb/> <l>Und frech am Gott voruͤber, der ihn hoͤrte. —</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Das war's, o Schickſal, was der Menſch gethan,</l><lb/> <l>Daß mit des Wahnſinns bangen Finſterniſſen</l><lb/> <l>Du ihm verſchuͤttet haſt die Lebensbahn,</l><lb/> <l>Aus ſeiner Seele ſeinen Gott geriſſen!</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>D'rum flucht er nun empor mit wildem Spott,</l><lb/> <l>Gequaͤlt von ſeinem Schmerz, an jener Stelle,</l><lb/> <l>Wo er ſo ſelig einſt gekniet vor Gott;</l><lb/> <l>D'rum irrt er, wie gebannt, um die Kapelle.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [184/0198]
Wie bald, wie bald, daß ihn ihr Herz vergißt!
Daß ihr ein Andrer ſchon des falſchen Eides
Das lezte Wort von falſcher Lippe kuͤßt,
Sie mit dem Glanze ſchmuͤckt des Brautgeſchmeides!
Und all' ihr Leben, Freudentaumel nur,
Den noch kein fluͤchtig Leid ihr jemals ſtoͤrte,
Zieht, unverfolgt von ihrem falſchen Schwur,
Und frech am Gott voruͤber, der ihn hoͤrte. —
Das war's, o Schickſal, was der Menſch gethan,
Daß mit des Wahnſinns bangen Finſterniſſen
Du ihm verſchuͤttet haſt die Lebensbahn,
Aus ſeiner Seele ſeinen Gott geriſſen!
D'rum flucht er nun empor mit wildem Spott,
Gequaͤlt von ſeinem Schmerz, an jener Stelle,
Wo er ſo ſelig einſt gekniet vor Gott;
D'rum irrt er, wie gebannt, um die Kapelle.
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