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Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

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Abgewendet nun mit Schweigen,
Schwindest du im dichten Reigen,
Wie Polonia's Herrlichkeit
Schwand im wilden Tanz der Zeit. --
Masken kommen, immer neue:
Hier ein Ritter mit der Dame,
Spricht von seinem Liebesgrame,
Und gelobt ihr seine Treue.
Dort im härenen Gewande,
Mit Sandal' und Muschelhut,
Wie entrückt in ferne Lande,
Ueber Berg' und Meeresfluth --
Steht ein Pilger; seine Träume
Säuseln ihm wie Palmenbäume,
Zaubern ihn zum heil'gen Grabe,
Seines Glaubens liebster Habe. --
Seyd willkommen mir, Matrosen!
Nehmt mich auf in eurem Schiffe!
Frisch hinaus ins Meerestosen,
Durch die fluthbeschäumten Riffe!
Ha! schon seh' ich Möwen ziehn,
Wetterwolken seh' ich jagen,
Und die Stürme hör' ich schlagen.
Süße Heimat, fahre hin!
Lenau's Gedichte. 11
Abgewendet nun mit Schweigen,
Schwindeſt du im dichten Reigen,
Wie Polonia's Herrlichkeit
Schwand im wilden Tanz der Zeit. —
Masken kommen, immer neue:
Hier ein Ritter mit der Dame,
Spricht von ſeinem Liebesgrame,
Und gelobt ihr ſeine Treue.
Dort im haͤrenen Gewande,
Mit Sandal' und Muſchelhut,
Wie entruͤckt in ferne Lande,
Ueber Berg' und Meeresfluth —
Steht ein Pilger; ſeine Traͤume
Saͤuſeln ihm wie Palmenbaͤume,
Zaubern ihn zum heil'gen Grabe,
Seines Glaubens liebſter Habe. —
Seyd willkommen mir, Matroſen!
Nehmt mich auf in eurem Schiffe!
Friſch hinaus ins Meerestoſen,
Durch die fluthbeſchaͤumten Riffe!
Ha! ſchon ſeh' ich Moͤwen ziehn,
Wetterwolken ſeh' ich jagen,
Und die Stuͤrme hoͤr' ich ſchlagen.
Suͤße Heimat, fahre hin!
Lenau's Gedichte. 11
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[161/0175] Abgewendet nun mit Schweigen, Schwindeſt du im dichten Reigen, Wie Polonia's Herrlichkeit Schwand im wilden Tanz der Zeit. — Masken kommen, immer neue: Hier ein Ritter mit der Dame, Spricht von ſeinem Liebesgrame, Und gelobt ihr ſeine Treue. Dort im haͤrenen Gewande, Mit Sandal' und Muſchelhut, Wie entruͤckt in ferne Lande, Ueber Berg' und Meeresfluth — Steht ein Pilger; ſeine Traͤume Saͤuſeln ihm wie Palmenbaͤume, Zaubern ihn zum heil'gen Grabe, Seines Glaubens liebſter Habe. — Seyd willkommen mir, Matroſen! Nehmt mich auf in eurem Schiffe! Friſch hinaus ins Meerestoſen, Durch die fluthbeſchaͤumten Riffe! Ha! ſchon ſeh' ich Moͤwen ziehn, Wetterwolken ſeh' ich jagen, Und die Stuͤrme hoͤr' ich ſchlagen. Suͤße Heimat, fahre hin! Lenau's Gedichte. 11

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Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/175>, abgerufen am 07.05.2024.