Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.Fünfter Auftritt. Julius. Aspermonte. (treten von |verschiedenen Seiten auf) Julius. Ach Aspermonte -- ich habe sie gesehen -- sie gesprochen, sie geküsst. Aspermonte. Blankan? -- Was für ein Schritt! Julius. Der Riesenschritt der Liebe -- Ue- ber tausend Bedenklichkeiten und Gefahren. Soll denn ein Verliebter, wie ihr andern vernünftigen Leute, vom Gedanken zum Entschlus, und vom Entschlus zur That, Tagereisen hinken? Aspermonte. Sie sind zu rasch! Voreilig ist kein höhrer Grad des Schnellen. Jn dem zu heissen Stral der Sonne, der ein Gewächs ver- sengt, ward es nie zeitig. Und was haben Sie jezt von Jhrem Besuche, als einen Widerhaken mehr im Herzen! Julius. Hätten Sie sie gesehn, Sie wür- den nicht fragen. -- O des entzückenden Strei- tes der Religion und Liebe um ihre Seele! Beyde vermischten sich so in ihren Empfindungen, daß keine zur andern sagen konnte, diese Thräne ist mein, und diese ist dein. Nur einmal sah ich in ihrem Blicke das Lächeln der Liebe -- auf ihrem Nonnengesichte, wie eine Rose, die aus einem Fuͤnfter Auftritt. Julius. Aſpermonte. (treten von |verſchiedenen Seiten auf) Julius. Ach Aſpermonte — ich habe ſie geſehen — ſie geſprochen, ſie gekuͤſſt. Aſpermonte. Blankan? — Was fuͤr ein Schritt! Julius. Der Rieſenſchritt der Liebe — Ue- ber tauſend Bedenklichkeiten und Gefahren. Soll denn ein Verliebter, wie ihr andern vernuͤnftigen Leute, vom Gedanken zum Entſchlus, und vom Entſchlus zur That, Tagereiſen hinken? Aſpermonte. Sie ſind zu raſch! Voreilig iſt kein hoͤhrer Grad des Schnellen. Jn dem zu heiſſen Stral der Sonne, der ein Gewaͤchs ver- ſengt, ward es nie zeitig. Und was haben Sie jezt von Jhrem Beſuche, als einen Widerhaken mehr im Herzen! Julius. Haͤtten Sie ſie geſehn, Sie wuͤr- den nicht fragen. — O des entzuͤckenden Strei- tes der Religion und Liebe um ihre Seele! Beyde vermiſchten ſich ſo in ihren Empfindungen, daß keine zur andern ſagen konnte, dieſe Thraͤne iſt mein, und dieſe iſt dein. Nur einmal ſah ich in ihrem Blicke das Laͤcheln der Liebe — auf ihrem Nonnengeſichte, wie eine Roſe, die aus einem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0047" n="43"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Fuͤnfter Auftritt</hi>.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#c">Julius. Aſpermonte.</hi> </stage><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(treten von |verſchiedenen Seiten auf)</hi> </stage><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker>Julius.</speaker> <p>Ach Aſpermonte — ich habe ſie<lb/> geſehen — ſie geſprochen, ſie gekuͤſſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#ASP"> <speaker>Aſpermonte.</speaker> <p>Blankan? — Was fuͤr ein<lb/> Schritt!</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker>Julius.</speaker> <p>Der Rieſenſchritt der Liebe — Ue-<lb/> ber tauſend Bedenklichkeiten und Gefahren. Soll<lb/> denn ein Verliebter, wie ihr andern vernuͤnftigen<lb/> Leute, vom Gedanken zum Entſchlus, und vom<lb/> Entſchlus zur That, Tagereiſen hinken?</p> </sp><lb/> <sp who="#ASP"> <speaker>Aſpermonte.</speaker> <p>Sie ſind zu raſch! Voreilig iſt<lb/> kein hoͤhrer Grad des Schnellen. Jn dem zu<lb/> heiſſen Stral der Sonne, der ein Gewaͤchs ver-<lb/> ſengt, ward es nie zeitig. Und was haben Sie<lb/> jezt von Jhrem Beſuche, als einen Widerhaken<lb/> mehr im Herzen!</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker>Julius.</speaker> <p>Haͤtten Sie ſie geſehn, Sie wuͤr-<lb/> den nicht fragen. — O des entzuͤckenden Strei-<lb/> tes der Religion und Liebe um ihre Seele! Beyde<lb/> vermiſchten ſich ſo in ihren Empfindungen, daß<lb/> keine zur andern ſagen konnte, dieſe Thraͤne iſt<lb/> mein, und dieſe iſt dein. Nur einmal ſah ich in<lb/> ihrem Blicke das Laͤcheln der Liebe — auf ihrem<lb/> Nonnengeſichte, wie eine Roſe, die aus einem<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0047]
Fuͤnfter Auftritt.
Julius. Aſpermonte.
(treten von |verſchiedenen Seiten auf)
Julius. Ach Aſpermonte — ich habe ſie
geſehen — ſie geſprochen, ſie gekuͤſſt.
Aſpermonte. Blankan? — Was fuͤr ein
Schritt!
Julius. Der Rieſenſchritt der Liebe — Ue-
ber tauſend Bedenklichkeiten und Gefahren. Soll
denn ein Verliebter, wie ihr andern vernuͤnftigen
Leute, vom Gedanken zum Entſchlus, und vom
Entſchlus zur That, Tagereiſen hinken?
Aſpermonte. Sie ſind zu raſch! Voreilig iſt
kein hoͤhrer Grad des Schnellen. Jn dem zu
heiſſen Stral der Sonne, der ein Gewaͤchs ver-
ſengt, ward es nie zeitig. Und was haben Sie
jezt von Jhrem Beſuche, als einen Widerhaken
mehr im Herzen!
Julius. Haͤtten Sie ſie geſehn, Sie wuͤr-
den nicht fragen. — O des entzuͤckenden Strei-
tes der Religion und Liebe um ihre Seele! Beyde
vermiſchten ſich ſo in ihren Empfindungen, daß
keine zur andern ſagen konnte, dieſe Thraͤne iſt
mein, und dieſe iſt dein. Nur einmal ſah ich in
ihrem Blicke das Laͤcheln der Liebe — auf ihrem
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