Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.ein Engel seinen Finger auf das Buch des Schick- sals legte, und schwöre: Blanka liebt Julius, so wär' es nicht wahrhaftiger. Aebtissin. Jch bitte Sie, verlassen Sie uns. Julius. Erst will ich diese göttlichen Augen wieder offen sehen. (Blanka schlägt die Augen auf.) Es ist genug -- Aebtissin, ich danke Jh- nen -- so winselnd sehen Sie mich nicht wieder. (geht ab) Dritter Auftritt. Blanka. Aebtissin. Blanka. (erholt sich vollends.) Aebtissin. Er ist weg. Blanka. Ach hätt' ich ihn nicht gesehn, er hat meine Andacht getödtet, und meine Gebete vergiftet. Aebtissin. Liebste Tochter! Blanka. Jch bin nicht Jhre Tochter -- ich bin eine Buhlschwester im Nonnenkleide! Sehen Sie das Saamenkörngen der Hoffnung, das er aus- säete, ist schon aufgeschossen, Wünsche sind seine Blüthen, und wahrscheinlich Verzweiflung seine Frucht. Pflicht und Gelübde habt ihr denn nicht ein Engel ſeinen Finger auf das Buch des Schick- ſals legte, und ſchwoͤre: Blanka liebt Julius, ſo waͤr’ es nicht wahrhaftiger. Aebtiſſin. Jch bitte Sie, verlaſſen Sie uns. Julius. Erſt will ich dieſe goͤttlichen Augen wieder offen ſehen. (Blanka ſchlaͤgt die Augen auf.) Es iſt genug — Aebtiſſin, ich danke Jh- nen — ſo winſelnd ſehen Sie mich nicht wieder. (geht ab) Dritter Auftritt. Blanka. Aebtiſſin. Blanka. (erholt ſich vollends.) Aebtiſſin. Er iſt weg. Blanka. Ach haͤtt’ ich ihn nicht geſehn, er hat meine Andacht getoͤdtet, und meine Gebete vergiftet. Aebtiſſin. Liebſte Tochter! Blanka. Jch bin nicht Jhre Tochter — ich bin eine Buhlſchweſter im Nonnenkleide! Sehen Sie das Saamenkoͤrngen der Hoffnung, das er aus- ſaͤete, iſt ſchon aufgeſchoſſen, Wuͤnſche ſind ſeine Bluͤthen, und wahrſcheinlich Verzweiflung ſeine Frucht. Pflicht und Geluͤbde habt ihr denn nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#JUL"> <p><pb facs="#f0043" n="39"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ein Engel ſeinen Finger auf das Buch des Schick-<lb/> ſals legte, und ſchwoͤre: Blanka liebt Julius, ſo<lb/> waͤr’ es nicht wahrhaftiger.</p> </sp><lb/> <sp who="#AEB"> <speaker>Aebtiſſin.</speaker> <p>Jch bitte Sie, verlaſſen Sie uns.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker>Julius.</speaker> <p>Erſt will ich dieſe goͤttlichen Augen<lb/> wieder offen ſehen. <stage>(Blanka ſchlaͤgt die Augen<lb/> auf.)</stage></p><lb/> <p>Es iſt genug — Aebtiſſin, ich danke Jh-<lb/> nen — ſo winſelnd ſehen Sie mich nicht wieder.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(geht ab)</hi> </stage> </sp> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Dritter Auftritt</hi>.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#c">Blanka. Aebtiſſin.</hi> </stage><lb/> <sp who="#BLA"> <speaker>Blanka.</speaker> <stage>(erholt ſich vollends.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#AEB"> <speaker>Aebtiſſin.</speaker> <p>Er iſt weg.</p> </sp><lb/> <sp who="#BLA"> <speaker>Blanka.</speaker> <p>Ach haͤtt’ ich ihn nicht geſehn, er<lb/> hat meine Andacht getoͤdtet, und meine Gebete<lb/> vergiftet.</p> </sp><lb/> <sp who="#AEB"> <speaker>Aebtiſſin.</speaker> <p>Liebſte Tochter!</p> </sp><lb/> <sp who="#BLA"> <speaker>Blanka.</speaker> <p>Jch bin nicht Jhre Tochter — ich<lb/> bin eine Buhlſchweſter im Nonnenkleide! Sehen<lb/> Sie das Saamenkoͤrngen der Hoffnung, das er aus-<lb/> ſaͤete, iſt ſchon aufgeſchoſſen, Wuͤnſche ſind ſeine<lb/> Bluͤthen, und wahrſcheinlich Verzweiflung ſeine<lb/> Frucht. Pflicht und Geluͤbde habt ihr denn nicht<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0043]
ein Engel ſeinen Finger auf das Buch des Schick-
ſals legte, und ſchwoͤre: Blanka liebt Julius, ſo
waͤr’ es nicht wahrhaftiger.
Aebtiſſin. Jch bitte Sie, verlaſſen Sie uns.
Julius. Erſt will ich dieſe goͤttlichen Augen
wieder offen ſehen. (Blanka ſchlaͤgt die Augen
auf.)
Es iſt genug — Aebtiſſin, ich danke Jh-
nen — ſo winſelnd ſehen Sie mich nicht wieder.
(geht ab)
Dritter Auftritt.
Blanka. Aebtiſſin.
Blanka. (erholt ſich vollends.)
Aebtiſſin. Er iſt weg.
Blanka. Ach haͤtt’ ich ihn nicht geſehn, er
hat meine Andacht getoͤdtet, und meine Gebete
vergiftet.
Aebtiſſin. Liebſte Tochter!
Blanka. Jch bin nicht Jhre Tochter — ich
bin eine Buhlſchweſter im Nonnenkleide! Sehen
Sie das Saamenkoͤrngen der Hoffnung, das er aus-
ſaͤete, iſt ſchon aufgeſchoſſen, Wuͤnſche ſind ſeine
Bluͤthen, und wahrſcheinlich Verzweiflung ſeine
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