An Hoboken findet Jersey-City ihre Ergänzung, obgleich auch dieses eine gesonderte Municipalität bildet. Hier leben vornehmlich Deutsche, welche den Stock der Bevölkerung Hobokens ausmachen, und ihre Sitten und Gebräuche drücken der Stadt den Stempel des Deutschthums auf. Es ist kaum denkbar, und doch trifft es zu, dass Menschen, welche seit Decennien hier leben, keine andere als ihre deutsche Muttersprache kennen. Viele Deutsche sind Industrielle oder Handelsleute, die meisten jedoch gehören den arbeitenden Classen an und betreiben mechanische Gewerbe.
Auf einem Hügel im Norden bei Hoboken steht auch das durch Commodore Stevens gegründete polytechnische und wissenschaftliche Institut seines Namens. Die Umgebung selbst ist herrlich und die elysäischen Felder, tiefschattige Promenaden an den Hügeln aufwärts vom Hudson-River, gehören zu den pittoreskesten Punkten in der Um- gebung New-Yorks.
In Jersey-City und Hoboken haben 16 Bahnen ihre Anfangs- und Auslauf-Stationen, und von hier aus verkehren die Eisenbahnfähren zu den Geleisen jenseits des Hudson-Rivers. Strahlenförmig führen diese Bahnen, von welchen zwei den Ufern des Hudson folgen, in das Innere des Landes, um in zahllosen Zweigen an jene Weltstrassen anzu- schliessen, welche die östlichen Gestade der Vereinigten Staaten mit dem fernen Westen und dem Stillen Ocean verbinden.
Schon seit einem Viertel-Jahrhundert ist New-York der drittwich- tigste Hafen der Welt, seit einem halben Jahrhundert der grösste Stapel- und Handelsplatz Amerikas, der alle anderen Seeplätze der Union weit hinter sich lässt. Denn der Handel New-Yorks mit dem Auslande um- fasst 55--58 % desjenigen aller Häfen der Vereinigten Staaten zu- sammengenommen. Die folgende Tabelle bringt hiefür den ziffer- mässigen Nachweis.
Auswärtiger Handel, Edelmetalle eingeschlossen:
[Tabelle]
Der kolossale Verkehr landeinwärts ist zunächst die nothwendige Folge des gewaltigen überseeischen Handels. Daneben hat New-York einen ausgedehnten selbständigen Verkehr mit seinem directen Hinter- lande, bedingt durch die Grösse der Bevölkerung, welche heute für den Wohnplatz New-York mit 21/2 Millionen Einwohner nicht zu hoch gerechnet ist, und durch ein ausgebreitetes Fabrikswesen. Alle diese
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New-York.
An Hoboken findet Jersey-City ihre Ergänzung, obgleich auch dieses eine gesonderte Municipalität bildet. Hier leben vornehmlich Deutsche, welche den Stock der Bevölkerung Hobokens ausmachen, und ihre Sitten und Gebräuche drücken der Stadt den Stempel des Deutschthums auf. Es ist kaum denkbar, und doch trifft es zu, dass Menschen, welche seit Decennien hier leben, keine andere als ihre deutsche Muttersprache kennen. Viele Deutsche sind Industrielle oder Handelsleute, die meisten jedoch gehören den arbeitenden Classen an und betreiben mechanische Gewerbe.
Auf einem Hügel im Norden bei Hoboken steht auch das durch Commodore Stevens gegründete polytechnische und wissenschaftliche Institut seines Namens. Die Umgebung selbst ist herrlich und die elysäischen Felder, tiefschattige Promenaden an den Hügeln aufwärts vom Hudson-River, gehören zu den pittoreskesten Punkten in der Um- gebung New-Yorks.
In Jersey-City und Hoboken haben 16 Bahnen ihre Anfangs- und Auslauf-Stationen, und von hier aus verkehren die Eisenbahnfähren zu den Geleisen jenseits des Hudson-Rivers. Strahlenförmig führen diese Bahnen, von welchen zwei den Ufern des Hudson folgen, in das Innere des Landes, um in zahllosen Zweigen an jene Weltstrassen anzu- schliessen, welche die östlichen Gestade der Vereinigten Staaten mit dem fernen Westen und dem Stillen Ocean verbinden.
Schon seit einem Viertel-Jahrhundert ist New-York der drittwich- tigste Hafen der Welt, seit einem halben Jahrhundert der grösste Stapel- und Handelsplatz Amerikas, der alle anderen Seeplätze der Union weit hinter sich lässt. Denn der Handel New-Yorks mit dem Auslande um- fasst 55—58 % desjenigen aller Häfen der Vereinigten Staaten zu- sammengenommen. Die folgende Tabelle bringt hiefür den ziffer- mässigen Nachweis.
Auswärtiger Handel, Edelmetalle eingeschlossen:
[Tabelle]
Der kolossale Verkehr landeinwärts ist zunächst die nothwendige Folge des gewaltigen überseeischen Handels. Daneben hat New-York einen ausgedehnten selbständigen Verkehr mit seinem directen Hinter- lande, bedingt durch die Grösse der Bevölkerung, welche heute für den Wohnplatz New-York mit 2½ Millionen Einwohner nicht zu hoch gerechnet ist, und durch ein ausgebreitetes Fabrikswesen. Alle diese
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New-York.
An Hoboken findet Jersey-City ihre Ergänzung, obgleich auch
dieses eine gesonderte Municipalität bildet. Hier leben vornehmlich
Deutsche, welche den Stock der Bevölkerung Hobokens ausmachen,
und ihre Sitten und Gebräuche drücken der Stadt den Stempel des
Deutschthums auf. Es ist kaum denkbar, und doch trifft es zu, dass
Menschen, welche seit Decennien hier leben, keine andere als ihre
deutsche Muttersprache kennen. Viele Deutsche sind Industrielle oder
Handelsleute, die meisten jedoch gehören den arbeitenden Classen
an und betreiben mechanische Gewerbe.
Auf einem Hügel im Norden bei Hoboken steht auch das durch
Commodore Stevens gegründete polytechnische und wissenschaftliche
Institut seines Namens. Die Umgebung selbst ist herrlich und die
elysäischen Felder, tiefschattige Promenaden an den Hügeln aufwärts
vom Hudson-River, gehören zu den pittoreskesten Punkten in der Um-
gebung New-Yorks.
In Jersey-City und Hoboken haben 16 Bahnen ihre Anfangs- und
Auslauf-Stationen, und von hier aus verkehren die Eisenbahnfähren zu
den Geleisen jenseits des Hudson-Rivers. Strahlenförmig führen diese
Bahnen, von welchen zwei den Ufern des Hudson folgen, in das Innere
des Landes, um in zahllosen Zweigen an jene Weltstrassen anzu-
schliessen, welche die östlichen Gestade der Vereinigten Staaten mit
dem fernen Westen und dem Stillen Ocean verbinden.
Schon seit einem Viertel-Jahrhundert ist New-York der drittwich-
tigste Hafen der Welt, seit einem halben Jahrhundert der grösste Stapel-
und Handelsplatz Amerikas, der alle anderen Seeplätze der Union weit
hinter sich lässt. Denn der Handel New-Yorks mit dem Auslande um-
fasst 55—58 % desjenigen aller Häfen der Vereinigten Staaten zu-
sammengenommen. Die folgende Tabelle bringt hiefür den ziffer-
mässigen Nachweis.
Auswärtiger Handel, Edelmetalle eingeschlossen:
Der kolossale Verkehr landeinwärts ist zunächst die nothwendige
Folge des gewaltigen überseeischen Handels. Daneben hat New-York
einen ausgedehnten selbständigen Verkehr mit seinem directen Hinter-
lande, bedingt durch die Grösse der Bevölkerung, welche heute für
den Wohnplatz New-York mit 2½ Millionen Einwohner nicht zu hoch
gerechnet ist, und durch ein ausgebreitetes Fabrikswesen. Alle diese
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/83>, abgerufen am 22.11.2024.
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