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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der indische Ocean.

Die Stadt Durban zählt (31. Juli 1890) 24.000 Einwohner, wovon
beiläufig die Hälfte Europäer sind, während die andere Hälfte aus
Eingebornen und Indern besteht. Man hat nämlich Hindus und
Chinesen als Arbeiter (Kuli) gegen mehrjährige Verträge nach Natal
geschafft, weil dieselben sich vielfach leistungsfähiger als die Ein-
gebornen erwiesen.

Durban, welches seinen Namen von einem einstigen Gouverneur
der Colonie erhalten hat, ist eine gut angelegte Stadt mit breiten
Strassen und Plätzen und manchen ganz stattlichen Gebäuden, unter
denen das erst in jüngster Zeit vollendete Stadthaus in erster Linie
genannt zu werden verdient. Durban macht einen entschieden eng-
lischen Eindruck; es mangelt dort nicht an allen jenen Einrichtungen,
welche die Engländer, und seien sie noch so ferne von ihrem
Mutterlande, zu treffen pflegen. Es gibt hier Clubs mancherlei Art,
sowohl solche, die der Geselligkeit dienen, wie auch einen Yacht-,
einen Cricket-Club u. dgl. Die Stadt besitzt eine Hochschule
(High School), dann mehrere Mittel- und niedere Schulen, darunter
auch solche für die indische Bevölkerung. An Kirchen, Capellen und
verschiedenen Missionsanstalten sind nicht weniger als 25 in Durban
vorhanden.

Von Interesse ist ein in der Nähe der Stadt befindlicher gut
gepflegter botanischer Garten, welcher insbesondere die Aufgabe hat,
Versuche mit der Acclimatisirung fremder Gewächse anzustellen und
ausserdem ein getreues Bild der Flora der ganzen Colonie liefert.

Ferner besteht hier eine Bibliothek, eine landwirthschaftliche
Gesellschaft und zur Vertretung der wichtigen commerciellen Interessen
der Stadt eine eigene Handelskammer. Auch sind in Durban ver-
schiedene Banken und Geldinstitute durch Agentieen oder Filialen
vertreten und dienen zur Vermittlung des sich immer reger ge-
staltenden Verkehres.

Ganz unstreitig gewinnt man in Durban den Eindruck, dass
man sich in einer Colonie befindet, in welcher eine zielbewusste und
umsichtige Thätigkeit vorhanden ist und die einer völlig gesicherten
Zukunft entgegengeht. Wer die lange Ostküste Afrikas durchmessen
hat, dem mag Durban wie eine Station endlicher Erholung erscheinen,
nicht so sehr wegen des anmuthigen Anblickes des ganzen Landes,
als weil hier ein anderer Geist herrscht, Alles einen anderen, lebens-
kräftigen Anstrich zeigt. Man erkennt in Durban wie in der ganzen
Capcolonie die coloniale Leistungsfähigkeit der Anglosachsen.

Allerdings darf nicht vergessen werden, dass man, von Norden

Der indische Ocean.

Die Stadt Durban zählt (31. Juli 1890) 24.000 Einwohner, wovon
beiläufig die Hälfte Europäer sind, während die andere Hälfte aus
Eingebornen und Indern besteht. Man hat nämlich Hindus und
Chinesen als Arbeiter (Kuli) gegen mehrjährige Verträge nach Natal
geschafft, weil dieselben sich vielfach leistungsfähiger als die Ein-
gebornen erwiesen.

Durban, welches seinen Namen von einem einstigen Gouverneur
der Colonie erhalten hat, ist eine gut angelegte Stadt mit breiten
Strassen und Plätzen und manchen ganz stattlichen Gebäuden, unter
denen das erst in jüngster Zeit vollendete Stadthaus in erster Linie
genannt zu werden verdient. Durban macht einen entschieden eng-
lischen Eindruck; es mangelt dort nicht an allen jenen Einrichtungen,
welche die Engländer, und seien sie noch so ferne von ihrem
Mutterlande, zu treffen pflegen. Es gibt hier Clubs mancherlei Art,
sowohl solche, die der Geselligkeit dienen, wie auch einen Yacht-,
einen Cricket-Club u. dgl. Die Stadt besitzt eine Hochschule
(High School), dann mehrere Mittel- und niedere Schulen, darunter
auch solche für die indische Bevölkerung. An Kirchen, Capellen und
verschiedenen Missionsanstalten sind nicht weniger als 25 in Durban
vorhanden.

Von Interesse ist ein in der Nähe der Stadt befindlicher gut
gepflegter botanischer Garten, welcher insbesondere die Aufgabe hat,
Versuche mit der Acclimatisirung fremder Gewächse anzustellen und
ausserdem ein getreues Bild der Flora der ganzen Colonie liefert.

Ferner besteht hier eine Bibliothek, eine landwirthschaftliche
Gesellschaft und zur Vertretung der wichtigen commerciellen Interessen
der Stadt eine eigene Handelskammer. Auch sind in Durban ver-
schiedene Banken und Geldinstitute durch Agentieen oder Filialen
vertreten und dienen zur Vermittlung des sich immer reger ge-
staltenden Verkehres.

Ganz unstreitig gewinnt man in Durban den Eindruck, dass
man sich in einer Colonie befindet, in welcher eine zielbewusste und
umsichtige Thätigkeit vorhanden ist und die einer völlig gesicherten
Zukunft entgegengeht. Wer die lange Ostküste Afrikas durchmessen
hat, dem mag Durban wie eine Station endlicher Erholung erscheinen,
nicht so sehr wegen des anmuthigen Anblickes des ganzen Landes,
als weil hier ein anderer Geist herrscht, Alles einen anderen, lebens-
kräftigen Anstrich zeigt. Man erkennt in Durban wie in der ganzen
Capcolonie die coloniale Leistungsfähigkeit der Anglosachsen.

Allerdings darf nicht vergessen werden, dass man, von Norden

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[662/0678] Der indische Ocean. Die Stadt Durban zählt (31. Juli 1890) 24.000 Einwohner, wovon beiläufig die Hälfte Europäer sind, während die andere Hälfte aus Eingebornen und Indern besteht. Man hat nämlich Hindus und Chinesen als Arbeiter (Kuli) gegen mehrjährige Verträge nach Natal geschafft, weil dieselben sich vielfach leistungsfähiger als die Ein- gebornen erwiesen. Durban, welches seinen Namen von einem einstigen Gouverneur der Colonie erhalten hat, ist eine gut angelegte Stadt mit breiten Strassen und Plätzen und manchen ganz stattlichen Gebäuden, unter denen das erst in jüngster Zeit vollendete Stadthaus in erster Linie genannt zu werden verdient. Durban macht einen entschieden eng- lischen Eindruck; es mangelt dort nicht an allen jenen Einrichtungen, welche die Engländer, und seien sie noch so ferne von ihrem Mutterlande, zu treffen pflegen. Es gibt hier Clubs mancherlei Art, sowohl solche, die der Geselligkeit dienen, wie auch einen Yacht-, einen Cricket-Club u. dgl. Die Stadt besitzt eine Hochschule (High School), dann mehrere Mittel- und niedere Schulen, darunter auch solche für die indische Bevölkerung. An Kirchen, Capellen und verschiedenen Missionsanstalten sind nicht weniger als 25 in Durban vorhanden. Von Interesse ist ein in der Nähe der Stadt befindlicher gut gepflegter botanischer Garten, welcher insbesondere die Aufgabe hat, Versuche mit der Acclimatisirung fremder Gewächse anzustellen und ausserdem ein getreues Bild der Flora der ganzen Colonie liefert. Ferner besteht hier eine Bibliothek, eine landwirthschaftliche Gesellschaft und zur Vertretung der wichtigen commerciellen Interessen der Stadt eine eigene Handelskammer. Auch sind in Durban ver- schiedene Banken und Geldinstitute durch Agentieen oder Filialen vertreten und dienen zur Vermittlung des sich immer reger ge- staltenden Verkehres. Ganz unstreitig gewinnt man in Durban den Eindruck, dass man sich in einer Colonie befindet, in welcher eine zielbewusste und umsichtige Thätigkeit vorhanden ist und die einer völlig gesicherten Zukunft entgegengeht. Wer die lange Ostküste Afrikas durchmessen hat, dem mag Durban wie eine Station endlicher Erholung erscheinen, nicht so sehr wegen des anmuthigen Anblickes des ganzen Landes, als weil hier ein anderer Geist herrscht, Alles einen anderen, lebens- kräftigen Anstrich zeigt. Man erkennt in Durban wie in der ganzen Capcolonie die coloniale Leistungsfähigkeit der Anglosachsen. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass man, von Norden

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/678>, abgerufen am 09.05.2024.