Land von grosser Bedeutung werden, wenn die geplante Eisenbahn fertiggestellt sein wird. Diese Bahn würde Transvaal commerciell von Süd-Afrika loslösen.
Nicht ganz unerwähnt können wir die grosse Insel Madagascar lassen, welche ungefähr in der Längenausdehnung vom Cap Delgado bis Cap Corsentos, durch die breite Strasse von Mozambique getrennt, der afrikanischen Ostküste gegenüberliegt.
Madagascar hat sich bekanntlich früher von der Aussen welt abgeschlossen.
Wiederholt wechselten die Hovas, der herrschende Stamm auf Madagascar, ihre Religion, nachdem sie Christen geworden waren. Sie waren Katholiken, als der französische Einfluss vorherrschte, und bekannten sich als Evangelische, wenn ihnen die Engländer mehr imponirten. Jetzt sind die Hovas nominell Presbyterianer, und das werden sie aus Hass gegen die Franzosen auch bleiben, die sie gezwungen haben, in einem Vertrage vom 17. December 1885 das französische Protectorat anzunehmen und zu gestatten, dass ein fran- zösischer Resident mit militärischer Bedeckung in der Haupstadt Antananarivo seinen Sitz habe; er darf sich aber nicht in die innere Verwaltung der Insel mischen, sondern besorgt nur die äusseren Ange- legenheiten von Madagascars. Dieses Protectorat wurde 1890 von Eng- land und Deutschland anerkannt.
Tamatave an der Ostküste ist die natürliche Eingangspforte von Madagascar. Es verdankt seine Bedeutung den benachbarten Inseln Reunion und Mauritius, welche seit langer Zeit Handelsbeziehungen mit Madagascar unterhalten, und als bequemer Ankerplatz ist es zum Centrum der kreolischen, der indischen und der Howa-Händler, wie der europäischen Kaufleute geworden. Tamatave ist der Hafen von Anta- nanarivo und sein Verkehr mit der ganzen Ostküste und den Central- provinzen des Reiches überragt an Bedeutung alle übrigen Küstenplätze.
Die Messageries maritimes unterhalten viermal im Monate eine regelmässige Verbindung Tamataves mit Marseille über Sansibar und Reunion. Eine englische Linie verkehrt zwischen Mauritius, Tamatave, Natal und Capstadt.
Aber an die Küste von Madagascar treiben die Wellen des Weltverkehrs nur erst ihre äussersten Ausläufer, und die Zeit, in welcher die Insel ihrer natürlichen Beschaffenheit und ihrer Bevöl- kerung nach einmal eine ganz ansehnliche Rolle zu spielen berufen sein mag, dürfte noch ferne liegen.
Der indische Ocean.
Land von grosser Bedeutung werden, wenn die geplante Eisenbahn fertiggestellt sein wird. Diese Bahn würde Transvaal commerciell von Süd-Afrika loslösen.
Nicht ganz unerwähnt können wir die grosse Insel Madagascar lassen, welche ungefähr in der Längenausdehnung vom Cap Delgado bis Cap Corsentos, durch die breite Strasse von Mozambique getrennt, der afrikanischen Ostküste gegenüberliegt.
Madagascar hat sich bekanntlich früher von der Aussen welt abgeschlossen.
Wiederholt wechselten die Hovas, der herrschende Stamm auf Madagascar, ihre Religion, nachdem sie Christen geworden waren. Sie waren Katholiken, als der französische Einfluss vorherrschte, und bekannten sich als Evangelische, wenn ihnen die Engländer mehr imponirten. Jetzt sind die Hovas nominell Presbyterianer, und das werden sie aus Hass gegen die Franzosen auch bleiben, die sie gezwungen haben, in einem Vertrage vom 17. December 1885 das französische Protectorat anzunehmen und zu gestatten, dass ein fran- zösischer Resident mit militärischer Bedeckung in der Haupstadt Antananarivo seinen Sitz habe; er darf sich aber nicht in die innere Verwaltung der Insel mischen, sondern besorgt nur die äusseren Ange- legenheiten von Madagascars. Dieses Protectorat wurde 1890 von Eng- land und Deutschland anerkannt.
Tamatave an der Ostküste ist die natürliche Eingangspforte von Madagascar. Es verdankt seine Bedeutung den benachbarten Inseln Réunion und Mauritius, welche seit langer Zeit Handelsbeziehungen mit Madagascar unterhalten, und als bequemer Ankerplatz ist es zum Centrum der kreolischen, der indischen und der Howa-Händler, wie der europäischen Kaufleute geworden. Tamatave ist der Hafen von Anta- nanarivo und sein Verkehr mit der ganzen Ostküste und den Central- provinzen des Reiches überragt an Bedeutung alle übrigen Küstenplätze.
Die Messageries maritimes unterhalten viermal im Monate eine regelmässige Verbindung Tamataves mit Marseille über Sansibar und Réunion. Eine englische Linie verkehrt zwischen Mauritius, Tamatave, Natal und Capstadt.
Aber an die Küste von Madagascar treiben die Wellen des Weltverkehrs nur erst ihre äussersten Ausläufer, und die Zeit, in welcher die Insel ihrer natürlichen Beschaffenheit und ihrer Bevöl- kerung nach einmal eine ganz ansehnliche Rolle zu spielen berufen sein mag, dürfte noch ferne liegen.
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Der indische Ocean.
Land von grosser Bedeutung werden, wenn die geplante Eisenbahn
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von Süd-Afrika loslösen.
Nicht ganz unerwähnt können wir die grosse Insel Madagascar
lassen, welche ungefähr in der Längenausdehnung vom Cap Delgado
bis Cap Corsentos, durch die breite Strasse von Mozambique getrennt,
der afrikanischen Ostküste gegenüberliegt.
Madagascar hat sich bekanntlich früher von der Aussen welt
abgeschlossen.
Wiederholt wechselten die Hovas, der herrschende Stamm auf
Madagascar, ihre Religion, nachdem sie Christen geworden waren. Sie
waren Katholiken, als der französische Einfluss vorherrschte, und
bekannten sich als Evangelische, wenn ihnen die Engländer mehr
imponirten. Jetzt sind die Hovas nominell Presbyterianer, und das
werden sie aus Hass gegen die Franzosen auch bleiben, die sie
gezwungen haben, in einem Vertrage vom 17. December 1885 das
französische Protectorat anzunehmen und zu gestatten, dass ein fran-
zösischer Resident mit militärischer Bedeckung in der Haupstadt
Antananarivo seinen Sitz habe; er darf sich aber nicht in die innere
Verwaltung der Insel mischen, sondern besorgt nur die äusseren Ange-
legenheiten von Madagascars. Dieses Protectorat wurde 1890 von Eng-
land und Deutschland anerkannt.
Tamatave an der Ostküste ist die natürliche Eingangspforte
von Madagascar. Es verdankt seine Bedeutung den benachbarten Inseln
Réunion und Mauritius, welche seit langer Zeit Handelsbeziehungen
mit Madagascar unterhalten, und als bequemer Ankerplatz ist es zum
Centrum der kreolischen, der indischen und der Howa-Händler, wie der
europäischen Kaufleute geworden. Tamatave ist der Hafen von Anta-
nanarivo und sein Verkehr mit der ganzen Ostküste und den Central-
provinzen des Reiches überragt an Bedeutung alle übrigen Küstenplätze.
Die Messageries maritimes unterhalten viermal im Monate eine
regelmässige Verbindung Tamataves mit Marseille über Sansibar und
Réunion. Eine englische Linie verkehrt zwischen Mauritius, Tamatave,
Natal und Capstadt.
Aber an die Küste von Madagascar treiben die Wellen des
Weltverkehrs nur erst ihre äussersten Ausläufer, und die Zeit, in
welcher die Insel ihrer natürlichen Beschaffenheit und ihrer Bevöl-
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/672>, abgerufen am 25.11.2024.
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